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Jahre 1859 gelöst hatte, erbat er sich als seinen einzigen Lohn seine Pensionirung, die ihm ermöglichte, wie Eingangs bemerkt, nach Jena überzusiedeln. Das Gefühl vollständiger Freiheit hatte für den zielbewussten Denker durch viele Jahre hindurch etwas unendlich Behagliches. Sich dem Genusse einer geradezu erstaunlichen Lektüre des Besten, was der menschliche Geist auf dem Gebiete der Geistes- und Naturwissenschaften hervorgebracht, hingeben zu können, schien ihm nur wie ein Weg, um vielleicht schliesslich zu einem allseitigen Abschluss zu gelangen. Aber wer seinen kräftigen Geist beobachtete, machte zuweilen die Bemerkung, dass ihm etwas fehle, was einem Manne nur die praktische Bethätigung zu geben vermag. Da traf es sich, dass zu einer gewissen Zeit in Jena eine Störung in den Bibliotheksverhältnissen in Folge persönlicher Umstände eingetreten war, und da war es ein grosses Verdienst von Professor Delbrück, den Einsiedler der Bachgasse bestimmt zu haben, auch hier wieder in die Bresche einzutreten und das Amt des Bibliothekars zu übernehmen, welches er als ein Siebziger bis über das achtzigste Lebensjahr hinaus geführt hat.

Doch was möchten diese äusseren einfachen Lebensumrisse zu bedeuten haben, wenn nicht hinter denselben wissenschaftliche und schriftstellerische Leistungen der ernstesten Art gestanden hätten. Hartenseins Name pflegt in der Geschichte der Philosophie in einer Gruppe von Männern genannt zu werden, welche im freien Anschluss an einen grossen eigenartigen Denker, den Sturz eines alles beherrschenden Schulsystems mit herbeigeführt haben. Ob dies sein Verdienst erschöpft, möchte bezweifelt werden können. Seine Arbeiten sind meist orientirender, auf klärender und interpretirender Natur. In dieser Beziehung hat er nicht nur durch seine umfangreichen Werke über Methaphysik und Ethik zum Verständniss von Herbart unendlich viel beigetragen, sondern auch über Aristoteles, Spinoza, Leibnitz, Schleiermacher Gesichtspunkte entwickelt, deren Verkennung vielen Schaden gethan hat. Es ist überall die durchdringende Klarheit, die jedes schwierige Problem auf seine einfachsten Bestandtheile zurückzuführen weiss, was in den Schriften Hartensteins ernüchternd und zugleich hinreissend wirkt, genau dieselbe Eigenschaft, die auch den Umgang dieses schlichtgelehrten Mannes zu dem belehrendsten gemacht hat. In unserer Stadt wird es wenige Gelehrte geben, die nicht mit Freude sich zu erinnern wissen, was sie von ihm empfangen haben, wenn sie ein Gespräch mit ihm zu den ernsteren Problemen ihrer Wissenschaft geführt hat. Aber er hat sich niemals jemandem durch seine bessere Kenntniss oder durch sein klareres Urtheil unbequem gemacht. Er hatte gar keine Neigung irgend Jemanden im Besondern zu kritisiren. Er hatte daher auch kaum einen Feind im Leben. Das höchste Unrecht, was er zufügte, konnte schlimmsten Falls nur das sein, dass er sich durchaus von Niemandem bebekehren liess. Er blieb derselbe, der er war, so lange er athmete, und seine Gesinnungsgleichheit galt von seinem Verstande, gleichwie von seinem Herzen. Die Rosen, die er in seinem Garten mit Vorliebe gezogen, beschnitt er Jahr für Jahr eigenhändig mit unerschöpflicher Ausdauer und gleicher Liebe. Er freute sich der Bäume, die er vor 30 Jahren selbst gepflanzt, und die jetzt alle so üppig emporgewachsen waren. Er hatte kaum noch einen Wunsch im Leben, ausser dem, zu leben. Doch fand er noch in den letzten Jahren herzliche Freude an den Ehrungen, die ihm aus Anlass seiner Jubiläen von Universitäten und Regierungen zu Theil geworden sind, und nahm das Dargebotene mit wenig Worten aber vielem Dank im Herzen an. Erst ganz zuletzt ist dem wahrhaft guten Greise das Leben schwer geworden, da er die Arme nicht mehr regen konnte, wie sonst, und seinen Garten nicht mehr bestellen durfte, wie ehedem. Dies in sich ausgeglichene Leben fand seinen Abschluss in dem ruhigsten und sanftesten Tode. Am Sonnabend vermochte er noch nach einem langen Schlafe, der ihn freilich nicht erquickt hatte, mit Freunden und Verwandten heiter zu verkehren. Dann schlief er die Nacht und kam nicht mehr zum Bewusstsein. Sein treuer, langjähriger Arzt und Freund kam eben recht, um die letzten Athemzüge zu vernehmen.

Verlag von Otto Harrassowitz, Leipzig.

Druck von Ehrhardt Karras, Halle.

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Die Handschriften-Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek zu Berlin.

Die Handschriften-Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek herausgegeben von dem Königlichen Oberbibliothekar Geheimen Regierungsrath Dr. Pertz. 1. Band. Verzeichniss der Sanskrit-Handschriften von Herrn Dr. Weber. Mit 6 Schrifttaf. Berlin. Nicolai. 1853. XXIV, 481 S., 6 Taf. gr. 4o.

Die Handschriften -Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek zu Berlin. 2. Band. Verzeichniss der hebräischen Handschriften von Moritz Steinschneider. Mit 3 Tafeln. Berlin. Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt). 1878. VIII, 149 S., 8 Taf. gr. 4o.

3. Band. Verzeichniss der abessinischen Handschriften von A. Dillmann. Mit 3 Tafeln. ebd. 1878. VIII, 85 S., 3 Taf. gr. 4o. 4. Band. Verzeichniss der persischen Handschriften von Wilhelm Pertsch. Berlin. A. Asher & Co. 1888. XVI, 1279 S. (Dem 6. Bande lag bei: Noch einige Verbesserungen und Nachträge zum Kataloge der persischen Handschriften. S. 1281-83). gr. 4o. 5. Band. Verzeichniss der Sanskrit- und Prâkrit-Handschriften von A. Weber. 2. Band. (1. Abth.) Berlin. A. W. Schade's Buchdruckerei. 1886. VIII. 352 S. gr. 4o.

5. Band. (Titel wie eben). 2. Band, 2. Abth. Berlin. A. Asher & Co. 1888. IX-X, 353-827 S. gr. 4o.

6. Band Verzeichniss der türkischen Handschriften von Wilhelm Pertsch. ebd. 1889. XI, 583 S. gr. 4o.

7. Band. Verzeichniss der arabischen Handschriften von W. Ahlwardt. 1. Band. I. und II. Buch. Berlin. A. W. Schade's Buchdruckerei. 1887. XVIII, 413 S. gr. 4o.

8. Band. (Titel wie eben). 2. Band. III. und IV. Buch. Berlin. A. Asher & Co. 1889. VI, 686 S. gr. 4o.

10. Band. Verzeichniss der armenischen Handschriften von Dr. N. Karamianz. ebd. 1888. VIII, 88 S., 5 Taf. gr. 4o.

VII. 5.

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Königliche Bibliothek, Berlin. Kurzes Verzeichniss der Landberg'schen Sammlung arabischer Handschriften von W. Ahlwardt. Berlin 1885. A. W. Schade's Buchdruckerei. VIII, 107 S. gr. 8o. Kurzes Verzeichniss der Sachau'schen Sammlung syrischer Handschriften von E. Sachau. Nebst Uebersicht des alten Bestandes. ebd. 1885. XXVIII, 35 S. gr. 8°.

Kurzes Verzeichniss der Glaser'schen Sammlung arabischer Handschriften von W. Ahlwardt. Berlin 1887. Druck von Gebr. Unger. X, 47 S. gr. 8°.

I.

Die orientalischen Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin, welche in ihrer Hauptmasse eine Errungenschaft der letzten 50 Jahre sind, gehen in ihren ersten Anfängen auf den erhabenen Gründer der Königlichen Bibliothek, den grossen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zurück.

Als im Jahre 1661 der grosse Kurfürst den schon länger gehegten Plan, seine Privatbibliothek in eine öffentliche umzuwandeln, ausführte, mögen auch schon einige arabische und türkische Handschriften darunter gewesen sein, obwohl eine bestimmte Nachricht nicht vorliegt. Zu den ältesten Bestandtheilen gehören wohl einige den Türken als Kriegsbeute abgenommene Gebetbücher, mit darauf bezüglichen Inschriften, wie sie Pertsch gelegentlich mittheilt (z. B. Verz. d. türk. Hss., S. 136. 141). Auch liess der grosse Kurfürst Handschriften und Bücher im Auslande kaufen (s. Pertsch ebd. S. 162) und ermunterte die einheimischen Juden, hebräische Hss. für ihn zu sammeln (s. Verz. d. hebr. Hss. S. 2, Nr. 6). Der älteste Bestand an orientalischen Hss. ist verzeichnet in einem 1668 angelegten, aber nachweislich bis gegen 1700 weitergeführten handschriftlichen „Catalogus MSSrum Bibliothecae Electoralis Brandenb. Coloniensis" (s. Wilken, Gesch. d. K. Bibliothek, S 15 f.), welcher auf dem 183.-89. Blatte 18 hebräische, 1 syrische, 29 arabische, 21 persische, 10 türkische, 3 armenische, 12 koptische, 3 aethiopische, 2 malabarische (tamil), 1,,sinico-tatar.", im ganzen 100 orientalische Handschriften aufweist. Zu den ältesten Erwerbungen gehörten 14 persische und türkische Hss. aus dem Besitze des Adam Olearius (1671), des Herausgebers der moscowitischen und persianischen Reisebeschreibung und des persianischen Rosenthals (s. Pertsch, Verz. d. pers. Hss., Vorwort S. XIV), ferner 44 in den Jahren 1677 u. 1679 aus dem Nachlasse des Theodor Petraeus († 1673) gekaufte orientalische, namentlich koptische Hss. Die wichtigste Erwerbung in den älteren Zeiten war aber die Sammlung des Christian Raue († 1677), der auf seinen Reisen im Morgenlande an 400 arab., pers., türk. u. a. Hss. gesammelt hatte (ein Verzeichniss erschien unter dem Titel: Christiani Ravii spolium orientis. Kiloni 1669), von welchen ein grosser Theil 1691 (bez. 1707) an die Bibliothek in Berlin kam, während einige auch in Holland geblieben sind (s. z. B. P. A. Tiele, Catal. codd. mss. bibliothecae universitatis rheno - trajectinae, 1887,

p. 338 ff.). Zu dieser Zeit geschah der erste Versuch eines ausführlichen Kataloges der oriental. Hss. durch Seb. Gottfr. Starcke in seiner 1704 vollendeten ,,Manuscriptorum orientalium, imprimis arabicorum, quae exstant in Bibliotheca Regia Berolinensi, recensio" (s. Wilken, Gesch. S. 63), welche handschriftlich erhalten ist und die zum Theil weitläufige Beschreibung von 150 arab. und pers. Hss. enthält.

Während des ganzen 18. Jahrhunderts ist nichts wesentliches an orientalischen Hss. von der Königl. Bibliothek erworben worden. Obwohl die Bibliothek sich in diesem Jahrhundert tüchtiger Männer, wie des berühmten Lacroze, als Bibliothekare zu erfreuen hatte, waren die sonstigen Verhältnisse zu ungünstig. Zusammen mit dem Nachlasse des Pastors Frdr. Jac. Roloff kamen 1789 (nicht zur Zeit des grossen Churfürsten, wie es im Verz. d. hebr. Hss., S. 6 Nr. 17 heisst), auch einige orient. Hss. an die Königl. Bibliothek (s. Wilken, Gesch. S. 114). Hundert Jahre nach dem Starcke'schen Kataloge, im Jahre 1800, verfertigte C. S. Wolf († 1801) einen neuen handschriftlichen „Catalogus codicum orientalium" (s. Wilken, Gesch. S. 163), welcher 362 Nummern und 19 serius adjecta" enthält.

Das war der Bestand an oriental. Hss. in der Königl. Bibliothek zu Anfang des Jahrhunderts, kaum 400 Bände, die gegenwärtig auf 13 000 angewachsen sind. Zunächst verdoppelte das Vermächtniss des Geh. Legationsraths und Prälaten F. v. Diez im Jahre 1817 ihre Zahl. Ausser 17000 Bänden gedruckter Bücher befanden sich auch 836 Handschriften in seiner Sammlung, darunter über 400 orientalische, welche Diez während seines Aufenthaltes in Konstantinopel gesammelt hatte (s. Wilken, Gesch. S. 156-8). 1820 wurden 13 pers. Hss. von dem Generallieutenant H. v. Minutoli für 30 Friedrichsd'or angekauft, 1822 eine Sammlung pers., türk. u. griech. Hss. für 141 Thaler aus dem Nachlasse des preuss. Gesandten zu Konstantinopel Generals v. Knobelsdorf, welcher auch schon 1804 der Bibliothek 12 pers. Hss. geschenkt hatte (s. Wilken, Gesch. S. 147 u. 155). 1825 wurden von Prof. Bernstein 7 Sanskrithss., welche früher das Seramporer College in Bengalen besessen hatte, erworben. 1829 wurde in London durch Vermittelung der Buchhandlung Treuttel, Würtz u. Richter eine Sammlung von 205 arab., pers., Sanskrit- und Hindustani-Hss. für 400 Pfund St. gekauft, aus dem Besitze des Colonel Sir John Macgregor Murray, welcher sie gegen den Schluss des vorigen Jahrhunderts in Indien gesammelt hatte (s. Pertsch, Verz. d. pers. Hss., S. 594, 1038, 1044 u. s. w., u. Wilken, Historia bibl. regiae a. 1828-39, p. IV, in: Index librorum mss. et impr. quibus Bibliotheca regia Berol. aucta est annis 1837 et 1838). Ein geschriebenes Verzeichniss dieser Hss. besitzt die Königl. Bibliothek unter ihren alten Katalogen „Catalogue of a choice collection of Persian, Arabic, Sanskrit, Mughi, and Hindustani Manuscripts", und ein zweites Verzeichniss ist in Pertsch' pers. Katal. S. 173 Nr. 101 beschrieben. 1830 schenkte A. v. Humboldt der Bibliothek einige von seiner Reise durch Nordasien mitgebrachte armen., tibet. und chines. Hss. und Drucke (s. Nouv. Journ. asiat. t. 7, 1831, p. 373-97 und

Wilken, Hist. 1828–39, p. IX). 1833 kamen aus dem Besitz des Grafen Waclaw Rzewuski († 1831) 34 arab. und pers. Hss, für den Preis von 247 Thalern an die Bibliothek (s. ebd. p. V). Von diesen Hss. existirt ein gedrucktes Verzeichniss unter dem Titel Manuscrits orientaux, qui se trouvent à vendre chez Kuppitsch (Wien), 4 S. fol. 1834 schenkten die Missionäre Carl Gützlaff und Elias Röttgen 4 siamesische und 6 andere hinterindische Hss. (s. ebd. p. IX). In demselben Jahre wurde eine früher dem Sir Graves Ch. Haughton gehörige Hs. des Mahâbhârata mit Commentaren in 9 Foliobänden durch Vermittelung von Friedrich Rosen in London für 105 £ erworben (s. Weber, Verz. d. Sanskrit-Hss., Bd. 1, S. 104 ff.). 1835 kamen 236 durch den Prof. Carl Frdr. Neumann für die Königl. Bibliothek in China angekaufte chines. Werke, und in den Jahren 1838-44 durch den Missionär C. Gützlaff 79 chines. Werke hinzu. 1840 schenkte A. v. Humboldt 21 javanische Hss., 1841 der Feldmarschall (damals Major) v. Moltke 2 syr. und 2 arab. Hss., welche er aus Kurdistan mitgebracht hatte (sein Bericht darüber ist abgedruckt in dem Kurzen Verzeichniss der Sachau'schen Sammlung, S. XIII-XIX).

Alle bisherigen Erwerbungen überragte jedoch an Wichtigkeit der im Jahre 1842 erfolgte Ankauf der Chambers'schen Sammlung von Sanskrit-Handschriften. Diese aus 840 Nummern bestehende und namentlich durch ihren Reichthum an vedischen Schriften ausgezeichnete Sammlung war in den Jahren 1774-99 von Sir Robert Chambers, Oberrichter des höchsten indischen Gerichtshofes in Calcutta (chief justice of Bengal) mit einem Aufwande von angeblich 20 bis 25000 £ gesammelt worden. Nach Lord Chambers' Tode im Jahre 1803 machte seine Wittwe verschiedene Versuche, die Sammlung zu verkaufen, die aber wegen des hohen dafür geforderten Preises misslangen. 1828 war der Preis bereits auf 5000 £ heruntergegangen, und W. v. Humboldt bemühte sich damals, den Ankauf der Sammlung zu vermitteln. Aber erst unter Friedrich Wilhelm IV. wurden von dem Sohne der inzwischen ebenfalls verstorbenen Lady Chambers die Hss. für 1250 £ an die Königl. Bibliothek verkauft. So konnte die unterdessen in Noth gerathene Familie erst nach 50 Jahren für einen gegen den Ankaufspreis um das 20fache verringerten Verkaufspreis die Handschriften los werden, wenig ermuthigend für derartige uneigennützige Bestrebungen! Dies ist einer der wenigen Fälle, in welchen das Britische Museum eine werthvolle einheimische Sammlung sich hat entgehen lassen, während sonst so viele Kostbarkeiten aus Deutschland nach England gewandert sind. Berlin wurde durch die Chambers'sche Sammlung zum Mittelpunkt der Sanskritstudien in Deutschland.

Im Jahre 1852 war der Bestand an oriental. Hss. (abgesehen von den sanskritischen) noch immer so gering, dass der Oberbibliothekar Pertz (laut Vorrede zum 1. Bande der Handschriften-Verzeichnisse, S. XIV) die Absicht hatte, die Verzeichnisse der sämmtlichen übrigen oriental. Hss. in einem zweiten Bande zusammenzufassen, zu welchem Zwecke bereits W. Schott die türkischen, E. Rödiger die persi

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