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Chronik nachgewiesen werden müfste. Aus Anlafs des Enschedéschen Buches soll das Costerdenkmal in Haarlem bekränzt worden sein, ob mit Recht, mag nach dem Gesagten dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre erwünscht, dals ein deutscher Schriftgiefser die technischen Untersuchungen Enschedés vollständig nachprüfte. P. S.

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Neue Arbeiten zur Inkunabelkunde.1) Von den vorjährigen Neuerscheinungen ist hier noch des Gläserschen Buches: Bruchstücke zur Kenntnis der Lübecker Erstdrucke (vgl. Zbl. 1903. S. 401) zu gedenken. Der für die ruhmreiche Vergangenheit seiner Vaterstadt und insbesondere ihre Verdienste um die Ausbreitung der Buchdruckerkunst hochbegeisterte Verfasser veröffentlicht hier das Ergebnis der Studien, Eindrücke und Erfahrungen eines langen Lebens. Um so mehr ist es zu bedauern, dafs der durch körperliches Leiden er ist seit 15 Jahren erblindet — an selbständiger Forschung und Benutzung fremder Leistungen behinderte Verf. niemanden gefunden hat, der seine mit der für Blinde eingerichteten Schreibmaschine hergestellten Aufzeichnungen geordnet, in logischen Zusammenhang gebracht und von den vielen nicht zur Sache gehörenden, also die Lektüre störenden, Bemerkungen hätte säubern können. So ist bei der ganzen Arbeit herzlich wenig herausgekommen und dies wenige Wahre so zwischen Irrtum und Dichtung ich gedenke hier nur der offenbar frei nach Maddens Kloster Weidenbach konstruierten Druckerei in Segebergs Konvent vergraben, dafs es nur schwer herauszufinden ist. Für eine Sache aber bin ich dem Verf. dankbar, nämlich für die Ausführungen, die er dem Lübecker Hans Kolhoff widmet. Bekanntlich hatte schon Pauli in seinen Beiträgen zur Geschichte der ersten Buchdruckerei in Lübeck (Zeitschr. d. Ver. f. Lüb. Gesch. III. 1876. S. 254) den Kölner Joh. Koelhoff als Lübecker Drucker in Anspruch genommen, und Gläser ist ihm darin gefolgt. Nun veröffentlicht er auf S. 126 das am 30. Juli 1464 aufgestellte Testament des Lübecker Hans Kolhoff krank an deme lieue doch tome loue Godes wolmechtich myner synne". Dieser testiert darin zu Gunsten seiner Schwester, deren Kinder, seines Schwagers und seiner Haustrau Engele, zu Testamentsexekutoren werden ernannt Hans und Hinrik van Rypen, Tymmen Scroder und Cord Qwand, von Kindern ist nicht die Rede. Des Kölner Joh. Koelhoff Hausfrau hiefs Bilia, er hatte drei Kinder Margaretha, Johann (der Drucker der bekannten Kölner Chronik) und Peter. Seine Testamentsexekutoren waren Dr. Becker und Conrad von Frankfurt, der Ehemann seiner ebengenannten Tochter (vgl. Ennens Katalog S. IX). Nach Gläser druckte Koelhoff in Köln von 1474-1495, in Wirklichkeit von 1472-1492/93, am 6. April 1493 war er bereits tot. Er mufs also spätestens 1471 in Köln mit der Einrichtung seiner Presse begonnen haben und hat, wie aus meiner Tabelle (Buchdruck Kölns S. CV) ersichtlich ist, bis zum Jahre 1474 schon 10 Drucke im Gesamtumfange von über 1200 Blättern in folio gedruckt. Gläser beweist also durch seine Angaben gerade das Gegenteil von dem, was er beabsichtigt hatte.

Einen sehr interessanten Beitrag zur Druckergeschichte derselben Stadt veröffentlicht Isak Collijn (s. oben S. 201). Er behandelt drei neuaufgefundene Einblattkalender, deren Inhalt also eine genaue Datierung ermöglicht. Der erste, mit dem Namen des Barth. Ghotan versehen, auf das Jahr 1492, ist für die Kenntnis dieses Druckers deshalb merkwürdig, weil er neben Type 3, 5* und 8 (nach Proctors Zählung) eine bisher noch unbekannte kleine gotische Type enthält. Auch in literarischer Hinsicht ist das Blatt von Interesse, da die Rückseite zum Abdruck eines niederdeutschen Gedichtes Eyne gotlike gude lere allen minschen" benutzt ist. Der zweite hier veröffentlichte Kalender auf das Jahr 1493 ist ein Druck von Stephan Arndes mit den Typen seines niederdeutschen Hortus sanitatis. Er bietet

1) Vgl. auch oben S. 245 f.

insofern ein typographisches Kuriosum, als die zuerst leer gelassene Rückseite später für einen Korrekturabzug der 277 sten Seite der niedersächsischen Bibel von 1494 benutzt ist. Der dritte leider nur in Fragmenten erhaltene Kalender auf das Jahr 1496 ist in derselben Druckerei mit der Texttype der Bibel von 1494 (bei Proctor No 5) hergestellt. Dem vollständigen Abdruck des Textes der drei Kalender sind 3 Tafeln mit Druckproben und 2 Abbildungen im Text beigegeben.

Einen weiteren Beitrag zur Geschichte des ältesten Lübecker (und Rostocker) Buchdrucks verdanken wir G. Kohfeldt (s. unten S. 298). Er behandelt darin eine Anzahl Druckfragmente aus einer niedersächsischen Ausgabe der Revelationes der heiligen Brigitte, die bisher den Rostocker Michaelisbrüdern zugeschrieben wurde. Aus einigen neuen Funden in nachweislich Lübecker Einbänden der Rostocker U.-B. folgert er jetzt, dafs auch diese Ausgabe, wie die beiden späteren, in Lübeck und zwar i. J. 1480 oder kurz vorher gedruckt worden ist.

Neben Lübeck hat die Bearbeitung der Geschichte des ältesten Strafsburger Buchdrucks eine wesentliche Förderung dadurch erfahren, dafs es K. Dziatzko (s. oben S. 201) gelungen ist, das Dunkel zu heben, welches über der Person des Druckers mit dem bizarren R ausgebreitet war. Dieser früher als Kölner Drucker angesehen, dann mit dem Strafsburger Joh. Mentelin und gelegentlich vermutungsweise auch schon mit dessen Schwiegersohn Adolf Rusch identifiziert, hat sich jetzt mit ausreichender Gewifsheit als der zuletzt genannte Drucker erweisen lassen. In dem von ihm hinterlassenen Aufsatze veröffentlicht Dziatzko ein von Prof. Hasse im Lübecker Staatsarchiv aufgefundenes Schreiben des Lübecker Rates an den Rat von Strafsburg, worin im Namen des dortigen Dominikanerordens um Vermittelung der Rückgabe der Handschrift des Speculum doctrinale gebeten wird, welche seinerzeit an Hans Byfs zu Lübeck geliehen worden sei, die dieser aber entgegen seinem Versprechen an Adolf Rusch und Johann Mentelin in Strafsburg weitergegeben habe. Dies mit unserer sonstigen Typenkenntnis der beiden Drucker zusammengenommen, ergibt mit positiver Gewilsheit, dafs die reine Antiqua des Speculum doctrinale, die in Mentelinschen Drucken nicht vorkommt, Eigentum des A. Rusch sein mufs, und dafs dieser also als der Urheber der R-Drucke zu betrachten ist. Bekanntlich konnte der (einzige) Druck, der bisher von ihm bekannt war, die Biblia glossata Hain *3173, auch nur auf Grund einer urkundlichen Nachricht ihm zugewiesen werden.

Ein sehr sorgfältig gearbeitetes, alphabetisch nach den Verfassern oder sachlichen Stichworten geordnetes Verzeichnis der im Besitz des Schottenstiftes zu Wien befindlichen 466 Inkunabeln veröffentlicht Albert Hübl (s. oben S. 198). Da der Herr Verf. eine verhältnismäfsg reiche Auswahl der einschlägigen Literatur zu seiner Verfügung hatte, ist es ihm gelungen, ein durchaus auf der Höhe der Zeit stehendes Werk zu schaffen. Wie üblich hat er nur diejenigen (110) Drucke ausführlich beschrieben, für die eine genaue Beschreibung noch fehlte, und bei den übrigen sich darauf beschränkt, Abweichungen von Hain, die Art und Zahl der gebrauchten Typen, Kolumnen, Zeilen, Signaturen mit genauer Angabe des Umfangs der einzelnen Lagen, die Wasserzeichen des Papiers, etwa vorhandene Rubrizierung und die Art des Einbandes anzugeben. Von Einzelheiten möchte ich bemerken, dafs Nr 224 ein Druck von Bartholomaeus v. Unkel in Köln ist, von dem bisher nur noch ein Exemplar in der Berliner Kgl. Bibliothek bekannt ist (Buchdruck Kölns Nr 541). Nr 243 ist Proctor 1198 Schubert 865 Köln Nr 1254. Von den zahlreichen handschriftlichen Exlibris sind mehrere für die Entstehungszeit der Drucke von Wichtigkeit, wie z. B. bei Nr 183 (= Köln Nr 402) und Nr 353 (= Köln 833), die, wie diese Eintragungen beweisen, spätestens im Jahre 1473 bezw. 1483 vollendet gewesen sein müssen. Nicht nachahmenswert in einem deutsch geschriebenen Katalog erscheint mir die wörtliche Herübernahme der Proctorschen Bezeichnungen für die anonymen Drucker wie Printer of the 1453 Vitas patrum oder gar die Neubildung „Printer of Nider, praeceptorium 1473", welche auch aus sachlichen Gründen

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bedenklich ist. „Drucker der Vitas patrum 1483" usw. ist doch ebenso deutlich und tut, wenigstens nach meinem Empfinden, der pietätvollen Bewahrung der Proctorschen Namenprägungen keinen Abbruch.

Berlin.

E. Voulliém e. Bibliotheca Lindesiana. Collations and notes No. 7. Catalogue of a collection of fifteen hundred tracts by Martin Luther and his contemporaries 1511-1598. Privately printed 1903. XVII S., 280 Sp., 1 Bl. 4o.

Das Interesse für alles, was mit Luther und der Reformation zusammenhängt, hat Lord Crawford zur Ausgabe dieses Sonderkatalogs von nahezu 1500 Drucken des 16. Jahrhunderts aus seiner Bibliothek veranlafst. In dem Vorwort hebt sein Sohn, Lord Balcarres, die Wichtigkeit dieses Zeitraumes für die Druckkunst hervor, die hier zum ersten Male als Waffe im Kampfe der Geister benutzt sei, betont den Einflufs der deutschen Drucke auf die Entwickelung der deutschen Sprache und gibt dann eine ausgedehnte Uebersicht der Beziehungen zwischen der Literatur jener Zeit und den geschichtlichen Ereignissen und Persönlichkeiten, wobei er freilich Franz von Sickingen, Goetz von Berlichingen und Ulrich von Hutten, 'Luther's friends', Anarchisten und Freibeuter nennt. Der Hauptteil der Sammlung, 1388 Drucke, fällt in die erste Hälfte des Jahrhunderts (1511-1550). Fast alle Führer und Gegner der Reformation sind vertreten, am stärksten Luther mit mehr als 700 Drucken, also fast der Hälfte der Sammlung, neben ihm mit einer immerhin noch bedeutenden Anzahl von Drucken Melanchthon, Bugenhagen, Bucer, ferner Karlstadt, Rhegius, Eck, Cochläus, Flacius, Schwenckfeld, dann auch Erasmus, Hutten, Hans Sachs. Unter den übrigen fehlt wohl kaum ein bekannter Name jener Zeit; auch anonyme Flugschriften sind reichlich vertreten. Diese äusserst wertvolle Sammlung, hinter der manche öffentliche Sammlung zurückstehen mufs, ist von dem Bibliothekar J. P. Edmond mit der gröfsten Sorgfalt katalogisiert: genaue Titelangaben und eingehende Beschreibung nebst Verweisungen auf die bekannten Bibliographien. Wenn in vereinzelten Fällen Versehen stehen geblieben sind, so ist das bei solcher Arbeit niemals ganz zu vermeiden, z. B. in Nr 54 Z. 10 postea quam st. posteaquam, Nr 71 Z. 1 soll. Auss st. soll Auss, Nr 80 Z.5 gemessen st. geniessen, Nr 81 Z. 2 do- | ctorn st. do- ctoru, Nr 105 Z. 2 den | vnuerdienten st. den vnuerdienten, Nr 282 Z. 4 exposita st. exposita. Der Bearbeiter ist auch bestrebt gewesen, den Drucker oder doch den Druckort zu ermitteln, wo diese nicht genannt sind. Mit den Erfolgen in dieser Hinsicht bin ich allerdings häufiger nicht einverstanden: Nr 12, Luthers Thesen in der Buchausgabe von 1517, ist ganz sicher nicht von Grunenberg in Wittenberg gedruckt, Proctor nimmt Hieronymus Hölzel in Nürnberg als Drucker an, ich selbst vermag hier auch Proctor noch nicht zuzustimmen; Nr 44 ist nicht von Melchior Lotther in Leipzig, sondern von Valentin Schumann an dem gleichen Orte gedruckt, Nr 80 nicht von Jörg Nadler, sondern von Hans Froschauer in Augsburg, Nr 104 nicht von Melchior Lotther dem Jüngeren in Wittenberg, sondern von Valentin Schumann in Leipzig. Manche Bestimmungen läfst der Bearbeiter offen: Nr 1022 ist ein Druck von Jobst Gutknecht in Nürnberg, 1244 und 1245 sind sicher Nürnberger Drucke. Die Drucke sind nach den Jahren, innerhalb dieser alphabetisch geordnet; wir erhalten so im kleinen ein Bild des Anwachsens und Wiederabnehmens dieser Literatur in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ein Index der Autoren und anonymen Werke unter Hinzufügung des Erscheinungsvermerks, ein Index der Städte mit den Druckern, ein Index der Drucker allein sowie endlich ein kurzes Verzeichnis der mit Monogrammen versehenen bildlichen Beigaben mehren die Brauchbarkeit des vorzüglich gedruckten Buches. Dasselbe ist nur in 150 Exemplaren hergestellt; Lord Crawford hat die Güte gehabt, auch einer Anzahl deutscher Bibliotheken Exemplare zu überweisen, aufserdem sind einige durch O. Harrassowitz in Leipzig zum Preise von 25 M. zu beziehen. Johannes Luther.

Berlin.

Bibliographie der deutschen Universitäten. Systematisch geordnetes Verzeichnis der bis Ende 1899 gedruckten Bücher und Aufsätze über das deutsche Universitätswesen. Im Auftrage des Preufsischen Unterrichtsministeriums bearbeitet von Wilhelm Erman und Ewald Horn. Erster, allgemeiner Teil, unter Mitwirkung von E. Horn bearbeitet von W. Erman. Leipzig und Berlin: B. G. Teubner 1904. 8°. XX, 836 S. Von der mit Spannung erwarteten Bibliographie der deutschen Universitäten ist endlich der erste, allgemeine Teil, von Herrn W. Erman redigiert, erschienen. Es ist ein stattlicher Band von 17 363 Nummern aut $36 doppelspaltigen Seiten, das Resultat einer fast 16 jährigen Arbeit der beiden Herausgeber, und mit unbegrenzter Hochachtung vor dieser gewaltigen Arbeitsleistung durchblättert man den ersten Band, welcher in sich die Titel aller allgemeinen Schriften über die deutschen Universitäten vereinigt, während der zweite die Literatur für die einzelnen Universitäten enthalten wird.

Herr Erman bespricht in seinem Vorwort einige Erfahrungen, welche sich ihm und seinem Mitarbeiter im Verlauf der langjährigen Arbeit aufgedrängt haben und die weit über diesen Einzelfall hinausgehen, da sie sich zum gröfsten Teil jedem aufdrängen, der die Materialien zu einer umfassenden Bibliographie sammelt. Da ist in erster Linie die Schwierigkeit der Begrenzung des Gebietes: wie weit soll man mit Aufnahme von Schriften aus den Grenzgebieten gehen? Hat man nach reiflicher Ueberlegung sich bestimmte Gesichtspunkte gebildet, nach denen man sich dabei richten will, so mufs man in zahllosen konkreten Fällen viel Zeit und Mühe darauf verwenden, um durch Einblick in die vorliegende Schrift (und manchmal kann man sich die Schrift gar nicht zur Einsicht verschaffen) zu entscheiden, ob sie aufzunehmen ist oder nicht, und hat doch noch oft das unbefriedigende Gefühl, dafs die getroffene Entscheidung vielleicht eine irrige ist. Es tritt damit ein subjektives Moment in die Arbeit ein, das jeder ernst Arbeitende so viel wie möglich vermeiden möchte, dem man sich aber doch nicht entziehen kann. Solche Betrachtungen wird mancher Benutzer des vorliegenden Werkes z. B. bei den Abteilungen 6, 2: Selbstbiographien als Quellen der Universitätsgeschichte und 17: das Universitäts-Studium anstellen; dem einen werden diese Abteilungen zu wenig, dem andern zu viel enthalten. Ich meine aber, dafs die Begrenzung, die Herr Erman als für ihn bestimmend in seinem Vorwort angegeben hat, als durchaus mafsvoll anzusehen ist; der Bibliograph mufs sich auch hiiten, der Sammelwut zu verfallen und dadurch sein Material uferlos anschwellen zu lassen.

Von Zeitschriftenaufsätzen haben die beiden Herausgeber alles Einschlägige aufgenommen, obwohl Herrn Erman eine Sichtung derselben als das gröfsere Ideal erschienen wäre. Ich kann diese Gesamtaufnahme nur billigen, von meinem Standpunkt aus hauptsächlich ebenfalls aus dem oben angeführten Grunde, das subjektive Moment so viel wie möglich auszuscheiden, denn was bei der Sichtung heut mir unwesentlich erscheint, kann ein anderes Mal einem Benutzer gerade für seine Zwecke von wesentlicher Bedeutung sein. Herr Erman rückt dagegen als entscheidenden Beweggrund die beklagenswerte Zersplitterung des zu bearbeitenden Bücher- und Zeitschriftenmaterials bei unsern deutschen Bibliotheksverhältnissen" in den Vordergrund, welche eine kritische Sichtung nicht durchführbar machte. Er zeigt an einigen Beispielen, mit welchen Schwierigkeiten es in Deutschland verknüpft ist, sich das Material zu einer Bibliographie aus einigen dreifsig Bibliotheken zusammenzusuchen, und kommt zum Schlufs seines Vorwortes auf eine Nationalbibliothek und damit zusammenhängend auf die Pflichtexemplare zu sprechen. Das sind wahrhaft goldene Worte und Regierende wie Regierte können sie sich nicht tief genug einprägen, um sich von dem Nutzen einer Nationalbibliothek für alles wissenschaftliche Arbeiten zu überzeugen. Referent hat in den Jahren 1895 und 1597 behufs einer bibliographischen Arbeit eine gröfsere Reihe von Nationalbibliotheken des Auslandes (Stockholm, Kopenhagen, Brüssel, London, Paris, Florenz) benutzt

und ist durch die Kenntnis dieser Institute zu genau derselben Ansicht für Deutschland gekommen, die Herr Erman in seiner Vorrede in Worte fafst. In allen jenen Instituten ist die annähernde Vollständigkeit der nationalen Literatur aber nur durch das Bestehen des Pflichtexemplarrechtes erreicht, das in jenen Ländern als etwas Selbstverständliches angesehen wird.

Ich mufs es mir versagen, auf weitere Punkte der sehr lesenswerten Vorrede einzugehen und wende mich nun zu der Bibliographie selbst. Es ist ein lebhaftes Bild, das in den 24 Abteilungen mit 224 Unterabteilungen von dem Leben unserer deutschen Universitäten da an uns vorüberzieht, im allgemeinen natürlich das innere Leben der Universitäten behandelnd, in einigen Abschnitten aber auch auf das politische Gebiet überspielend, z. B. 20, 5: die studentischen Bismarckhuldigungen und 21,5: die burschenschaftlichen Bewegungen von 1817 ff.

Die

Innerhalb der einzelnen Abteilungen sind, so weit ich sehe, die Werke streng chronologisch eingereiht. Ueber diese Anordnung läfst sich streiten; ich würde die alphabetische nach den Verfassern vorgezogen haben. Diese Anordnung erleichtert das Auffinden einer Schrift in einem Werke, das im wesentlichen dem Nachschlagen dienen soll, ganz ungemein und eine Bibliographie ist und bleibt im grofsen und ganzen ein Nachschlagewerk. Abteilung 6, 2: Selbstbiographien enthält z. B. 776 Nummern, geordnet nach dem Geburtsjahr der Verfasser; wer ohne Kenntnis dieses, ja wie es doch vorkommen kann ohne nähere Kenntnis des Dezenniums, um nicht zu sagen des Jahrhunderts, hier eine Schrift sucht, mufs die ganze Abteilung oder wenigstens gröfsere Abschnitte davon durchsehen; bei alphabetischer Anordnung dagegen wäre die Biographie in kürzester Zeit zu finden.

Zu bedauern ist das Fehlen aller kritischen Besprechungen der in der Bibliographie zitierten Werke. Die Herren Verfasser haben beim Beginn der Arbeit deren Aufnahme nicht für notwendig gehalten, sind jedoch im Laufe der Arbeit anderer Ansicht geworden; da war es aber leider zu spät, das anfänglich Versäumte nachzuholen. Sehr erfreulich ist es dagegen, dafs bei jedem Werke wenigstens eine Bibliothek, auf der das zitierte Buch zu finden, angegeben ist, oder wenigstens die Quelle des Zitates, wenn die Verfasser das Buch in keiner Bibliothek haben auffinden können. Dafs dabei allerdings kleine Merkwürdigkeiten unterlaufen, soll nicht verschwiegen werden; ich habe mir z. B. zwei Nummern (9963, 11643) notiert, bei denen einmal die U.-B. Königsberg, das andere Mal die Stadt- B. Zürich angegeben ist, während sich beide Werke auf der K. B. Berlin finden.

Wie weit die Vollständigkeit erreicht ist, liefse sich erst durch längeren Gebrauch und durch eingehende Durcharbeitung einzelner Abteilungen entscheiden. Die zwei Abteilungen 4, 10 und 18, 17, welche ich in dieser Weise bearbeitet habe, geben zu wesentlichen Bemerkungen keine Veranlassung, aber kein Verständiger würde dem Verfasser aus einigen fehlenden Werken einen Vorwurf machen können und wollen; es ist eben unmöglich bei einer so umfassenden Bibliographie, für die kaum Vorarbeiten existieren, von dem überall zerstreuten Material nichts zu übersehen.

Der Druck ist, soweit ich gesehen habe, aufserordentlich genau; das Korrekturlesen war sicherlich keine Kleinigkeit für den Herrn Verfasser. Die Uebersichtlichkeit der einzelnen Titel hätte, glaube ich, gewonnen, wenn die erste Zeile mit Einschlufs der laufenden Nummer eingerückt, die folgenden vorspringend wären, während jetzt durch das Vorrücken der Nummer das umgekehrte Verhältnis stattfindet.

Aber all diese Bemerkungen treten zurück gegen die Riesenarbeit, die hier bewältigt ist und alle, die in irgend welchen Beziehungen zu den deutschen Universitäten stehen, sowie alle Bibliotheken schulden Herrn Erman den lebhaftesten Dank für die ausgezeichnete Arbeit. Ich schliefse mit dem Wunsche, dafs der von Herrn Horn bearbeitete zweite Teil nun auch recht bald im Druck erscheinen und sich dem ersten Teile würdig anreihen möge.

Berlin.

G. Valentin.

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