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itself an obligation to interfere. Without adopting that principle as a rigid doctrine, I think there is great force in that observation.<< Der Minister sagte leider nicht, wann Lord Palmerston eine so merkwürdige Behauptung gemacht; jedenfalls würde das Gegentheil derselben eher richtig sein; denn bei der Garantie als Bürgschaftsvertrag liegt der ganze Nachdruck auf der in eventum übernommenen Pflicht. Allerdings bestehen dabei gewisse allgemeine Vorbehalte wie für die Ausführung von Verträgen überhaupt, vor allem daß der Garant in der Lage ist, zu helfen. Selbst wenn die Garantie unbedingt geleistet und ihre Verlegung zum Kriegsfall erklärt ist, so kann diese Formel doch nicht weiter reichen als die Kräfte selbst und der Garantirte kann im Falle des Unvermögens des Garanten keinen Schadensersatz fordern. Wer hätte z. B. Schweden zumuthen können, 1772 bei der ersten Theis lung Bolens gegen Desterreich, Preußen und Rußland seine im Art. 35 § 1 des Vertrages von Oliva von 1660 Polen für dessen Besigstand gegebene Garantie aufrechtzuhalten? Wenn ferner die Armee des Garanten geschlagen, sein Land vom Feinde beseßt, seine Hilfsquellen erschöpft sind, so gilt das ultra posse nemo obligatur. Als Rußland 1870 erklärte, es halte sich nicht mehr an die Neutralisirung des Schwarzen Meeres gebunden und somit den Pariser Frieden von 1856 brach, hat Niemand es Frankreich vorgeworfen, daß es nicht gegen Rußland einschritt, obwohl es sich durch den Vertrag vom 15. April 1856 verbunden, jeden Bruch des Vertrages vom 30. März als Kriegsfall zu betrachten; wohl aber traf England der Vorwurf, daß es sich diesen Bruch gefallen ließ, ohne mit der übernommenen Garantie Ernst zu machen.

Aber auch von der Möglichkeit der Erfüllung abgesehen, hat durch die Garantie der Garant sich nicht bedingungslos in die Hand des Garantirten gegeben; als unabhängiger Staat behält er sich vor, zu beurtheilen, ob der Fall der Garantie eingetreten ist, worüber ganz abgesehen von ausdrücklich bedingt gegebenen Garantien, oft die Ansichten sehr abweichen. So ist vielfach geftritten über die Tragweite einer Garantie contra quoscunque, allgemein angenommen aber, daß dieselbe nicht gegen innere Aufstände geht, sofern dies nicht ausdrücklich gesagt ist, wie z. B. im Art. I des Vertrages vom 30. Januar 1713, durch den Holland die protestantische Erbfolge in England garantirte: »Si autem contigerit ut potestas aliqua extranea vel status seu persona, Personaeve quaecunque, sub specie qualibetcunque, directe vel indirecte, bello aperto, vel conspiratione, proditione seu perfidio sese opponere velint juri successionis Ordines Generales promittunt obstituros personae cuilibetcunque, quae possessioni Coronae ante dictae eiusque conservationi impedimentum aliquod afferre voluerit.« (Schmauss, Corp. Jur. Gent., p. 1289.) So hatte am 26. Juli 1720 England Dänemark den Besit des Herzogthums Schleswig,,wider alle und jede" garantirt. (Schmauss, Corp. Jur. Gent., p. 1847.), fand sich jedoch bei der Erhebung den Herzog= thümer 1848 nicht bewogen, einzuschreiten. Ebenso hatte es in einer Reihe

von Verträgen seit 1661 Portugal seinen Besitzstand garantirt, aber weigerte sich zu interveniren, als die miguelistischen Wirren die Krone Donna Maria's bedrohten. Erst als Spanien die Insurgenten offen begünstigte, indem es gestattete, daß die flüchtigen miguelistischen Soldaten auf seinem Gebiete sich neu ausrüsteten und diesen sogar Waffen lieferte, intervenirte England. Indem Canning dies rechtfertigte, weil durch den Vertrag vom 22. Januar 1815 zwischen England und Portugal alle früheren Bündniß-, Freundschafts- und Garantieverträge erneut und »acknowledged to be of full force and effect seien, bemerkte er, diese Garantie sei von der Regierung nie so aufgefaßt worden, als ob sie England zu einer Intervention in inneren Fragen verpflichte oder berechtige, sie habe vielmehr den Wunsch Portugals abgelehnt, dessen neue Verfassung zu garantiren. »It has never been the wish or the pretension of the British government to interfere in the internal concerns of the Portuguese nation. Questions of that kind the Portuguese nation must settle among themselves« (Dec. 12. 1826. Hansard, N. S. XVI, p. 360). Ebenso waren die drei Mächte, welche durch Vertrag vom 7. Mai 1832 die Unabhängigkeit Griechenlands als état monarchique sous la souveraineté du Prince Othon de Bavière« garantirt hatten, der Ansicht, daß diese Garantie nicht gegen den Aufstand der Unterthanen König Otto's gehe, durch welchen derselbe im November 1862 entthront ward, sondern daß durch dieselbe nur die monarchische Verfassung und die Unabhängigfeit des Griechischen Thrones gesichert werden sollte, sie ersetzten daher die be treffende Bestimmung durch den Art. III des Vertrages vom 13. Juli 1863: >> La Grèce sous la souveraineté du Pce Guillaume de Danemark et la garantie des trois cours, formera un état monarchique, indépendant, constitutionnel. Endlich erklärte Lord Derby am 15. Juni 1876 (Hansard, vol. 229, p. 1891), die Garantie für die Integrität und Unabhängigkeit der Pforte gehe nur gegen auswärtige Angriffe, nicht gegen Auflehnung eines Vasallenstaates, wie Serbien damals war.

Oft faßt der Garant seine Verbindlichkeit enger auf als der Garantirte, möglicher Weise aber auch weiter; er kann im letzteren Falle seine Ansicht über die Tragweite der übernommenen Verpflichtung dem Garantirten nicht aufdrängen, ebensowenig aber auch letterer dem Garanten im ersteren Falle. Stimmt der Garant mit dem Garantirten über den casus foederis nicht überein, so muß er sich darauf beschränken, seine Hilfe zu versagen und darf nicht seine Auslegung der Garantie eigenmächtig durchsetzen. Ist die Garantie zwei Parteien geleistet 3. B. für einen zwischen denselben geschlossenen Vertrag, so kommt es zunächst darauf an, ob der Garant nur von einem Theile angerufen wird, der Garantie Nachdruck zu geben; er kann dann interveniren, wenn er dessen Ansicht theilt, thut er dies nicht, so muß er passiv bleiben. Wird er von beiden Theilen angerufen und widerspricht sich die Auffassung derselben über die Tragweite der Garantie, so kann er für diejenige eintreten, die seiner Ansicht entspricht, darf aber nicht beiden eine dritte Auslegung als die seinige aufzwingen, denn die Garantie giebt kein Schiedsrichteramt. Ebenso ist bei

einer mehrseitigen Garantie nicht jeder Theilnehmer verpflichtet den anderen zu zwingen, die Garantie auszuführen.

Viel hängt auch vom Verhalten des Garantirten ab; sezt derselbe sich in Widerspruch mit den Verbindlichkeiten, unter denen er die Garantie erhalten hat, so wird diese hinfällig. Als z. B. die Luxemburgische Regierung nach der Uebergabe von Meß nicht nur einen massenhaften Durchzug Französischer Soldaten durch das Großherzogthum behufs Wiedereintritt in Frankreich duldete, sondern auch den Französischen Vice-Consul gewähren ließ, der auf dem Bahnhof ein förmliches Bureau eingerichtet hatte, in welchem die Flüchtigen mit Mitteln zur Weiterreise versehen wurden, war Graf Bismarck vollkom= men berechtigt, durch sein Circular vom 3. December 1870 den übrigen Unterzeichnern des Vertrages vom Mai 1867 anzuzeigen, daß durch diese flagrante Verlegung der Neutralität die Voraussetzungen jenes Vertrages hinfällig geworden und die Königl. Regierung sich in ihren militärischen Maßnahmen nicht mehr an die Rücksichten auf die Neutralität des Großherzogthums gebunden erachte. (Staatsarchiv, Bd. 20, Nr. 4217.) Anders steht es mit dem Argument, das Lord Derby in der Adreßdebatte vom 8. Februar 1877 gegen die Verpflichtung Englands geltend machte, die Garantie der Integrität der Pforte durchzuführen. »If a power which you are bound by treaty to protect, declines your advice and acts in a different sense you cannot be pledged to support that power for an indefinite time against the possible. consequences of its own action.« Der Minister meinte damit nach dem Zufammenhang die Vernachlässigung der versprochenen Reformen, aber der Art. 9 des Vertrages vom 30. März 1856 macht diese Reformen nicht zur Bedingung der in Art. 7 garantirten Integrität, sondern constatirt ausdrücklich, der betreffende Firman des Sultans sei «spontanément émané de sa volonté souveraine, die Mächte »constatent la haute valeur de cette communication«<, aber anerkennen, dieselbe gebe ihnen in keinem Falle das Recht sich collectiv oder einzeln in die inneren Angelegenheiten der Pforte einzumischen. Das Argument war also hinfällig.

Ist die Garantie wie gewöhnlich nur accessorisch, so kann der Garant erst auf Ansuchen des Garantirten einschreiten, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesagt ist, wie dies z. B. im Westphälischen Frieden (a passo moniti, Instr. Pacis Osnabr. XVII, § 6) und in dem Vertrage vom 30. Januar 1713 zwischen England und Holland geschah »requisitione facta a parte Dom. Ordin. General. et non aliter.« Die Berechtigung zum unaufgeforderten Einschreiten muß umgekehrt ausdrücklich stipulirt sein. Der Garantirte kann in der Lage und Willens sein, sein Recht mit eigenen Mitteln zu vertheidigen, und ein unaufgefordertes Einschreiten des Garanten würde dann ein Eingriff in die Selbständigkeit eines anderen Staates sein; der Garantirte kann auch überhaupt auf die Garantie verzichten wollen und der Garant kann dies nicht hindern. Wenn zwei Parteien einen Vertrag, den ein dritter Staat garantirt hat, ändern oder sogar aufheben wollen, wenn die eine zu Gunsten der

andern die übernommenen Verbindlichkeiten verringern will, so kann der Garant sich dem nicht widerseßen, sofern er nicht Mitcontrahent des Vertrages der beiden ist. Durch die Garantie allein ist er nur verbunden, die Partei zu unterstüßen, welche sich über Verletzung des garantirten Rechtes beklagen kann; er erwirbt damit für sich kein selbständiges Recht. Aber selbstverständlich fällt mit jeder Aenderung des Vertrages ohne Zustimmung des Garanten die ganze Garantie; denn der veränderte Vertrag ist nicht mehr das Object, für das diese gegeben ward.

Anders steht es mit einem Garantie beschluß, wo die Garantie nicht blos oder nicht hauptsächlich für den Garantirten, sondern auch aus Gründen und Interessen der Garanten von diesen selbständig verabredet wird. Hier sind die Garanten berechtigt, je nach Umständen auch ohne Aufforderung des Garantirten, obwohl die Garantie nur mit Zustimmung desselben gegeben wurde, selbständig einzuschreiten, wenn ihr eigenes Interesse von dem garantirten Rechtsverhältniß verlegt oder bedroht erscheint. Die Augustverträge von 1870 zur Aufrechthaltung der Belgischen Neutralität wurden von England mit Preußen und Frankreich selbständig ohne Anrufung Belgiens geschlossen. Ebenso ist hier der Verzicht oder die Abänderung der Garantie ohne die Zustimmung sämmtlicher Garanten ausgeschlossen.

Was die Mittel betrifft, mit denen die Garantie aufrecht zu halten ist, so kann ein nur beschränktes Maß der Hilfe verabredet werden wie z. B. in dem Vertrage vom 30. Januar 1713 die Zahl der zu stellenden Truppen und Schiffe bestimmt ward; ist das nicht geschehen, so ist der Garant verpflichtet, nöthigenfalls mit seiner Gesammtmacht zu Gunsten des gewährleisteten Rechtes einzutreten. Der Westphälische Friede schreibt vor, es solle zuerst der verlegende Theil abgemahnt und aufgefordert werden, die Streitfrage einer »amicabilis compositio vel iuris disceptatio« zu unterstellen. Werde der Streit aber nicht binnen zwei Jahren auf diese Weise beendet »teneantur omnes et singuli huius transactionis consortes, junctis cum parte laesa consiliis viribusque arma sumere ad repellendam injuriam« (Instr. Pacis Osnabrug. XVII, § 5. 6). Im Vertrage von Oliva 1660 wurde im Art. 35 für den Fall bewaffneter Verlegung festgesetzt: >>Parti laesae communibus armis assistere et bellum tamdiu contra aggressores prosequi, donec communi partium consensu restituta fuerit«, für eine »injuria citra vim armorum «< ward eine commissio paciscentium verabredet. Der Beistand wird oft ausdrücklich versprochen, wie z. B. bei der Garantie Englands für Schlesien und Glaz von 1746: »Promettons d'employer efficacement tout ce qui est en notre pouvoir.« Aber auch wenn dies nicht geschehen, bleibt der Garant verpflichtet alle seine Mittel für die Aufrechterhaltung der Garantie einzusehen. Die ultima ratio jeder Garantie ist also der Krieg, auch wenn die Verlegung des garantirten Rechtsverhältnisses nicht ausdrücklich zum Kriegsfall erklärt ist, wie in der Tripelallianz vom 15. April 1856: »Toute infraction aux stipulations dudit traité sera considérée comme un casus belli. Insofern ents

hält jede Garantie eine eventuelle Allianz sowohl mit dem Garantirten als bei mehreren Garanten dieser untereinander. Indem man sich verpflichtet, ein gewisses Rechtsverhältniß aufrecht zu halten, erklärt man implicite sich dafür, mit dem andern Contrahenten sich verbinden zu wollen, sei es, daß dieser wie bei der gewöhnlichen Garantie der Garantirte ist, sei es der Garanten untereinander und mit dem Garantirten, sei es endlich nur der Garanten untereinander wie bei dem Garantiebeschluß, wie dies sich in den Verträgen Englands mit Preußen und Frankreich vom August 1870 für Aufrechthaltung der Neutralität Belgiens bewährt hat. Nur für den Fall, daß der Garant berechtigt und Willens ist, das garantirte Verhältniß durch einseitige Action aufrecht zu halten, ist von keiner Allianz zu sprechen; indeß wird ein solcher Fall sehr selten sein. Selbst in dem Tripelvertrage vom 15. April 1856, wo jeder der Contrahenten kraft seiner Separatgarantie einzeln handeln konnte und die Pforte nicht Mitcontrahent war, heißt es im Art. 2: »Elles s'entendront avec la Sublime Porte pour les mesures qui seront devenues nécessaires et régleront entre elles, sans délai l'emploi à faire de leurs forces militaires et navales.<<

§ 31.

Bedeutung der Garantie im heutigen Völkerrecht.

Friedrich der Große, der selbst manchen Garantievertrag geschlossen, meinte in der Geschichte seiner Zeit (I, ch. IX): »Toutes les garanties sont comme de l'ouvrage de filigrane, plus propres à satisfaire les yeux qu'à être de quelque utilité. Es mochte das von den zahlreichen Garantien des 18. Jahrhunderts, in denen sich stets alle Parteien ihre Rechte garantirten, gelten, denn wenn von drei Contrahenten zwei in Krieg geriethen, wurde die Garantie des dritten hinfällig und je zahlreicher diese Garantien waren und je allgemeiner fie lauteten, desto leichter kamen sie in Conflict und wurden so unwirksam. So sagte der Art. 28 des Aachener Vertrages vom 18. October 1748 Toutes les puissances contractantes et intéressés au présent traité en garantissent réciproquement et respectivement l'exécution«< und doch ging der siebenjährige Krieg aus den Verhandlungen selbst hervor, die zum Aachener Vertrage geführt hatten. Richtiger für unsere Zeit hat wohl Gent die Bedeutung der Garantie gezeichnet: »Je sais bien que des garanties sur le papier sont de faibles moyens de défense, cependant on aurait tort de les regarder comme nulles et de les négliger, car elles fournissent au moins à ceux qui veulent faire leur devoir et remplir leurs engagements un moyen légal d'agir lorsque les circonstances les y appellent.« (Dép. aux hospodars, I, p. 107). Deshalb bemühte sich Metternich 1815 auch so lebhaft, aber vergeblich, eine Garantie für den Besißstand der Pforte zu erlangen und umgekehrt widersetzte sich Rußland mit allen Kräften, als 1826 Villèle diese Idee aufnahm. V. E. aurait grand soin de n'admettre nulle garantie

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