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1) Ein hervorragender englischer Staatsmann und Rechtsgelehrter Sir G. Cornewall Lewis hat in der allerdings etwas eigenthümlichen englischen Terminologie dieses Verhältniß treffend dahin zusammengefaßt: „The essence of political sovereignty is, that it is legally omnipotent within its own territory, but that it is legally powerless within the territory of another State." On foreign jurisdiction, London 1859, p. 3.

v. Feuerbach, Themis 1812, S. 78.

3) So spricht von dieser internationalen Rechtshilfe, allerdings mit besonderer Rücksicht auf strafrechtliche Fragen, c. 2 Clem. de sent. et re judic. 2, 11: „Nos quoque regis (sc. Roberti Siculi) ordinarius judex, quod ad imperatoris judicium citaremus vel citari aut remitti faceremus eundem, nequaquam fuimus requisiti." Vgl. Wezell, System d. ordentl. Civilprocesses, 3. Aufl. (1878), S. 469 (§ 38, Anm. 31) und die dort angeführte ältere Literatur.

*) Wezell a. a. D. S. 470.

5) Eben deshalb kann aber zu einem derartigen Vertrage nicht ein freies Accessionsrecht dritter Staaten bestehen und ebenso wenig darf derselbe die Meist. begünstigungsclausel enthalten. Es ist ein schwerer Fehler des Italienisch-Peru. anischen Vertrages, daß derselbe (Art. 20) bestimmt: „Se una delle P. C. accordasse nell' avvenire ad un altro Stato qualche particolare favore o concessione in materia di commercio, navigazione o di qualunque altro oggetto contemplato nella presente convenzione (also auch in Betreff der Stattgebung von Ersuchschreiben und insbesondere der Vollstreckung von Urtheilen), questo s' intenderà ipso facto e di pieno diritto concesso all' altra parte." Nichts ist unpassender, als daß eine Erleichterung der Rechtshilfe, welche Italien dem benachbarten Frankreich oder Desterreich einräumt, ipso facto auch für einen transatlantischen Staat gelten solle.

6) Vgl. insbesondere Asser, Revue dr. intern. I., p. 408 und in den Verhandlungen des Pariser Congresses des Institut dr. intern. (Annuaire 1879-80 I., p. 89 ff.), ebenso Renault (ebendort, p. 91 f.). A. M. Clunet (ebendort, p. 89 ff.). Vgl. endlich auch den über Antrag Rolin-Jaequemyns gefaßten Beschluß des Institut a. a. D., p. 93. Und schon 1812 hatte Feuerbach (Themis S. 309) es ausgesprochen, daß „zwei sich mit einander vertragende Staaten weit mehr sich gegenseitig zugestehen (können), als ein Staat durch ein blos von ihm ausgegangenes Gesez, wenngleich mit dem Vorbehalte gleicher Gegengewährung, einseitig versprechen darf".

7) Mit vollem Recht weist France a. a. Q., S. 29 f. auf die Gefahren hin, welche daraus entstehen können, daß § 660 f. d. R.-C. P.-O. auch für die Deutschen Consulargerichte gelten und erinnert daran, daß dieselben bei Prüfung der Frage, ob der Spruch, um dessen Vollstreckung sie angegangen werden, der Spruch eines Gerichtes im Sinne der Europäischen Culturvölker sei, „eher zu strenge als zu milde" vorgehen sollten.

*) Silvela, Discurso pronunciado en la sesion inaugural de la Academia Matritense de Jurisprudencia 1879 und David im Bulletin de la Soc. de leg. comp. 1881, p. 557 ff.

*) Circularnote des holländischen Ministers des Aeußern Baron Gericke van Hercoynen vom März 1874. Vgl. über dieselbe Journal dr. intern. pr. I., p. 159 ff. und die Verhandlungen im Holländischen Parlamente vom 5. Dezember 1878. Vgl. über diese Journal droit internat. privé VI (1879), p. 369 und Bulletins de la Soc. de leg. comp. VIII. (1878-79), p. 155 f. (Godefroi).

Handbuch des Völkerrechts III.

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10) Namentlich hat Mancini sich unermüdlich für das Zustandekommen solcher internationaler Conferenzen und für die Vereinbarung von Verträgen über die Materien des internationalen Privatrechtes verwendet. Seine Thätigkeit in dieser Richtung reicht bis auf eine von ihm beantragte und durchgeseßte Tagesordnung der Italienischen Deputirten-Kammer vom 30. März 1863 zurück, welche am 24. November 1873 wiederholt wurde. (Vgl. Mancini, La vita dei popoli nell' Umanità 1870 und in der Revue dr. intern. 1875, p. 340 ff.). Er hat dieselbe als Minister des Auswärtigen des Königreichs Italien in ruhmvoller Weise fortgesezt und die übrigen Mächte wiederholt zur Theilnahme an einer internationalen Conferenz durch seine Circulare vom 16. September 1881 und vom 19. September 1882 eingeladen, sich aber, insbesondere wohl durch die Zurückhaltung des Deutschen Reiches, Belgiens und der Vereinigten Staaten von Nordamerika veranlaßt gesehen, den Zusammentritt dieser Conferenz, zu der einzelne Staaten bereits ihre Delegirten ernaunt hatten, auf unbestimmte Zeit zu vertagen (Circularnote vom 28. Juni 1885). Vgl. Man. cini's Rede in der Sigung des Italienischen Senates vom 22. Mai 1884. (Sessione 1882-1884, p. 2172 ff. und auch Fusinato p. 1 ff. und p. 11 ff.) Eine sehr eingehende Darlegung der Italienischen Bestrebungen nach einer Codification der Normen über internationale Rechtshilfe und der damit connexen Fragen des internationalen Privatrechtes gibt das dem Italienischen Parlamente am 28. Juni 1885 vorgelegte Grünbuch. Einen Auszug aus den wichtigsten Documenten desselben bringen die Archives diplomatiques II. Ser. T. XIII. p. 87 ff. Die angeführten italienischen Noten sind auch mitgetheilt in Journal dr. intern. pr. XIII (1886) p. 36 ff. Vgl. auch Carmichael, Law magazine and review No. 258.

11) Vgl. insbesondere die Verhandlungen des Institut de droit international auf den Congressen zu Genf, im Haag, zu Zürich und zu Paris (Annuaire 1877, p. 125, 1878, p. 150, 1879-1880 I. p. 86 ff.), die Berathungen der Association internat. pour le progrès des sciences sociales zu Gent 1863, der Association for the Reform and Codification of the law of nations ins besondere auf den Congressen zu Antwerpen von 1877 und zu Mailand von 1883 und des Congresses der südamerikanischen Juristen zu Lima 1878. Vgl. auch Fusinato a. a. D., p. 3 ff.

12) Selbst jenseits des Oceans ist das Bedürfniß nach internationaler Einigung in dieser Beziehung schon rege geworden. Die Regierung von Peru hat in einer Circularnote vom 11. December 1875 die Regierungen der übrigen selbständigen Staaten der beiden Amerikanischen Continente ausgefordert, Delegirte zu einem Congresse zu entsenden „pour discuter et mettre en harmonie les légis lations des divers Etats Américains, en empruntant à chacune d'elles ce qu'elles sembleraient présenter de plus parfait, et pour amener notammement un accord bien complet sur les points suivants." (Folgt eine längere Aufzählung der wichtigsten Fragen des internationalen Privat- und Proceßrechtes. § 88.

Uebersicht der in Kraft stehenden Rechtshilfeverträge.

Aber selbst solcher Verträge sind bisher nur ganz wenige zum Abschlusse gelangt und auch von diesen wenigen umfaßt keiner das ganze eben bezeichnete Gebiet. Die meisten derselben beschränken sich vielmehr blos darauf, die Vollstreckbarkeit der Urtheile des einen Staates im Gebiete des anderen anzuerkennen. Die wichtigsten derselben sind folgende:

1. Der Traité des limites et de juridiction zwischen Frankreich und Sardinien, am 24. März 1760 abgeschlossen (bei Wend III. p. 218, u. A. wieder abgedruckt bei Durand, p. 653), dessen Art. 22 hierher gehört. Ein Jahrhundert später wurde, am 1. September 1860, zur richtigen Interpretation desselben zu Turin eine Declaration von dem Grafen Cavour und dem Französischen Gesandten de Talleyrand unterzeichnet, deren rechtliche Verbindlichkeit jedoch in Italien überaus bestritten ist.1)

2. Die Convention sur l'exécution des jugements, welche zwischen Frankreich und dem Großherzogthum Baden am 16. April 1846 abgeschlossen und durch Art. 18 des Zusatzvertrages zum Frankfurter Frieden vom 11. December 1871 auch auf Elsaß Lothringen erstreckt wurde.2)

Seitdem für das ganze Deutsche Reich eine einheitliche C.-P.-O. in Wirksamkeit getreten ist, wird von den meisten Deutschen Schriftstellern die Ansicht vertreten, daß, damit Vollstreckung eines Französischen Urtheiles in Baden beziehungsweise in Elsaß-Lothringen erfolgen könne, gleichzeitig allen Vorschriften der §§ 660 und 661 C.-P.-D. genügt sein müsse, daß daher insbesondere die Vollstreckung jezt nicht mehr im Wege eines Gesuches beantragt und im Wege eines einfachen Bescheides erlangt werden könne, sondern daß hierzu Klage und Urtheil erfordert würden.) 3. Das Uebereinkommen der k. Österreichischen und der großherzoglich Badischen Regierung von 1856 zur Abänderung der in den Jahren 1819 und 1838 über den wechselseitigen Vollzug civilgerichtlicher Urtheile getroffenen Vereinbarungen. Auch in Betreff dieses Uebereinkommens wird von Deutscher Seite (vgl. France, S. 69) behauptet, daß dasselbe nur insoweit noch in Kraft stehe, als es dem § 661 C.-P.-D., insbesondere der Nr. 3 desselben, nicht widerspricht.5)

4. Der Staatsvertrag betreffend Gerichtsstand und Urtheilsvollziehung, geschlossen am 15. Juni 1869 zwischen Frankreich und der Schweiz.) In seinen Wurzeln reicht dieser Vertrag zurück bis auf den „ewigen Frieden“ der Eidgenossenschaft mit Franz I. vom 29. November 1516 (Curti, S. 4. ff.). Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden in einer ganzen Reihe von Verträgen die Grundsäße über Gewährung der Rechtshilfe immer mehr entwickelt, und im Vertrage vom 28. Juli 1828, dem Vorgänger des jest geltenden, waren dieselben bereits zu einem verhältnißmäßig hohen Grade von Vollendung gediehen.

5. Der Vertrag über die Vollstreckung von Urtheilen zwischen Spanien und Sardinien vom 30. Juni 1851.7)

6. u. 7. Die Conventions consulaires et d'établissement zwischen Italien und Serbien und zwischen Italien und Rumänien, unterzeichnet zu Belgrad 28. October / 9. November 1879 beziehungsweise zu Bukarest am 17. August 1880, in Italien publicirt durch königliche Decrete vom 21. März 1880 beziehungsweise vom 11. Mai 1881, [Gazetta ufficiale 15. maggio 1880 beziehungsweise 21. maggio 1881 suppl.] (Raccolta uff. Ser. II. No. 5364 und Ser. III. No. 137.8) 8. Der Rechtshilfevertrag zwischen der Österreichisch ungarischen Monarchie und Serbien 9), unterzeichnet zu Wien am 6. Mai 1881 (Österr. R.-G.-Bl. Nr. 88 vom Jahre 1882).

9. Der Vertrag vom 15. Juni 1861 zwischen Dänemark und Schweden Norwegen.10)

Von großer theoretischer Bedeutung ist schließlich auch für Europa der von einem Congresse südamerikanischer Juristen zu Lima 1878vereinbarte Entwurf eines Rechtshilfevertrages zwischen den Republiken von Central und Süd-Amerika (Peru, Argentina, Chile, Bolivia, Ecuador, Venezuela, Costarica, Guatemala und Uruguay). Meines Wissens ist dieser Vertrag, vielleicht in Folge des bald nachher ausgebrochenen Krieges zwischen Peru und Chili, bisher noch nicht in Wirksamkeit getreten, obwohl derselbe sofort nach seiner Vereinbarung von Seite der Delegirten durch die peruanische Regierung ratificirt wurde.

Immerhin aber läßt sich erwarten, daß die südamerikanischen Staaten vermöge der größeren Aehnlichkeit ihrer aus derselben Quelle fließenden Gesezgebungen, ihrer Verfassungen und wohl auch socialen Zustände zu einer internationalen Einigung in diesen Fragen eher gelangen werden als Europa.11)

Vorübergehend waren durch Rechtshilfeverträge auch einzelne Deutsche Staaten unter einander verbunden. So kam auf Grund eines von Anselm von Feuerbach ausgearbeiteten und in seiner Themis 1812 publicirten Entwurfes in den Jahren 1821-1848 eine ganze Reihe von Verträgen über Gewährung der Rechtshilfe sowohl in Civilals in Strafsachen zu Stande. 12) Doch erwiesen sich alle diese Verträge als durchaus unzureichend und so vermochte endlich selbst der Deutsche Bundestag dem Drängen nach einer besser durchgreifenden Ordnung der Rechtshilfe unter den einzelnen Staaten des Deutschen Bundes nicht zu widerstehen, und ertheilte die Bundesversammlung der in Nürnberg tagenden Commission zur Berathung eines Deutschen Handelsgesetzbuches den Auftrag, auch den Entwurf eines Gesetzes über Gewährung der Rechtshilfe in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auszuarbeiten. Der im Jahre 1861 veröffentlichte sogenannte „Nürnberger Entwurf" fand jedoch keine praktische Verwirklichung. Erst der 1866 an Stelle des Deutschen Bundes getretene engere Norddeutsche Bund brachte ein Rechtshilfegesez, das Bundesgeseh vom 21. Juni 186913), zu Stande, auf dessen Grundlage der Norddeutsche Bund denn auch Rechtshilfe

verträge mit Baden (vom 14. Januar 1870), mit Württemberg (vom 25. November 1870). In Bayern ward das Rechtshilfegeseß als Reichsgeset (22. April 1871) eingeführt.

Auf derselben Grundlage fanden in den 70er Jahren langdauernde Unterhandlungen zwischen dem Deutschen Reiche und der Österreichischungarischen Monarchie statt, welche aus unten anzudeutenden Gründen jedoch resultatlos verliefen.

Ebenso gelangten zu keinem Ziele die Verhandlungen über Rechtshilfeverträge zwischen Frankreich und Belgien,14) zwischen Italien einerseits und Frankreich, dem Deutschen Reiche und Belgien andrerseits 15) und zwischen Frankreich und Spanien.16)

1) Die Declaration selbst findet sich ebenfalls bei Durand a. a. D. p. 653 f.; vgl. auch Constant, p. 11 ff. - Die Frage ihrer Rechtsbeständigkeit haben auf Grund der widersprechenden Entscheidungen Italienischer Gerichte insbesondere Moreau, Nr. 156 ff., Rossi, p. 65 ff. und Esperson, Journal dr. intern. privé 1884, p. 367 ff. untersucht. Vgl. auch Weiß, Droit intern. pr. p. 975. 2) Abgedruckt bei Durand, p. 550; vgl. auch Constant, p. 10 f. Vgl. Weiß, p. 974 f.

3) Vgl. France, S. 67 ff. und die dort angeführte Abhandlung von Petersen: Juristische Zeitschrift für Elsaß-Lothringen VI, 324 ff. und 370 ff. und Roßhirt, Annalen der großherzoglich badischen Gerichte XLVII, S. 377 ff. sowie Struckmann und Koch, Commentar Bem. 2 zu § 660, Wilmowski und Levy, Commentar S. 782; A. M. ist jedoch insbesondere Seuffert S. 702, Anm. 9., während Hellmann III, S. 27 die vor dem Jahre 1879 abgeschlossenen Rechtshilfeverträge einzelner Staaten des Deutschen Reiches durch § 14 Abs. 1. E. G. zur C.-P.-O. für aufgehoben hält.

4) In Oesterreich kundgemacht durch Justizministerial - Verordnung vom 27. Juli 1856, R.-G.-Bl. Nr. 136 (bei Starr, Rechtshilfe in Desterreich gegen. über dem Auslande, S 47 f.), in Baden kundgemacht am 26. Juni 1856, R. Bl. Nr. 26 S. 224.

5) Außer den beiden eben angeführten Verträgen des Großherzogthums Baden scheint nur ein Vertrag eines Deutschen Staates mit dem Auslande über Vollstreckung von Urtheilen abgeschlossen worden zu sein und zwar ist dies ebenfalls ein Vertrag Badens, nämlich der mit dem Canton Aargau am 23. August/28. Sep. tember 1867 abgeschlossene (Badisches R.-Bl. 1867 S. 427). Wenigstens hat France (S. 69) „keinen weiteren Vertrag zu erkunden vermocht“.

6) Dieser Vertrag ist Gegenstand zweier ausführlicher Commentare geworden. Ueber ihn sind zu Rathe zu ziehen Ch. Brocher, Commentaire pratique et théorique du traité Franco-Suisse du 15 juin 1869, Genève 1879, und namentlich Eugen Curti, Der Staatsvertrag zwischen Frankreich und der Schweiz, betreffend G. und U., vom 15. Juni 1869, Zürich 1879.

7) Bei Esperson, Journal dr. intern. pr. 1884, p. 373 Nr. 160 in Folge eines Druckfehlers als Vertrag entre la France et l'Espagne aufgeführt.

8) Text bei Martens-Samwer-Hopff, Nouv. Rec. II. Ser. VI, p. 644 und VIII, p. 607 ff. Außerdem hat Italien noch auf Rechtshilfe sich beziehende Bestimmungen aufgenommen in seine Handels- und Schifffahrtsverträge mit Guatemala vom 31. Dezember 1868, mit Honduras vom selben Tage, mit Costarica vom 6. Mai 1873 und mit Peru vom 23. December 1874,

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