Page images
PDF
EPUB

Art. 17 und 19 (bei Martens, Nouv. Rec. II Ser. VI. p. 660 ff.). Vergl. Esperson, Journal dr. intern. pr. 1884 p. 259 No. 133. Vergl. auch noch die Convenzione di buon vicinato zwischen Italien und San Marino vom 27. März 1872. (Esperson, 1. c. p. 374 Nr. 162 und Fusinato, p. 17 a. E.) 9) Tert bei Martens, Nouv. Rec. II. Ser. T. VIII. p. 360 ff. Die Bestimmungen der beiden genannten serbischen Verträge mit Italien und mit Desterreich Ungarn resumirt Pavlovitsch in seinem Aufsaße im Journal dr. intern. pr. 1884 p. 1 ff. und p. 140 ff. De la condition juridique des étrangers en Serbie, ohne jedoch dieselben eingehender zu erörtern. Zu diesem Vertrage sind zu vergleichen die commentirenden Ausführungen in der Desterr. Allgem. Gerichtszeitung, 1883 Nr. 35-37 (Freiherr v. Haan) und die kritischen Bemerkungen in den Wiener Juristischen Blättern 1883 Nr. 19 und 20 (Johanny), sowie die kurzgefaßte Darstellung der Hauptpunkte desselben durch. Strisower in der Revue dr. intern. 1884 p. 200 ff.

19) Vgl. Olivecrona im Journal dr. intern. pr. 1880 p. 85.

11) Der Entwurf ist sammt dem Motivenberichte des Peruanischen Bevoll mächtigten Antonio Arenas von Neubauer in Goldschmidt's Zeitschr. f. d. gejammte Handelsrecht XXV. (1880), S. 545 ff. in deutscher Ueberseßung mitgetheilt. Auffallenderweise berücksichtigt selbst Calvo denselben noch in der 3. Auflage seines Droit international 1880 nicht.

12) Eine Zusammenstellung und Anordnung derselben in drei Gruppen giebt A. D. Krug in seinem Internationalrecht der Deutschen". Leipzig 1851.

13) Einen Commentar zu demselben, der somit auch ein Commentar zu den Verträgen mit den süddeutschen Staaten ist, hat Endemann unter dem Titel: Die Rechtshilfe im Norddeutschen Bunde“ 1869 publicirt.

"

14) Vgl. Asser, Revue droit. intern. I. 413.

15) Vgl. Mancini, Revue droit. intern. VII. 341 f.

16) Vgl. Silvela, a. a. D.; David, Bulletins 1881 p. 557 ff. und Fusinato, p. 20. Der Entwurf dieses Vertrages, welcher von den Bevoll mächtigten am 14. Mai 1870 unterzeichnet worden war, wird irrthümlich von vielen Schriftstellern als ein zu Recht bestehender Vertrag aufgezählt, obwohl derselbe in Folge der im französischen Senate gegen ihn erhobenen Opposition niemals ratificirt wurde.

$ 89.

Charakteristik der Rechtshilfeverträge im Allgemeinen.

Aus einem Rechtshilfevertrage erwachsen nicht blos unmittelbar den contrahirenden Staaten, sondern mittelbar, insofern als diese Verträge gleichzeitig den Charakter von auf die Rechtspflege der contrahirenden Staaten sich beziehenden Gesezen an sich tragen, auch denjenigen Individuen, für welche die contrahirenden Staaten den Vertrag abge schlossen haben, Rechte und Pflichten. Wie aus einem Vertrage über den Schuß des literarischen und artistischen Eigenthums oder aus einem

Vertrage über die Anerkennung der von ehemaligen Unterthanen erwor benen fremden Staatsbürgerschaft Rechte der Individuen entstehen, so entstehen solche Rechte auch durch Verträge über die Vollstreckbarkeit aus. ländischer Urtheile, über die Pflicht der Behörden des einen Staates zur Erhebung von Beweisen mitzuwirken, welche für in dem anderen Staate geführte Processe relevant sind, und durch ähnliche Vereinbarungen.

Nur kann es unter Umständen zweifelhaft sein, ob blos die Unterthanen eines der beiden contrahirenden Staaten aus einem Vertrage dieser Art Rechte für sich ableiten können, oder ob dies auch in Betreff der Angehörigen dritter Staaten möglich ist. Und ebenso kann es zweifelhaft sein, ob die durch einen Vertrag dieser Art etwa begründete Pflicht, gewisse Ansprüche gerade vor dem im Vertrage besonders angeordneten Gerichtsstande, mit Ausschließung der nach den sonstigen proceßrechtlichen Normen der contrahirenden Staaten bestehenden fora, geltend zu machen, nur für die Angehörigen der betreffenden Staaten, oder auch für die Unterthanen anderer Mächte bestehe. Im allgemeinen wird die Tendenz solcher Verträge, welche die Behebung der nachtheiligen Consequenzen der Sonderung der Menschheit in verschiedene Nationen und Staaten für die Rechtspflege bezwecken, dahin gehen, nationale Unterschiede zu ignoriren. Es wird daher auch der Angehörige eines dritten Staates die Vollstreckung des in dem Gebiete des einen Contrahenten gefällten Urtheiles gegen einen im Gebiete des anderen Contrahenten sich aufhaltenden oder dort Vermögen besizenden Schuldner erlangen können.1) Dennoch werden wir im Verlaufe dieser Darstellung auch Fragen begegnen, in Betreff deren Beantwortung nach den geltenden Verträgen die Nationalität der Parteien von Bedeutung ist.

Ganz wesentlich unterscheiden sich Rechtshilfeverträge von jenen namentlich in früherer Zeit so häufig zwischen den verschiedenen Staaten zum Austausche gelangten Declarationen, durch welche jeder derselben. dem anderen jene Grundsäße mittheilt, nach welchen sich seine Behörden den bestehenden Gesezen zufolge in den einschlagenden Fragen des internationalen Proceßrechtes zu verhalten haben.

Solche Declarationen begründen weder für jenen Staat, welchem sie mitgetheilt werden, noch für dessen Angehörige irgend welchen rechtlichen Anspruch auf dauernde Anwendung der in ihnen ausgesprochenen Grundsäge; sie sind nichts als einfache. Mittheilungen eines Staates über das in ihm geltende Recht, dessen Abänderung daher nur von seinen geseßgebenden Factoren abhängt. Solche Declarationen sind denn auch häufig einseitig zurückgezogen und durch andere ersetzt worden. Aber selbst, wenn der Staat, von welchem eine solche Erklärung ausging, es versäumt hätte, dem anderen die Aenderung seines früheren, im Wege einer solchen Declaration mitgetheilten Rechtszustandes anzuzeigen, so sind seine Behörden selbstverständlicherweise auch jenem fremden Staate gegenüber verpflichtet, nur das jezt geltende Recht anzuwenden und nicht etwa jenes, welches früher einmal dem anderen Staate bekannt

gegeben worden ist. Dieser andere Staat wird daher bei Uebung der Reciprocität stets darauf zu achten haben, ob der von den früher ausgetauschten Declarationen vorausgesezte Rechtszustand des fremden Staates in diesem noch fortbesteht.2)

Solche Declarationen geben also keine Bürgschaft für die Zukunft und sind, insofern als sie nur zu oft dazu verleiten, irrigerweise den Fortbestand des durch sie gekennzeichneten Zustandes anzunehmen, sogar nicht selten von entschiedenem Nachtheile.

An die Stelle derselben müssen daher Verträge treten, durch welche die contrahirenden Staaten sich verpflichten, einander gegenüber gewisse Grundsäge festzuhalten. Solche Verträge müssen in nicht allzu langen Fristen auftündbar sein, damit durch ihre Erneuerung den Aenderungen des Rechtes der beiden Staaten Rechnung getragen werden könne. Bis zur Aenderung eines solchen Vertrages bleiben aber die in demselben vereinbarten Grundsäge trop der Wandlung des inneren Rechtszustandes der contrahirenden Staaten in Kraft, da ja das einseitige Vorgehen des einen Contrahenten dem anderen die vertragsmäßig erworbenen Rechte nicht entziehen kann.

Zweifelhaft kann die Frage nach der Bedeutung einer nach dem Abschlusse des Vertrages erfolgten Aenderung gesetzlicher Bestimmungen nur insoferne sein, als ein Vertrag die Angehörigen des anderen Contrahenten den Inländern gleichstellt. Aendert nun einer der beiden Staaten eine hierbei in Betracht kommende Norm seines Rechtes in einer Richtung, welche für die derselben Unterworfenen ungünstig ist, so kann es fraglich sein, ob diese Aenderung auch für die Ausländer gelte, oder ob dieselben nicht etwa aus jenem Vertrage ein Recht auf die Fortdauer der zur Zeit des Vertragsabschlusses geltenden günstigeren Norm für sich ableiten können. Im Allgemeinen wird das Leztere gewiß nicht behauptet werden können. Wenn es sich aber geradezu nachweisen ließe, daß die Contrahenten bei Abschluß des Vertrages mit jener Formel desselben nicht die formelle Gleichstellung der Ausländer mit den Inländern, sondern die Geltung jenes materiellen, damals für die Inländer geltenden Rechtssages beabsichtigten, so würde der andere Contrahent ein Recht haben, gegen den in jener Gesetzesänderung enthaltenen Bruch der Vereinbarung Vorstellungen zu machen.

Am zweckmäßigsten aber dürfte es sein, um einen Conflict zwischen den Normen des Vertrages und denen der in den contrahirenden Staaten nach Abschluß des Vertrages in Wirksamkeit getretenen Geseze zu vermeiden, in jeden Vertrag dieser Art, abgesehen von dem beiden Theilen zustehenden Rechte der Kündigung unter Einhaltung gewisser Fristen, noch ausdrücklich eine Bestimmung von der Art des Art. 31 der Literar convention zwischen dem Norddeutschen Bunde und der Schweiz vom 13. Mai 1869 aufzunehmen, nach welcher die Contrahenten sich vorbehalten, die gegenwärtige Uebereinkunft einer Revision zu unterwerfen,

"

wenn eine neue Gesezgebung über die darin behandelten Gegenstände in dem einen oder dem anderen Lande oder in beiden Ländern eine solche Revision wünschenswerth machen sollte".

Was schließlich die Garantien für die richtige Anwendung der Rechtshilfeverträge betrifft, so dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß dieselben zu jener Kategorie von Staatsverträgen gehören, rücksichtlich deren einer Vereinbarung, die aus ihnen resultirenden Streitfragen einem ein für allemal eingesetzten Schiedsgerichte zur Entscheidung zu übertragen, erhebliche Bedenken nicht entgegenstehen. Doch muß die eingehende Erörterung dieser Frage einem anderen Abschnitte des völkerrechtlichen Systems vorbehalten bleiben; uns mag es an diesem Orte genügen, darauf hinzuweisen, daß sowohl in der Schweiz als in Frankreich das Bedürfniß nach einem Schiedsgerichte zur Entscheidung der aus dem Französisch Schweizerischen Rechtshilfevertrage erwachsenen Controversen, sowie insbesondere zur Schlichtung der nach demselben sich ergebenden affirmativen wie negativen Competenzconflicte lebhaft empfunden wird) und daß Italien in einzelne seiner neuesten Verträge dergleichen Vereinbarungen bereits thatsächlich aufgenommen hat.4)

Verträge der hier besprochenen Art haben rückwirkende Kraft. Normen, welche Staaten aus öffentlichen Rücksichten aufstellen, können nur dann in ihrer Wirksamkeit auf solche Ereignisse beschränkt werden, welche in allen ihren Beziehungen der Zukunft angehören, wenn durch die Anerkennung einer ihnen zukommenden „rückwirkenden Kraft" wohlerworbene Rechte von Privatpersonen verlegt würden. Nun hat aber gewiß Niemand ein Recht darauf erworben, daß ein Beweis für eine gegen ihn bestehende Forderung nur deshalb nicht erhoben werde, weil das betreffende Beweismittel sich außerhalb des Staates des zuständigen Proceßgerichtes befindet, oder daß die Vollstreckung eines gegen ihn von einem competenten Gerichte nach ordnungsmäßigem Verfahren gefällten rechtskräftigen Urtheils deshalb unterbleibe, weil er sich oder sein Ver mögen dem Zugriffe des Gläubigers durch Flucht in ein anderes Staatsgebiet entzogen hatte.5)

Nur einer Beschränkung dürfte die Anerkennung der rückwirkenden Kraft zu unterwerfen sein, nämlich jener, welche Art. 28 des DeutschDesterreichischen Entwurfes in Uebereinstimmung mit Art. 45 Nr. 1 der Rechtshilfeverträge des Norddeutschen Bundes formulirte: „Diese Bestimmungen finden mit Ausnahme jener der Art. 24-27 (der auf den Concurs bezüglichen) auch auf die in bereits anhängigen Sachen vorzunehmenden Proceßhandlungen, sowie auch auf die Vollstreckung von be reits bestehenden Vollstreckungstiteln unter der Beschränkung Anwendung, daß die Vollstreckung eines vor dem Beginne der Wirksamkeit dieses Vertrages gefällten Contumacial urtheiles auf Grund dieses Vertrages nicht begehrt werden kann." Diese Ausnahme hat ihren einleuchtenden Grund darin, daß es ja keineswegs ausgeschlossen ist, daß

der Beklagte sich nur deshalb in contumaciam verurtheilen ließ, weil er nach den ihm bekannten internationalen Verhältnissen wußte, daß das Urtheil nicht vollstreckt werden könne.

1) So ist dies auf Grund des Französisch-Schweizerischen Rechtshilfevertrages von 1869 im Gegensaße zu dem älteren von 1828 anerkannt. Vgl. Curti, . 154, Anm. 3; vgl. auch Constant, p. 13 n. 1 und den dort allegirten Fall Chabriniac et Drujai zur Jnterpretation der Französisch - Sardinischen Verträge.

2) So weist Menger a. a. D. § 14, Anm. 3 (S. 167 f.) nach, daß die zum größten Theil auf Grundlage von solchen Declarationen der betreffenden fremden Staaten erfolgten Kundmachungen des Desterreichischen Justiz ministeriums über die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Urtheile Österreichischer Gerichte in anderen Staaten vollstreckt werden, fast durchaus veraltet sind, daß es daher den Parteien freistehen müsse, „gegen den Inhalt solcher Berlautbarungen den Gegenbeweis in der Richtung zu führen, daß in denselben der Inhalt des fremden Rechtes entweder schon ursprünglich unrichtig wiedergegeben wurde, oder daß doch die betreffende Angabe wenigstens durch die spätere Entwickelung der Gesezgebung des fremden Staates ihre Richtigkeit verloren habe.“

3) Vgl. Curti, S. 148, Brocher, p. 133 ff. und Moynier auf dem Pariser Congresse des Institut dr. intern. (Annuaire 1879-1880, I. p. 98.)

*) Vgl. Art. 32 des Consular- und Niederlassungsvertrages mit Rumänien vom 17. August 1880: „Les deux hautes Parties contractantes sont convenues, que les différends qui pourraient se produire touchant l'interprétation ou l'exécution de la présente convention ou les conséquences de l'infraction d'une de ses stipulations, devront être soumises, lorsque les moyens de les arranger directement par un accord amiable auront été épuisés, au jugement de commissions arbitrales, et le résultat d'un tel arbitrage sera obligatoire pour les deux Gouvernements. Les membres des dites commissions seront choisis par les deux Gouvernements d'un commun accord; en défaut de quoi chacune des Parties nommera son propre arbitre, ou un nombre égal d'arbitres. Les arbitres nommés en nommeront un autre de leur choix. La procédure arbitrale sera, dans chaque cas spécial, déterminée par les Parties; en défaut de quoi, le Collége même des arbitres aura la faculté de la déterminer préalablement." Norsa, I progressi dell' arbitrato internazionale nell' Italia, Torino 1884, p. 10. Die Hauptfrage wird dabei die sein, ob die Schiedsrichter von den an den betreffenden Streitsachen betheiligten Parteien, wie Brocher a. a. D. will, oder von den contrahirenden Staaten zu bestellen seien, wie es der cit. Italienisch Rumänische Vertrag vorausseßt.

5) Deshalb nimmt denn auch France, S. 89, mit vollem Rechte an, daß, selbst wenn die Vollstreckung eines ausländischen Urtheils im Deutschen Reiche von dem deutschen Gerichte bereits einmal verweigert worden war, der Schuldner durch eine exceptio rei judicatae gegen Erneuerung der Klage auf Vollstreckbarerklärung dieses Urtheils nicht geschüßt sei, wenn der Grund der Abweisung nur darin lag, daß zur Zeit der ersten Klage jener Staat, dessen Urtheil vollstreckt werden sollte, die Gewährung der Gegenseitigkeit dem betreffenden Staate des Deutschen Reiches nicht verbürgt hatte, während diese Bedingung der Vollstreckbarkeit fremder Urtheile zur Zeit der Erneuerung der Klage (etwa durch seither erfolgten Abschluß eines Rechtshilfevertrages) verwirklicht worden ist.

« EelmineJätka »