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Nachtheile, welche eine längere Abwesenheit von seinem Wohnsize dem Zeugen bereiten würde, im concreten Falle ein Zwang auf denselben geübt werden solle.7)8) Selbstverständlicherweise können im leßteren Falle keine anderen Zwangsmittel angewendet werden, als jene, welche auch den Ladungen inländischer Gerichte als Sanction zur Seite stehen und muß auch in diesem Falle dem Zeugen eine den Verhältnissen entsprechende Entschädigung gewährt werden. Noch weiter könnte man vielleicht in Betreff derjenigen Unterthanen des ersuchenden Staates gehen, welche in dem ersuchten Staate tein Domicil haben. Soferne es sich nicht um einen politischen Proceß handelt, sollte man m. E. dieselben einem unbedingten Zeugnißzwange unterwerfen, da man nur durch denselben verhindern kann, daß Personen, welchen es aus irgend einem Grunde unangenehm ist, in einem Strafprocesse als Zeugen vernommen zu werden, sich, wie dies insbesondere so häufig in den großen Gründer- und Bankprocessen geschieht, der Vernehmung durch eine Reise in's Ausland entziehen. Sollte aber eine internationale Einigung über Zulassung des Zeugnißzwanges hinsichtlich der bezeichneten Personen nicht zu erzielen sein, so wäre es wenigstens die Aufgabe eines jeden Staates, für den Fall, daß eine im Inlande domicilirte Person, der eine Vorladung, als Zeuge in einem Strafprocesse zu erscheinen, im Inlande persönlich be händigt worden ist, sich der Erfüllung ihrer Zeugenpflicht durch eine Reise in's Ausland entzieht, besonders strenge Strafen anzudrohen.

In Betreff der Uebermittelung der Rogatorien schreibt die große Mehrzahl der Verträge den diplomatischen Weg vor. Troß dieser Vorschrift findet aber auch zwischen den Gerichten verschiedener Staaten eine ziemlich rege, unmittelbare Correspondenz statt, welche auch durch alle gegen dieselbe gerichteten Ministerialerlässe nicht ganz hat beseitigt werden können. In vielen Fällen ist eben der diplomatische Weg zu langwierig, als daß er mit Aussicht auf irgend welchen Erfolg beschritten werden könnte. In solchen Fällen versuchen es die Gerichte wohl nicht mit Unrecht mit der directen Correspondenz und erhalten nicht selten die erforderlichen Auskünfte.

Gerade in den in diesem leßten Abschnitte besprochenen Fragen könnte eine weitgehende Einigung der einzelnen Mächte zum Zwecke der gegenseitigen Erleichterung der Strafrechtspflege um so eher erfolgen, als durch die hier einschlagenden Bestimmungen die individuelle Freiheit der von solchen Maaßregeln betroffenen Personen wenigstens nicht unmittelbar in derselben einschneidenden Weise betroffen wird, als dies hinsichtlich der Auslieferung der Fall ist.

Die bei Gelegenheit der Gewährung internationaler Rechtshilfe gewonnenen Erfahrungen könnten dann für die Erweiterung des Auslieferungsrechtes verwerthet werden, und so würde selbst eine an und für sich so unscheinbare Reform wie die des Zustellungswesens zur Ent wickelung eines der wichtigsten Institute des internationalen Rechtes beitragen.

1) In der That läßt es sich nicht leugnen, daß die Bestimmungen des Extradit. Act über Rechtshilfe zu weit gehen, um als internationale Pflicht anerkannt zu werden, Vgl. gegen dieselben den scharfen Tadel Clarkes, p. 194. 2) So ist dies in sämmtlichen vom Deutschen Reiche und in der Mehr. zahl der von der Desterreichisch. Ungarischen Monarchie eingegangenen. Verträge der Fall. Von den anderen Staaten hat insbesondere Frankreich, welches diese Einschränkung in seine älteren Verträgen nicht ausdrücklich aufzu nehmen pflegte, dieselbe in seinen neuesten Verträgen statuirt. Vgl. Vertrag mit Dänemark von 1879, mit Spanien von 1879, Art. 13.

3) Vgl. z. B. Billot, p. 396, und Fiore Antoine, Nr. 489: »Dans les traités, ou l'exception ne se trouve pas exprimée, on doit la réputer tacitement stipulées. Dies ist wohl richtig, wenn die Vereinbarung der Rechtshilfe in einem die Auslieferung wegen politischer Delicte ausschließenden Auslieferungsvertrage behandelt ist.,,En effet," sagt Fiore mit Recht,,,il est conforme au caractère et à l'esprit des traités d'extradition, d'exclure les délits politiques ou purement militaires (ou fiscaux wäre wohl hinzuzusehen). Cette règle, qui est fondamentale, doit s'étendre à toutes les dispositions spéciales qui y sont insérées, en y comprenant celles qui sont relatives à l'assistance judiciaire‹. A. M. Bernard, II. p. 638 ff. Anders aber dürfte die Frage dann zu entscheiden sein, wenn die Frage der Rechtshilfe in einem, und die der Auslieferung in einem anderen Vertrage geregelt wird, wie dies im Verhältnisse zwischen Frankreich und Baden der Fall ist. Vgl. Art. 4 der Convention sur l'exécution des jugements von 1846.

*) Vgl. den Deutsch-Belgischen, Deutsch Luxemburgischen und Deutsch Spanischen Vertrag, sämmtlich Art. 13, al. 1a. E.: „Die Ausführung des Antrages kann verweigert werden, wenn es sich um fiscalische Vergehen handelt." Anders Oesterreichisch-Deutsches Zollcartell von 1881, Art. 24.

5) Vgl. Auslieferungspflicht und Asylrecht, S. 848 ff.

*) Vgl. Herbst, Commentar zum Desterreichischen St.-G. B. zu § 37, und Blumer, Schweizer Bundesstaatsrecht 1877, I. S. 271 f.

7) Vgl. auch Billot, p. 403; Bernard II. 646 ss.; Bomboy und Gilbrin, p. 162 und insbesondere Bregeault, De l'audition en matière criminelle des témoins résidant à l'étranger.

*) Wenn die Verfassung eines der contrahirenden Staaten die Genehmigung jener „Verträge, welche einzelne Bürger verpflichten", dem Parlamente vorbehält, wie dies z. B. in der Desterreichischen Verfassung der Fall ist, (vgl. St.-G..G. über die Reichsvertretung von 1867, Art. 11, a.) so kann ein Staatsvertrag dieser Art nicht ohne parlamentarische Genehmigung giltig zu Stande kommen.

9) Über die Befreiung des über Ersuchen in's Ausland gereisten Zeugen von der Verfolgung wegen gewisser Delicte vgl. Auslieferungspflicht und Asylrecht, 465 ff. und 865 f.

Zweiundzwanzigstes Stück.

Die Staatsverträge über Urheberrecht, Musterschuk, Markenschuß und Patentrecht.

Bon

Dr. Otto Dambach,

Wirklicher Geheimer Ober-Postrath u. Professor der Rechte in Berlin.

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