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1620; Chr. Besold, De legatis eorumque jure. 1624; Grotius (1625) hat nur in einem kurzen Abschnitt 1. II cap. 18 de legationum jure vom Gesandtschaftsrecht gehandelt, das er dem jus gentium voluntarium zuweist. Die Bedeutsamkeit seiner Ausführungen liegt vornämlich darin, daß er zuerst die unbedingte Unverleglichkeit der Gesandten vertritt, weil sie sicut fictione quadam habentur pro personis mittentium ita etiam fictione simili constituerentur quasi extra territorium, unde et civili jure populi apud quem vivunt non tenentur“ (IV, 5), nur Noth. wehr ist gegen sie erlaubt. Von den Nachfolgern Grotius' ist bei weitem der bedeutendste Bynkershoek durch seine beiden Schriften: De foro competente legatorum. 1721 und Quaest. jur. publ. 1737. Sodann sind zu nennen Wicquefort, L'ambassadeur et ses fonctions. 1680/81; J. J. Moser, Versuch des neuesten Europäischen Gesandtschaftsrechtes. 1778, und die oben angegebenen neueren Schriftsteller.

1) Ein vollständiges Verzeichniß mit Inhaltsangabe bis Grotius giebt Nys, p. 36-54.

II. Die Leitung der answärtigen Angelegenheiten und das Recht der Gesandtschaft.

§ 149.

Literatur: Grotius, 1. II, XVIII (de legationum jure.)

ch. 5.
III, ch. 2.

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Battel, 1. IV Wheaton, ed. Dana, III et. 1. Heffter, ed. Geffden, Halled, ch. VIII. Hall, 2 ed. ch. 9. Phillimore, 3 ed. II, part. VI, ch. 2-11. Calvo, 1. VII, sect. 1 et 2. Bluntschli, III, 2. F. v. Martens, Bd. II, 1. Abt. Cap. 2. Albericus Gentilis, De legationibus libri III. Bynkershoek, Quaest. jur. publ. II, 3-9. Jdem, De foro legatorum. Wicquefort, l'Ambassadeur et ses fonctions. Eine Reihe jezt veralteter Schriften, aufgeführt bei L. Alt, Handbuch des Europäischen Gesandtenrechtes. 1820. — Pradier-Fodéré, Cours de droit diplomatique. 2 ed. 1881. Ch. de Martens, Guide diplomatique nouv. éd. entièrement refondue par Geffcken. 2 vol. 1866.

Die Executive und die Ministerien der auswärtigen

Angelegenheiten.

Die Person oder die Personen, in deren Hand die oberste Leitung der internationalen Beziehungen eines Staates liegt, werden durch die Verfassung desselben bestimmt; diese Leitung kann dem Monarchen oder Präsidenten oder aber einer Mehrheit von Personen, einem Senat, Rath u. s. w. übertragen sein, für dritte Regierungen kommt es nur

darauf an, daß eine Autorität in dem betreffenden Staate besteht, an welche sie sich für ihre Beziehungen zu demselben halten können. Diese vertritt die Souveränetät des Staates nach außen und verpflichtet den. selben durch ihre Acte, so lange sie überhaupt besteht. An diese allein aber müssen andere Regierungen sich auch halten; sie sind nicht berechtigt, fich in Beziehung zu andern Faktoren des Staatlebens, wie z. B. Volksvertretung oder innere Behörden zu sehen. 1) Allerdings gilt auch in auswärtigen Angelegenheiten der Saß, daß jeder Contrahent die Dispositionsfähigkeit Desjenigen, mit dem er unterhandelt, prüfen muß. Eine Regierung, welche mit einer anderen über einen Vertrag unterhandelt, muß wissen, welche inneren Stadien der vereinbarte Entwurf desselben zu durchlaufen hat, und kann sich nicht beklagen, wenn derselbe in einem dieser Stadien scheitert. Wenn aber die Autorität, in deren Händen verfassungsmäßig die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten liegt, auf ihre Verantwortung es übernimmt, eines dieser Stadien zu über. springen, also z. B. den vereinbarten Vertrag vor Zustimmung der Volksvertretung ratificirt, so hat der andere Contrahent sich nicht darum zu bekümmern, wie sie den staatsrechtlichen Mangel jener fehlenden Zu stimmung heilt, er hält sich lediglich an den Factor, welcher den Staat nach außen vertritt und verpflichtet; hat dieser sich gebunden, so hat der andere Contrahent völkerrechtlich ein ius perfectum auf Erfüllung des Vertrags.2)

Eine Ungewißheit in dieser Beziehung kann nur also dann entstehen, wenn durch innere Erschütterungen des Staates die Autorität selbst zweifelhaft wird, welche über die auswärtigen Beziehungen verfügt. In solchem Falle müssen dritte Regierungen je nach den Umständen entscheiden, ob sie ihre Beziehungen mit der bisherigen auswär tigen Vertretung des Staates fortseßen wollen oder solche mit einem. Factor anknüpfen, der sich an deren Stelle gesezt hat. Ebenso muß jede Regierung nach Umständen ermessen, ob sie mit einem neu sich bil. denden Staate in diplomatische Beziehungen treten will. Maßgebend hierfür wird heut zu Tage stets die Frage sein, inwiefern die betreffende Autorität sich im wirklichen Besitz der Staatsgewalt befindet und demgemäß durch ihre Acte den Staat, den sie vertritt, wirksam verpflichten und die Interessen auswärtiger Angehöriger schüßen kann.

Regelmäßig übertragen die Autoritäten, bei denen die Entscheidung in internationalen Fragen steht, die eigentliche Führung der Geschäfte einer bestimmten Behörde, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten und seinem Hilfspersonal. 3) Seine ausführenden Organe in andern Staaten sind die diplomatischen Agenten, 4) die Gesandten und die ihnen zur Unterstützung beigegebenen Personen, welche die Aufgabe haben, eine Regierung bei der andern zu vertreten. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Minister bei der Wandelbarkeit der Beziehungen feines Staates zu andern in der Lage sein muß, die Wahrnehmung derselben jedesmal der geeignetsten Person zu übertragen; alle diploma

tischen Agenten sind also auf jederzeitigen Widerruf angestellte Beamte und müssen sich ebenso jede Verseßung an einen andern Posten gefallen lassen, sofern dabei ihr bisheriger Dienstrang gewahrt wird. Ihrer Regierung gegenüber sind die diplomatischen Agenten nur auf Widerruf bestellte Mandatare, deren speciellere Verhältnisse durch die Dienstprag. matik jedes Staates geregelt werden, ihre rechtliche Stellung aber in dem Lande, in welchem sie ihr Mandat vollziehen, ist von solcher Bedeutung im Staatenverkehr geworden, daß dieselbe den Gegenstand eines beson. deren Theiles des Völkerrechtes, das Gesandtschaftsrecht, bildet.

1) Das Verfahren des General von Kaulbars in Bulgarien, der in einem fremden Lande jedenfalls nur als diplomatischer Agent auftreten konnte, als welcher er auch bei der Regentschaft beglaubigt war, deren Berechtigung er erst bestritt, als sie sich seinen Forderungen nicht fügte, der fortwährend auf das Willkürlichste in die innere Regierung des Landes eingriff, war durchaus völkerrechtswidrig. Nur die Pforte in den Grenzen ihrer Suzeränität und in einzelnen Be zichungen die Gesammtheit der Mächte, welche den Berliner Vertrag von 1878 unterzeichnet, hatten überhaupt ein Recht, in Angelegenheiten des Fürstenthums mitzusprechen.

2) Als 1831 die Vereinigten Staaten mit Frankreich einen Vertrag unter. zeichneten, durch welchen lezteres sich zur Zahlung von 25 Millionen Frcs. ver. pflichtete, wußten sie sehr wohl, daß die Französischen Kammern diese Summe bewilligen mußten. Da aber die Regierung, ohne dies Votum abzuwarten, den Vertrag ratificirte, so waren sie berechtigt, für die verabredete erste Rate auf den Französischen Staatsschaß zu ziehen, und als diese Tratte wegen Verwerfung des Vertrages durch die Kammern nicht bezahlt ward, zu erklären, daß sie eventuell die Erfüllung des Vertrages durch Repressalien erzwingen würden.

3) Das Nähere über die Organisation dieses Ministeriums in § 167. *),,On désigne sous ce nom (d'agent diplomatique) toute personne, quelle que soit la qualité qu'on lui donne, qui a mission de représenter, d'une manière générale ou permanente, une puissance auprès d'une autre puissance," sagt Calvo, Dictionnaire, p. 18. Das Personal des Auswärtigen Ministeriums gehört daher nicht zu den diplomatischen Agenten, selbst wenn Mitglieder desselben früher Gesandte waren oder wie z. B. in Frankreich den Titel eines Ministre plénipotentiaire führen.

$ 150.

Das Vertretungsrecht souveräner Staaten.

Nur souveräne Staaten haben actives und passives Gesandtschaftrecht, abhängige nur insoweit, als es mit ihrer rechtlichen Stellung vereinbar ist. Die Schußherrschaft, welche die innere Autonomie des geschüßten Staates bestehen läßt, legt die Vertretung desselben nach außen in die Hand der Regierung, welche den Schuß gewährt, weil leßtere dies nicht könnte, wenn es dem Schußstaat freistände, sich in auswärtige

Berwicklungen zu stürzen. Das Admiralitätsgericht in London entschied 1855, daß das im Krimkrieg für Engländer erlassene Verbot, mit Rußland Handel zu treiben, nicht die unter Englischem Schuß stehende Republik der Jonischen Inseln mitumfasste, aber niemals hatte leztere eine Vertretung nach außen. Allen Indischen Fürsten, die unter Englands Protectorat stehen und die theilweise ihre Staaten unbeschränkt regieren, ist es verboten, mit fremden Mächten in Verbindung zu treten. In dem Protectionsvertrag zwischen Frankreich und Tunis vom 12. Mai 1881 heißt es im Art. 6: „Les agents diplomatiques et consulaires de la France en pays étrangers seront chargés de la protection des intérêts tunisiens et des nationaux de la Régence". (Martens N. R. G. 2. série VI, p. 507.) Der Vertrag von Hué vom 25. August 1883, welcher das schon 1874 begründete Protectorat Frankreichs über Anam näher bestimmt, sagt im Art. 1, daß Frankreich alle Beziehungen des Königreichs Anam mit fremden Mächten, China eingeschlossen, leiten wird und daß man mit demselben nur durch seine Vermittlung verkehren kann. Vasallenstaaten, wie Egypten und Bulgarien, dürfen General-Consuln empfangen, die zugleich thatsächlich diplomatische Agenten sind, aber keine Gesandte an andere Staaten schicken, und sind bei ihrem Oberherrn, dem Sultan, nur durch Agenten vertreten, welche keinen gesandtschaftlichen Charakter haben. Dies wurde zuerst im Art. XVI, Nr. 9 des Friedens von Kudjuk-Kainardji vom 10. Juli 1774 für die unter Tür kischer Hoheit stehenden Fürsten der Moldau und Walachei festgesezt, indem die Pforte versprach, die Geschäftsträger derselben „,non obstant leur peu d'importance" mit Güte zu behandeln und als Personen zu betrachten, die unter dem Schuß des Völkerrechtes stehen. Art. 9 des Vertrages vom 19. Aug. 1858 über die Organisation der Donaufürstenthümer bestimmte, daß sich die beiden Hospodaren durch eingeborene Agenten „ne relevant d'aucune juridiction étrangère et agrées par la Porte" vertreten lassen sollten.

Als 1875 in dem damals abhängigen Fürstenthum Serbien dem Deutschen General Conjul Dr. Rosen, der ohne diplomatischen Charakter ernannt war, die Gleichheit mit den übrigen mit diesem Titel bekleideten Vertretern anderer Staaten verweigert wurde, berief die Deutsche Regierung denselben ab und führte den Beschluß der Mächte herbei, daß General-Consuln in halbsouveränen Staaten ohne Rücksicht auf ihren Titel überhaupt keinen diplomatischen Charakter haben sollten. In früheren Zeiten haben große Conföderationen, wie die Hansa, Gesandte empfangen und entsendet und sich dadurch wie durch selbständige Bündnisse und Kriege als völkerrechtliche Macht gezeigt. Diese Ausübung souveräner Rechte war durch die lose Verfassung des Reiches begründet, welches den Städten nicht den Schuß ihres Handels gewähren konnte, dessen sie bedurften, aber ist mit der modernen Souveränetät nicht verträglich. Vicekönige oder Statthalter entfernter Provinzen und Colonien, wie die Spanischen Vicekönige in Amerika, Neapel, und die General-Statthalter

der Belgischen Provinzen, die Portugiesischen Vicekönige in Asien und Amerika, die obersten Beamten wichtiger Corporationen, wie der Hollän disch-Indischen, Französisch-Indischen und Englisch-Ostindischen Gesellschaften, später der Vicekönig von Indien haben Gesandte empfangen und entsendet, aber nur zufolge besonderer Vollmacht des Staates, von dem die Provinz oder Colonie abhing, sie haben also durch Delegation im Namen und durch die Autorität des Souveräns gehandelt, den sie vertraten. Uebrigens weigerte sich Elisabeth von England 1569 mit einem Ab. gesandten des Generalstatthalters der Niederlande, Herzogs von Alba, zu unterhandeln, da lezterer kein Souverän sei; ebenso Richelieu, Hugo Grotius als Gesandten des Reichsverwesers von Schweden, Oxenstierna, zuzulassen; er empfing denselben schließlich nur als Schwedischen Ge sandten kraft Vollmacht des Senates. Die Schweizer Cantone lehnten den Empfang des Gesandten des Gouverneurs von Mailand ab, weil er nicht von der Krone Spanien beglaubigt sei. Dagegen sind seit Karl V. stets Französische Gesandte bei den Statthaltern und Statthalterinnen in den Niederlanden beglaubigt gewesen.

Eine ganz ausnahmsweise Stellung nimmt der Papst ein, welchem, obwohl er nicht mehr Souverän ist, weil er kein Gebiet mehr besizt und keine Unterthanen mehr hat, durch das Italienische Garantiegeset von 1871 das active und passive Gesandtschaftsrecht gesichert ist. (Vgl. Bd. II, § 39: Die völkerrechtliche Stellung des Papstes.)

§ 151.

Das Vertretungsrecht in Conföderationen.

Für föderative Staatswesen bildet die Frage, ob das Gesandtschaftsrecht nur der Gesammtheit zusteht oder ob auch den einzelnen Mitgliedern, ein sehr wesentliches Merkmal, ob man es mit einem Bundesstaat zu thun hat oder nur mit einem Staatenbund. Im Ätolischen wie im Achäischen Bunde unterlagen alle auswärtigen Angelegenheiten, Krieg, Frieden, Bündnisse der Entscheidung des obersten Rathes, demnach wahrscheinlich auch das Gesandtschaftsrecht, obwohl darüber nichts gesagt wird. In der Republik der Vereinigten Niederlande verbot Art. 10 der Utrechter Union vom 20. Januar 1579 den Provinzen, einseitig Bündnisse mit dem Auslande zu schließen; fremde Gesandte wurden von den Generalstaaten empfangen, aber die Provinzen und Städte behaupteten das Recht selbstständiger Vertretung, wenn sie auch aus Sparsamkeit selten von dieser zweifelhaften Befugniß Gebrauch machten; für gemeinsame Fragen übten die Generalstaaten das Gesandtschaftsrecht.') In der alten Schweizer Eidgenossenschaft hatte jeder Canton das Gesandtschaftsrecht; wenn ausnahmsweise der Bund eine Gesandtschaft schickte; so er nannte jeder Canton für dieselbe ein Mitglied oder mehrere, so ging 1602 eine Gesandtschaft von 39 Personen an Heinrich IV. von Frank

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