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aufrecht halten, so hat ihr Kriegsgegner keinerlei Verpflichtung, ihr dabei zu helfen. So sagt auch Hall (p. 232): „Wholly apart from any question as to the effect of a conflict between those privileges (des Gesandten) and urgent interests of the belligerent, there is no presumption in favour of the existence of an obligation on the part of the latter to grant more than personal inviolability. And if the existence of a conflict can be alleged, the case against the priority of ambassadorial rights over those of a belligerent becomes stronger. The rules of war dealing with matters in which such conflict occurs certainly do not presuppose that the rights of neutrals are to be preferred to those of belligerents."

Dagegen hat ein Gesandter, der in einem neutralen Staat be glaubigt ist, das Recht, seine Depeschen an seine Regierung in neutralen Schiffen zu senden, die nicht von den Kreuzern einer Regierung mit Beschlag belegt werden dürfen, welche mit der seinigen im Kriege ist. Der Neutrale hat ein Recht, seine friedlichen Beziehungen mit den krieg. führenden Parteien zu unterhalten, es müssen daher auch die bei ihm beglaubigten Gesandten die Möglichkeit haben, ihren Verkehr mit ihren Regierungen fortzusehen. Demgemäß sprach das Englische Prisengericht 1808 das Nordamerikanische Schiff „Carolina“ frei, welches angehalten war, weil es Depeschen des Französischen Gesandten in Washington an die Französische Regierung an Bord hatte. (Näheres darüber bei der Lehre von der Contrebande.)

1) Cicero in Verrem III. „Legatorum jus divino humanoque vallatum praesidio, cuius tam sanctum et venerabile nomen esse debeat, ut non solum inter sociorum jura, sed etiam et hostium tela, incolume versatur.“ 2) D'Angeberg, Recueil des Traités etc. concernant la guerre Franco-Allemande, No. 756 et 783.

Zweites Kapitel.

Formen und Lebungen des diplomatischen Berkehrs.

§ 169.

Der Verkehr der Staatsoberhäupter.

Literatur Heffter, §§ 234–240.

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Pradier-
Klüber, §§ 112-114.
Fodéré, Cours de droit diplomatique, 2 vol. 1881. — Calvo, I, §§ 396
bis 399. Callières, De la manière de négocier avec les souverains.
Martens-Geffcken, Guide diplomatique, I. ch. 8. Diplomaten-
Wien 1874.

1757.

Brevier.

Die Bedeutung des unmittelbaren Verkehrs der Staatsoberhäupter für die internationalen Beziehungen hängt von ihrer Machtstellung im eigenen Staate ab. Herrscher, wie Friedrich II. und Katharina II., Napoleon I. und III., welche die ganze Leitung des Staatswesens in ihrer Person zusammenfaßten, haben auch allein die auswärtige Politik ihres Staates bestimmt, ihre Minister und Gesandte waren lediglich ausführende Organe; ein Englischer oder Belgischer Souverän dagegen kann auch in auswärtigen Angelegenheiten keinen Schritt ohne den Rath seiner Minister thun.

Mit Ausnahme Rußlands und der Pforte haben fast sämmtliche civilisirte Staaten heute repräsentative Institutionen, welche ihren Regierungen bestimmte Beschränkungen auferlegen, und demzufolge können ihre Oberhäupter auch in auswärtigen Beziehungen nicht frei über die Staatsmittel verfügen; internationale Beziehungen haben sehr oft einen finanziellen oder wirthschaftlichen Hintergrund, jeder Handels- oder Auslieferungsvertrag muß von der Volksvertretung genehmigt werden, kein großer Krieg kann ohne Anlehen geführt werden, welche parlamentarisch bewilligt werden müssen. Nichtsdestoweniger darf man die Bedeutung des Verkehrs der Staatsoberhäupter in auswärtigen politischen Angelegenheiten nicht unterschäßen; denn gerade in diesen üben fie innerhalb der verfassungsmäßigen Grenzen oft eine größere Macht als in inneren Fragen. Die Tradition, nach welcher der Souverän die militärischen und auswärtigen Geschäfte leitet, hat ihre Kraft noch nicht verloren; die Welt würde sonst nicht mit solcher Spannung auf die Zusammenkünfte mächtiger Souveräne blicken, welche gleichwohl mit gefeßgebenden Versammlungen zu rechnen haben. Die Controle der auswärtigen Politik durch dieselben beschränkt sich eben naturgemäß auf bestimmte Punkte, sie wird erst wirksam, wenn gewisse Ergebnisse vor liegen; die eigentliche und fortgehende Leitung der auswärtigen Politik liegt in der Hand der Regierung, und auf diese Leitung wird immer das Verhältniß der Souveräne zu einander und der Verkehr mit einander von Einfluß bleiben, so daß die parlamentarischen Körperschaften sich vielfach vor vollendenten Thatsachen sehen, an denen sie nichts mehr ändern können, selbst wenn sie dieselben mißbilligen; man denke nur an die unfruchtbare Opposition des Desterreichischen Reichsraths gegen die Besetzung von Bosnien und der Herzegowina. Diese Macht hat selbst ein Amerikanischer Präsident; obwohl er keinen Gesandten ohne Zustim mung des Senats ernennen kann, so hindert ihn nichts, durch eine im Stillen verfolgte Politik das Land in die größten Verwicklungen zu stürzen von der Art, wie 1861 Lincoln die Trentfrage behandelte, hing Krieg und Frieden mit England ab. Auch Louis Napoleon hat als Präsident der Republik wirksam in auswärtige Fragen eingegriffen, so in der Römischen für die Zurückführung des Papstes und andrerseits durch seinen Brief vom 18. August 1849 an den Oberst Edgar Ney über die im Kirchenstaat einzuführenden Reformen. In Staaten wirk.

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lich parlamentarischen Regiments liegt die Sache allerdings insofern anders, als an die Stelle der Krone thatsächlich der leitende Minister getreten ist, welcher durch ein Votum des Unterhauses gestürzt werden kann; indeß haben gerade in auswärtigen Angelegenheiten die Könige von England ihren Einfluß doch geltend gemacht, wie z. B. Ende 1851 die Königin Victoria Lord Palmerston einfach entließ, weil er eigen. mächtig den Staatsstreich Napoleons gebilligt hatte. Andrerseits liegt es auf der Hand, daß die fließende Natur dieses Einflusses, welchen die Staatsoberhäupter durch mündliche Besprechungen oder privaten Brief. wechsel in auswärtigen Beziehungen ausüben, keine rechtliche Feststellung zuläßt.

Hiervon abgesehen, führen die Staatsoberhäupter die amtliche Correspondenz für bestimmte Beziehungen, sie beglaubigen die Gesandten bei andern Staaten und fertigen ihre Abberufung aus, sie nehmen die Beglaubigungen oder Abberufungsschreiben fremder Gesandten entgegen, fie theilen sich dynastische Vorkommnisse und politische Ereignisse durch besondere Schreiben mit, wenn auch der Telegraph die Kunde davon längst vorher überbracht hat, und beantworten ähnliche Mittheilungen. Sie zeigen durch diesen Austausch, daß sie sich als Vertreter der großen Familie civilisirter Staaten betrachten und benußen diese Gelegenheiten, um die guten Beziehungen zu betonen, welche zwischen ihnen bestehen, ebenso wie die Trauer, welche die Höfe bei Todesfällen in andern souveränen Familien anlegen, eine Kundgebung freundschaftlicher Gesinnung bedeuten soll. Die Formen, in welchen dieser Briefwechsel geführt wird, richten sich nach der Bedeutung des Anlasses und dem gegenseitigen Range; man sendet entweder sogenannte Kanzleischreiben (lettres de chancellerie), welche förmlicher abgefaßt, mit dem großen Staatssiegel versehen und meist vom auswärtigen Minister gegengezeichnet sind, oder Cabinetsschreiben, welche weniger feierlich gehalten sind. Anrede und Unterschrift bestimmen sich durch das zwischen den betreffenden Staaten herrschende Ceremonial. (cf. Martens-Geffcken, Guide diplomatique I. ch. 10.)

$ 170.

Die Organisation des auswärtigen Dienstes.

So unleugbar der Einfluß der Staatsoberhäupter in auswärtigen Angelegenheiten ist, so werden dieselben doch regelmäßig durch die Be amten des Staatenverkehrs geleitet und besorgt. Die leitenden Organe dieser Beamtenschaft sind die Minister des Auswärtigen, die ausführenden und berichtenden die Gesandten.

Der Minister oder Staatssecretär der auswärtigen Angelegenheiten als unmittelbarer Mandatar des Souveräns bildet die Spize des ganzen Dienstzweiges, alle Fäden desselben laufen in seiner Hand zusammen.

Er empfängt die fremden Gesandten und unterhandelt mit ihnen, an ihn richten dieselben ihre Mittheilungen, er vermittelt ihre Audienzen beim Staatsoberhaupte und ist bei denselben gegenwärtig, durch ihn erhalten die fremden Consuln ihr Exequatur; an ihn wenden sich alle Unterthanen, sowie seine eigenen Collegen in Fragen, welche Beziehungen zum Auslande betreffen, auf seinen Vorschlag werden die Gesandten des Landes ernannt, er ertheilt ihnen ihre Weisungen, an ihn berichten sie. Er entwirft und gegenzeichnet alle Verträge, Geseze, Erklärungen und Verordnungen, welche auswärtige Angelegenheiten betreffen, regelt alles, was den Dienst derselben berührt, beschüßt die Unterthanen und Inter. essen des Landes in allen andern Staaten, überwacht die Ausführung und Beobachtung geschlossener Verträge, sowie die Aufrechterhaltung der Grenzen. In der Regel untersteht seiner Leitung auch das Consularwesen.

Sehr häufig ist der auswärtige Minister zugleich Minister-Präsident, wo dies nicht Fall, hat er sich mit leßterem über die wichtigeren auswärtigen Angelegenheiten im Einvernehmen zu erhalten. Wie maßgebend aber die Stellung des Minister-Präsidenten oder Kanzlers, welcher die Einheit der gesammten Politik in seiner Person verkörpert, auch für die auswärtigen Angelegenheiten sein mag, die formelle Leitung und die Verantwortlichkeit bleibt dem Staatssecretär. In jedem größeren Staate ist der Geschäftskreis des auswärtigen Ministers so umfassend, daß der selbe eine Organisation nach seinen verschiedenen Zweigen erfordert, welche in ihm ihre Einheit finden. Der erste seiner Untergebenen ist der Unterstaatssecretär oder Generalsecretär; derselbe vertritt den Minister in allen Verhinderungsfällen und in allen laufenden Geschäften, sein Arbeitskreis umfaßt daher das ganze auswärtige Ministerium. Da seine Aufgabe, abgesehen von den Fällen, wo er überhaupt an die Stelle des Ministers tritt, die ist, demselben seine Arbeit zu erleichtern und ihm die laufenden Angelegenheiten abzunehmen, so muß der Unterstaatssecretär vor allem Geschäftsmann sein; in England, wo der politische Unterstaats. secretär, welcher die auswärtigen Angelegenheiten in dem Hause vertritt, dem der Staatssecretär nicht angehört, mit dem Ministerium wechselt, besteht ein zweiter dauernder Unterstaatssecretär, welcher die geschäftliche Tradition vertritt. Unter ihm stehen sodann die Directoren der Abtheilungen, der politischen, der handelspolitischen, der streitigen, der persönlichen Ange. legenheiten, des Rechnungswesens, des Protokolls, der Geheimschrift, des Archiv's; jede dieser Abtheilungen hat nach dem Umfang und der Wichtigkeit ihrer Arbeiten eine Anzahl vortragender Räthe, Hilfsarbeiter und Unterbeamten.

Die wichtigste Abtheilung ist naturgemäß die politische, in der das Referat meist nach Ländern an die einzelnen Räthe vertheilt ist. Daneben hat der Minister zur Erleichterung seiner persön lichen Arbeiten noch ein aus einem oder mehreren Secretären bestehendes Cabinet neben sich.

Derselbe zeigt seinen Amtsantritt den beim Staatsoberhaupt be glaubigten fremden, sowie den unter ihm stehenden Landesgesandten an und giebt ebenso, wenn er von seinem Posten zurücktritt, Beiden davon Kenntniß.

§ 171.

Verkehr des Gesandten mit dem auswärtigen Minister des Empfangs. Staates.

Der Verkehr des Ministers mit dem Ersteren ist ein mündlicher und ein schriftlicher. Der mündliche betrifft sowohl die Beziehungen der beiderseitigen Staaten im Allgemeinen, als besondere zwischen denselben schwebende Angelegenheiten, welche den Gegenstand von Unterhandlungen bilden. Wünscht die fremde Regierung ihren Mittheilungen eine be stimmte Form zu geben, so wird der Gesandte beauftragt, diese dem auswärtigen Minister schriftlich zu übermitteln. Dies geschieht auf zweierlei Art. Entweder der Minister des fremden Staates richtet die Mittheilung an den Gesandten selbst mit dem Auftrag, dieselbe dem Minister des Staates, wo er beglaubigt ist, vorzulesen und gewöhnlich auch demselben Abschrift davon zu hinterlassen. (Depeschen im engeren Sinne, dépêches ostensibles.) Ein Minister kann verweigern, sich mit dem blosen Vorlesen zu begnügen, wie Canning 1825 dies that, als der Russische Gesandte, Graf Lieven, ihm eine lange Depesche über die Englische Anerkennung der Unabhängigkeit der Spanischen Colonieen nur vorlesen wollte, indem er bemerkte, daß er ohne Abschrift nicht be urtheilen könne, ob darin Dinge enthalten, welche er zurückweisen müsse. Der Minister, welcher eine derartige Mittheilung empfangen, richtet, falls dieselbe eine schriftliche Antwort erfordert, diese in der Regel nicht an den Gesandten, welcher die Depesche übermittelte, sondern an seinen Gesandten bei dem Staate, von dem die Mittheilung ausging, mit der Weisung seinerseits, dem auswärtigen Minister Kenntniß zu geben.

Die andere unmittelbare Form der Mittheilung eines fremden Gesandten an den auswärtigen Minister ist die Note, welche von Ersterem im Auftrag seiner Regierung an den Lezteren gerichtet wird, sie kann wichtige politische Angelegenheiten oder gewöhnliche laufende Geschäfte betreffen, enthält aber immer eine bestimmte Erklärung oder Forderung. Für unwichtigere bloße Mittheilungen, die man gleichwohl schriftlich zu machen wünscht, bedient man sich der sogenannten Verbalnote, in der der Gesandte fich Eingangs nennt, aber die nicht von ihm unterzeichnet wird. Eine be. sonders dringliche Art der Note ist dagegen das Ultimatum, durch welches ein Gesandter das äußerste Maß einer Forderung seiner Regierung bezeichnet und, meist in bestimmter Frist, um eine Antwort ersucht, ob dies von der betreffenden Regierung bewilligt werde oder nicht. Bestehen keine diplomatischen Beziehungen mehr zwischen den beiderseitigen Re.

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