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cité comme exemple contraire aux usages établis." Die Deutsche Bundesversammlung seßte durch Beschluß vom 12. Juli 1817 fest, daß sie nur Deutsch im diplomatischen Verkehr schreiben werde, jedoch mit Beifügung einer Französischen oder Lateinischen Ueberseßung für Solche, die sich zur Erwiderung verstehen würden.

Schon früher hatte England gesucht sich vom Gebrauch des Französischen zu emancipiren. 1800 führte Lord Grenville den seitdem bei behaltenen Brauch ein, mit dem fremden Gesandten in London Englisch zu verkehren. Lord Castleragh schrieb, als er sich im Hauptquartier der verbündeten Mächte befand, an die fremden Souveräne und Minister Englisch. Während seines Ministeriums 1823-26 wies Canning die Britischen Gesandten an, Englisch an die Regierungen zu schreiben, bei denen sie beglaubigt waren, gestattete aber eine Ueberseßung beizulegen; die lettere Ermächtigung aber wurde 1851 zurückgenommen, da die fremden Regierungen sich dann auf den Wortlaut der Uebersetzung be rufen würden, die Actenstücke aber der Vorlage im Parlament unterlägen und daher in der Sprache abgefaßt sein müßten, in der sie mitgetheilt würden. Gleichwohl kann die Englische Diplomatie sich nicht der Noth wendigkeit entziehen, die eigentlichen Verhandlungen meist Französisch_zu führen. Die Nordamerikanische Diplomatie schreibt nicht nur Englisch, sondern versteht auch vielfach keine andere Sprache. Die Päpstliche Curie schreibt noch Lateinisch, die Pforte schreibt amtlich Arabisch, aber giebt eine Ueberseßung bei, früher Lateinisch, so bei den Friedensverträgen von Karlowig (1699), Paffarowiz (1718), Belgrad (1739); der Friede von Kudjuk-Kainardji (1774) wurde Türkisch, Russisch und Italienisch abgefaßt, seit dem Frieden von Sistowo (1791) ist die Uebersehung Französisch.

In allen Verträgen von mehr als zwei Staaten wird in der Gegenwart durchgängig die Französische Sprache gebraucht, so, um nur einige zu nennen: der Pariser Friede von 1856, der Vertrag betreffend das Schwarze Meer von 1871, die Weltpostvereinsverträge von 1874 und 1878, der Berliner Friedensvertrag von 1878. Geschieht dies unter zwei Contrahenten nicht, so wird meistens der Vertrag in ihren beiden Sprachen abgefaßt. Im Zollvereins-Vertrag mit China vom 2. September 1861 Art. 5 ist bemerkt, daß derselbe Deutsch, Chinesisch und Französisch ausgefertigt werden solle, daß aber dans le but d'éviter toute discussion ultérieure et par la raison que la langue française est connue de tous les diplomates en Europe le texte français sera considéré comme le texte original du traité.“ Uebrigens sollen der Gesandte und die Consuln der Deutschen Staaten an die Chinesischen Behörden Deutsch schreiben, bis auf Weiteres soll zwar eine Chinesische Uebersetzung beigelegt werden, aber der deutsche Text maßgebend bleiben. Art. 3 des Vertrages zwischen Japan und Korea vom 28. Februar 1876 bestimmt, daß alle amtlichen Mittheilungen der Regierung des ersteren an die des letzteren in Japanesischer Sprache verfaßt, aber während der

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nächsten zehn Jahren von einer Chinesischen Ueberseßung begleitet sein sollen. Die Regierung von Korea wird sich der Chinesischen Sprache bedienen.

Bei feierlichen Anreden, z. B. Ueberreichung des Beglaubigungsschreibens, spricht der Gesandte in seiner, der Französischen oder der Landessprache, wenn er derselben mächtig ist, und der Souverän ant wortet dem entsprechend.

§ 175.

Congresse und Conferenzen.

von Berner. Heffter, § 240.

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Literatur: Pradier-Fodéré, II ch. 14-15. BI. Staatswörterb. V. S. 662 Bluntschli, 12. Calvo II. 1. 17 sect. II. Martens, I. Ch. I, § 52. W. Zaleski, Die völkerrechtliche Bedeutung der Congresse. 1874. - Droysen, Ein historischer Beitrag zu der Lehre von den Congressen 1869.

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Gewöhnlich finden die Unterhandlungen zwischen zwei Regierungen statt; wenn aber die Vertreter mehrerer Staaten sich versammeln, um Fragen, welche sie sämmtlich betreffen, zu erörtern und zu regeln, so nennt man solche völkerrechtliche Vereinigungen: Conferenzen oder Congresse. Es ist deshalb zu bestreiten, daß es, wie Berner sagt, schon unter zwei Souveränen oder Bevollmächtigten zu einem Congreß kommen könne; wenngleich der Begriff desselben nicht von der Zahl der Theilnehmer abhängt, so sest er doch stets eine Mehrzahl derselben voraus, man nennt niemals die Begegnung und die Berathung zweier Souveräne oder Bevollmächtigter einen Congreß. Anders würde es mit Conferenzen stehen, wenn man sie nach ihrem Wortsinn als blose Berathungen nimmt, herkömmlich aber denkt man, wenn man von Carlsbader (1819), Wiener (1855), Petersburger (1868) Conferenzen spricht, stets an eine Mehrzahl von Theilnehmern. Congresse und Conferenzen sind Organe der internationalen Staatengemeinschaft, welche in ihnen den Ausdruck der Solidarität ihrer Interessen findet. Wie früher die internationale Natur der Kirche sich in den Concilien darstellte, auf denen auch die Staaten ver. treten waren, so versammelt die Politik, seit die Autorität des Kaiser. thums gebrochen war, die Vertreter der Staaten zur Regelung der wichtigen weltlichen Angelegenheiten, welche die Gesammtheit betreffen. Den lezten Versuch, die christliche Staatenwelt zu einer politischen Action zu einigen, machte Pius II. nach der Eroberung von Konstantinopel auf dem Concil zu Mantua 1459; verliefen aber schon damals die Bemühungen, einen Kreuzzug gegen die Türken zu Stande zu bringen, im Sande, so wurde eine solche Einigung vollends aussichtslos, nachdem die Europäische Staatenfamilie durch die Reformation gespalten war. Die Idee eines rein weltlichen Staatencongresses gewann erst festen

Ausdruck, als es sich nach dem 30jährigen Kriege darum handelte, dem festländischen Europa den Frieden wiederzugeben; mit den Congressen von Münster und Osnabrück begann die Reihe der Congresse, in der dann entsprechend den Kämpfen um das Europäische Gleichgewicht, als die wichtigsten zu nennen sind die Congresse der Pyrenäen (1659), von Aachen (1663), von Nimwegen (1676—79), von Ryswyk (1697), Utrecht (1712-13), Soissons (1728), Aachen (1748), Teschen (1779). Schon Hieraus ergiebt sich, daß es unbegründet ist, wenn Heffter sagt: „Das gegenwärtige Jahrhundert hat zuerst das Beispiel von Congressen und Gesammtverhandlungen dabei ergeben, mit dem Zwecke, einen bereits eingetretenen Friedenszustand zu befestigen, weiter auszuführen oder drohende Gefahren abzuwenden, überhaupt über Verhältnisse von allge. meiner Wichtigkeit gemeinschaftliche Beschlüsse zu fassen." Diese Zwecke Find bei allen früheren, vorerwähnten Congressen verfolgt; so sagte Cardinal Fleury in der ersten Sizung des Congresses von Soissons: „Le but qu'on s'y propose est d'aplanir tous les intérêts qui sont en contestation et d'écarter tout ce qui pourrait tendre à une rupture“. Der Wiener Congreß ist unzweifelhaft durch die Größe der Interessen, welche dort zur Entscheidung kamen, der wichtigste seit dem Westfälischen Frieden; indeß wenn auch das dort begründete System Europa lange Ruhe gegeben hat und für einzelne völkerrechtliche Fragen, wie die Flußschiff. fahrt und der Rang der diplomatischen Agenten gemeinsame Grundlagen vereinbart wurden, so erscheint es doch gerade bei der Willkür, mit der man dort in der Vertheilung der Länder und Staaten verfuhr, schwerlich berechtigt mit Sir T. Twiß zu sagen:,,le congrès de Vienne a inauguré une ère nouvelle dans l'histoire du droit public européen en proclamant le principe que les états de l'Europe ont, envers la communauté des états des devoirs auxquels leur intérêts particuliers doivent être subordonnés." Und was die folgenden Congresse von Aachen, Troppau, Laibach und Verona betrifft, so beachten sie nur die nicht zu rechtfertigende Anmaßung der Festländischen Großmächte nach ihrem Gutdünken sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu mischen, weshalb schon gegen das Troppauer Protokoll vom 29. November 1820 England sich verwahrte, weil dies Protokoll die Grundlage eines allgemeinen Systems zu bezwecken scheine" und die Congresse überhaupt in Mißcredit kamen. Wesentlich dies war der Grund, daß seit dem Congreß von Verona (1822), abgesehen von den unfruchtbaren Vereinigungen der Spanisch. Amerikanischen Republiken in Panama (1824) und Lima (1847) nur zwei Europäische Congresse stattgefunden haben, der von Paris (1856) und der von Berlin (1878), welche die frühere und richtigere Idee der Congresse in ihrer internationalen Bestimmung wieder mehr zur Geltung brachten. Ein fester rechtlicher Unterschied zwischen Congressen und Con ferenzen besteht nicht. Die Anwesenheit der Staatsoberhäupter ist es nicht, welche dem Congreß seinen Charakter giebt, denn auf den meisten Congressen des 18. Jahrhunderts, den von Rastadt (1797-1798) ein

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geschlossen, war kein Souverän gegenwärtig, auf denen von Paris und Berlin nur der Souverän, in dessen Hauptstadt sie gehalten wurden. Nicht einmal die Anwesenheit der Premier-Minister oder solcher Bevoll mächtigter, die zum selbstständigen Abschluß von Verträgen ermächtigt find, ist für einen Congreß erforderlich; in Paris waren weder England noch Rußland durch ihre Premier-Minister vertreten, und Lord Clarendon wie Graf Orloff hatten wiederholt die Ermächtigung ihrer Regierungen abzuwarten. Ebenso wenig ist es richtig, daß Conferenzen nur bestimmt find, die Ordnung internationaler Fragen vorzubereiten; hier und da ist dies der Fall, 3. B. bei den Wiener Conferenzen von 1855, durch. gängig aber keineswegs. Die Londoner Conferenzen 1831-1833 haben die Selbstständigkeit Belgiens durchgeführt und die dortige Conferenz von 1871 hat die Frage des Schwarzen Meeres erledigt; die Genfer wie die Petersburger Convention 1864 und 1868 sind von den conferirenden Staaten so gut zum Abschluß gebracht wie die Congo-Acte. Man kann nur im Allgemeinen sagen, daß Congresse zusammentreten, um größere, mannigfaltigere und verwickeltere Fragen zu regeln, nament lich nach einem Kriege, während die Aufgabe von Conferenzen sich meist auf die Ordnung einer Angelegenheit beschränkt, z. B. die Aufhebung des Sundzolles, des Staderzolles, der Scheldezölle, die Beseitigung der Intervention Griechenlands bei dem Candiotischen Aufstand, die Revision des Pariser Vertrags, hinsichtlich des Schwarzen Meeres 1871, die Feststellung internationaler Grundsäße für die Kriegführung in Brüssel 1874, die Donauschifffahrt 1883, die Congo-Acte 1884.

Ganz durchgreifend ist auch dieser Unterschied nicht; so heißt es im Eingang des Welt-Post-Vereins-Vertrages vom 1. Juni 1878:,,Les soussignés plénipotentiaires des Gouvernements des pays ci-dessus énumérés, s'étant réunis en Congrès à Paris" und Art. 19 bestimmt für die Zukunft:,,Des congrès de plénipotentiaires des pays contractants ou de simples conférences administratives, selon l'importance des questions à résoudre sont réunis suivant le cas. Toutefois, un congrès doit avoir lieu, au moins tous les cinq ans."

Was den Zusammentritt von Congressen und Conferenzen betrifft, so kann der Antrag auf Berufung derselben sowohl von einer oder meh. reren der interessirten Mächte als von einer dritten vermittelnden Regierung ausgehen, wie z. B. die der Wiener Conferenzen von 1855 von Desterreich vorgeschlagen ward. Nur souveräne Staaten können an Congressen und Conferenzen theilnehmen, halbsouveräne werden durch ihren Suzerän vertreten, eine Ausnahme findet nur für solche Angelegenheiten statt, in denen die halbsouveränen Länder Autonomie genießen; so haben Ser. bien, Rumänien und Montenegro, ehe ihre Unabhängigkeit durch den Berliner Congreß anerkannt war, und auch der Vasallenstaat Egypten an dem Pariser Welt-Post-Verein von 1878 theilgenommen und den Vertrag vom 1. Juni mitunterzeichnet.

Mit Recht bemerkt Martens (S. 227), daß die Gerechtigkeit die

Zulassung jedes betheiligten Staates zu den Berathungen fordert, und tadelt es als Verlegung dieses Grundsages, daß bei der Candiotischen Conferenz 1869 Griechenland nicht vertreten war. Noch weniger zu rechtfertigen war es, daß 1876-1877 Bevollmächtigte der Großmächte in der eignen Hauptstadt der Türkei ohne Betheiligung derselben zu sammen traten, um über innere Reformen in Bulgarien, Bosnien und der Herzegowina zu berathschlagen, welche noch dazu durch Art. 9 des Pariser Friedens als ausschließlich innere Angelegenheit der Pforte er klärt waren. Den Berliner Congreß trifft dieser Tadel nicht, da Ru mänien, Serbien und Montenegro damals noch nicht souverän waren und Griechenland nicht unmittelbar betheiligt war. Dagegen war es eine augenscheinliche Verlegung dieses Grundsaßes, daß die Londoner Donau Conferenz von 1883 den souveränen Uferstaat Rumänien nicht als gleich. berechtigten Theilnehmer zuließ. Da Rumänien der abgeschlossene Ver. trag nicht aufgenöthigt werden konnte, war derselbe von vornherein todt geboren.

Der Vereinigung der Bevollmächtigten voraus geht die Feststellung des Gegenstandes der Berathungen durch Notenaustausch oder Präliminarien; ohne eine solche Grundlage läßt sich keine Verständigung er warten: erst durch die Annahme der von den Westmächten und Dester. reich vereinbarten 5 Punkte seitens Rußlands wurde der Pariser Congreß möglich, erst durch den Abschluß des vorläufigen Abkommens zwischen England und Rußland vom 5. Mai 1878 konnte der Berliner Congreß mit Aussicht auf Verständigung zusammentreten. Dagegen scheiterte der Plan Napoleons III., alle Europäischen Mächte 1863 zu einem allgemeinen Congreß zu vereinigen, um alle schwebenden Fragen zu lösen, an der Unbestimmtheit dieses Programms, ebenso wie 1864 die Londoner Conferenz über Schleswig-Holstein, welche ohne vorgängige Feststellung einer Grundlage ihrer Berathungen zusammentrat.

Nächst der Einigung über Programm und Theilnehmer der Berathung erfolgt die über den Ort, wo dieselbe stattfinden soll. Die Wahl desselben ist nicht ohne Bedeutung, insofern der Ort der Be rathungen einem der Mitglieder ein natürliches Uebergewicht geben kann. Es war nicht ohne politisches Gewicht für Desterreich, Frankreich und Deutschland, daß die Congresse von Wien, Paris und Berlin in ihren Hauptstädten gehalten wurden. Ist darüber eine Entscheidung getroffen, so treten die Bevollmächtigten an einem bestimmten Tage zusammen, je nach der Wichtigkeit des Gegenstandes ist jede Regierung durch einen oder mehrere Minister, Gesandte oder Commissare vertreten. Die Ver. sammlung wählt zuerst einen Vorsitzenden, was sowohl durch die Bedeu tung der betreffenden Persönlichkeit und des Staates, den sie vertritt, als auch deshalb wichtig ist, weil der Vorsißende die Leitung der Debatte hat, das Wort ertheilt, die Fragen stellt, die Ergebnisse der Berathungen zusammenfaßt und vermittelnden Einfluß übt. Herkömmlich wird der erste Vertreter desjenigen Staates ernannt, auf dessen Gebiet die Ver

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