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die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande und dazu eine Instruction vom 1. März 1871, eine Verordnung vom 6. December 1877 betreffend die Thätigkeit der Consuln in Verlassenschaftssachen und ein Gesetz über das Paßwesen vom 12. October 1867 und über die Schiffsmeldungen bei den Consuln vom 25. März 1880 (s. dieselben und andere Geseze und Verordnungen des Deutschen Reichs bei Zorn, Die Consulargeschgebung des Deutschen Reichs. Berlin 1884).

II. Functionen der Consuln in muselmännischen Staaten.

Literatur: König, Handbuch des Consularwesens.

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Franz Hagens, Von der Egyptischen Justizreform. Köln, 1883. Miltig, Manuel des Consuls. De Cussy, Règlements Consulaires. Leipzig 1851. Gavillot, Les Capitulations et la réforme judiciaire. Paris 1875. Arntz, Précis méthodique des Règlements consulaires. Brüssel 1876. P. van Bemmelen (Pseudonym Boutros), L'Egypte et l'Europé

par un ancien juge mixte. Leyden, 1. Theil 1881, 2. Theil 1884. Holland, The European Concert in the eastern question. A collection of treaties and other public acts. Oxford 1885.

§ 208.

1. In der Türkei.

Unter den Functionen der Consuln im Orient ist die hauptsächlichst in den Capitulationen, Verträgen und vereinbarten Artikeln der Türkei und in den Confirmationen, Befehlen und Privilegiumsertheilungen des Sultans erwähnte und von den Functionen der Consuln in christlichen Ländern abweichende: die der Jurisdiction. Der Consul hat sie nicht blos zu üben, sondern auch bei der von den Türkischen Gerichten hinsichtlich ihrer Nationalen geübten, ja selbst wenn es sich nur um Vernehmung dieser vor jenen handelt, zugegen zu sein. Die Jurisdiction der Consuln erstreckt sich auf Civil- und Criminalsachen, die nebenher. gehende außergerichtliche Wirksamkeit aber auf den Nachlaß ihrer in der Türkei verstorbenen Nationalen und auf Schiffbrüche von Schiffen derselben im Wassergebiet der Türkei. Ueberhaupt aber sind der Competenz des Consuls nicht blos die Angehörigen seines Staates, sondern sonst unter seinen Schutz gestellte Angehörige anderer Staaten unterworfen, nur darf seine Protection sich nie auf Angehörige der Türkei erstrecken.

Im Einzelnen enthalten die Verträge folgende Bestimmungen: Der Consul hat nicht blos das Recht über Civilsachen zwischen seinen Nationalen, vorzugsweise zwischen Kaufleuten oder Negocianten, sondern auch über Criminalsachen zwischen denselben in Gemäßheit des Handbuch des Völkerrechts III.

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nationalen Glaubens, oder Gesezes, oder der Gebräuche und Gewohn heiten, oder nach Gewissen zu „hören und urtheilen". In Civil- und Criminalsachen zwischen den fremden Nationalen und Türkischen Unterthanen, welche der Entscheidung Türkischer Richter und Beamten unterliegen, darf aber von den ersteren keiner gehört, noch abgeurtheilt werden außer in Gegenwart des resp. Consuls oder Dolmetschers. Ein Proceß eines Türken gegen einen fremden Nationalen, welcher 4000 Aspren übersteigt, gehört aber vor die Pforte oder den Diwan.

(Türk. Franz. Vertrag von 1553 Art. 3-5, vom 18. October 1569 (Miltitz II. II. 102) Art. 12, vom 6. Juli 1581 (ibid. 106) Art. 17 und 16, vom 29. Mai 1604 (ibid. 111) Art. 18 und 34, vom 5. Juni 1673 (ibid. 117) Art. 12, vom 28. Mai 1740 (ibid. 119) Art. 15. 16. 26. 41, Niederl. vom Juli 1612 (ibid. 949) Art. 11 und 38, Engl. vom September 1675 Art. 16. 15, -Schwed. vom 10. Januar 1737 Art. 6 und 8, -Dän. vom 14. October 1756 Art. 10; Preuß. vom 22. März 1761 Art. 5, Span. vom 14. Sep. tember 1782 Art. 5, Russ. vom 21. Juni 1783 Art. 63. 64. 66. 72, Cardin. vom 25. October 1825 Art. 8 und 9.) Nach dem für die Consularattribute aller Länder, mit welchen die Türkei pactirte, sehr maßgebenden Vertrage von 1740 Art. 52 kann in Streitigkeiten von Consuln und Negocianten mit Consuln und Negocianten einer anderen Nation mit Zustimmung und auf Ersuchen der Parteien entweder bei dem bei der Pforte residirenden resp. Gesandten geklagt werden oder vor Türkischen Beamten oder Richtern.

Im Fall einer durch einen Türkischen Beamten oder durch die Parteien veranlaßten Revision entschiedener Streitigkeiten zwischen fremden Nationalen kann ein Befehl der Pforte dazu nur dann ergehen, nachdem der resp. Gesandte der Nationalen genaue Information über das Factische vom Consul eingeholt hatte, während der Proceß selbst bei der Pforte geführt und entschieden merden muß.

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(Türk. Franz. Vertrag von 1740 Art. 71, Türk.-Russ. von 1783 Art. 68.)

Der Nachlaß eines ohne Testament verstorbenen fremden Nationalen wird entweder dessen Compagnon oder einem seiner Landsleute oder in Ermangelung derselben auch sofort dem Consul zur Ausantwortung an die Erben ausgereicht. Jst keine von den genannten Personen vorhanden, so ist der Richter gehalten, auf Grund der Geseze die durch den Verstorbenen hinterlassenen Güter zu specificiren, ein Inventar derselben aufzunehmen und sie sicheren Händen anzuvertrauen, bis der resp. Gesandte eine Person ernannt hat, um sie zu empfangen, welcher dann, ohne daß der Richter irgend einen Anspruch erheben darf, der gesammte Nachlaß zu übergeben ist.

Verträge: Türk.-Franz. von 1553 Art. 9, von 1569 Art. 5, von 1581 Art. 9, von 1604 Art. 28, von 1740 Art. 22, Niederl. von 1612 Art. 30, Schwed. von 1737 Art. 9, Dän. von 1756 Art. 13,

Span. von 1782 Art. 4, Russ. vom 21. Juni 1783 Art. 8, Großbrit. vom 5. Januar 1809 Art. 20, Sard. von 1825 Art. 7.)

Bei Schiffbrüchen von Schiffen seiner Nationalen in Türkischen Gewässern oder im Türkischen Jurisdictionsbezirk hat der resp. Consul alles Gerettete zu empfangen, um es den Eigenthümern auszuliefern.

(Türk.-Franz. Vertrag von 1553 Art. 15, Dän. von 1756 Art. 2, Preuß. von 1761 Art. 1, Span. von 1782 Art. 8.)

Dem Consul steht die Ausstellung von Pässen für seine Nationalen und Schußbefohlenen in der Türkei zu.

(Türk.-Franz. Vertrag von 1740 Art. 63.)

Andererseits darf der Consul keinem Unterthan der Türkei oder einer von dieser abhängigen Person einen Paß, ohne Genehmigung der Pforte, ausreichen.

(Vertrag der Türkei mit Großbrit. vom 5. Januar 1809 [M. N. R. I. 160] Art. 10).

Der Berliner Vertrag vom 1./13. Juni 1878 zwischen der Türkei und den Europäischen Großmächten vereinbart im Art. 52, daß den Consuln der Mächte in der Türkei das Recht offi cieller Protection zuerkannt ist, sowohl rücksichtlich der Geistlichen, Pilger und Mönche, als auch rücksichtlich deren Religions, Wohlthätigkeits- und anderen Anstalten an den heiligen Orten und anderweitig.

§ 209.

Geseze, Verordnungen und Instructionen Europäischer Staaten für deren Consuln im Orient.

Von Gesezgebungsacten einzelner Europäischer Staaten über Functionen ihrer Consuln im Orient sind die folgender Länder anzuführen.

a. Deutsches Reich.

Instruction, betreffend die Ertheilung des von den deutschen Consularbehörden zu gewährenden Schußes im Türkischen Reich, mit Einschluß von Egypten, Rumänien und Serbien, sowie in China und Japan vom 1. Mai 1872 (König, S. 470 ff.). Die Schußgenossen zerfallen in: a) Reichsangehörige, b) Angehörige solcher Staaten, welchen der Schuß der Deutschen Consularbehörden für ihre Nationalen zugesagt ist, c) Personen, welche, ohne ein bestimmtes Anrecht auf den Deutschen. Schuß zu haben, denselben vergünstigungsweise erhalten (de facto Unterthanen); Gesez vom 7. Juni 1880 und Verordnung vom 23. December 1880 betreffend die Consulargerichtsbarkeit in Bosnien und der Herzegowina (Reichs.Gesez-Blatt 146 und 192); vermittelst der lezteren wurde laut § 1 die dem Consul des Deutschen Reichs

zustehende Gerichtsbarkeit vom 1. Januar 1881 außer llebung gesezt, so daß die Deutschen Reichsangehörigen und Schußgenossen in diesen Ländern der Gerichtsbarkeit der in diesen Ländern von Desterreich ein. gesezten Gerichte unterliegen.

b. Frankreich.

Königliche Verordnung vom 28. Mai 1836, betreffend die Repression der Uebertretungen, Delicte und Verbrechen, welche durch Franzosen in der Levante und Berberei begangen wurden. (de Cussy 236.)

c. Großbritannien.

Ordre in Council vom Juni 1844 über die Criminaljurisdiction der Englischen Consuln in den Ottomannischen Staaten. (M. N. R. G. VII. 132.)

d. Belgien.

Gesetz vom 31. December 1851 über die Organisation der Belgischen Consularjurisdiction. Der zweite Titel Art. 22-138 handelt nur von derselben in nichtchristlichen Ländern, besonders von der in Türkischen Ländern. (Arnz S. 36.)

e. Niederlande.

Instruction der General-Staaten für die Consuln der Niederländischen Nation in den Barbaresken-Staaten vom 29. November 1786 (M. R. 2 IV. 185). An demselben Tage waren Instructionen derselben Staaten für die Consuln von allen Pläßen Spaniens, Frankreichs und Italiens und des Mittelmeeres überhaupt ergangen (ibid. 182), beide beziehen sich meist auf die Geschäftsführung der Consuln und berühren nicht deren Jurisdiction. Wohl aber ist solche berücksichtigt, indeß nur als vermittelnde oder gütlich ausgleichende in den Art. 9 und 10 des Reglements für Consuln in allen Handelsstädten vom 15. October 1807, indeß bezieht auch diese sich nur auf Streitigkeiten Holländischer Negocianten, Capitäne und Matrosen mit einander und wahrt der Art. 33 für Consuln in der Türkei und den Barbaresken-Staaten bis zum Erlaß einer allgemeinen und definitiven Instruction die Fortdauer der früheren. Art. 8 und 9 des Reglements vom 3. April 1818 haben ähnlichen Inhalt wie Art. 9 und 10 des Reglements von 1809.

§ 210.

Einschränkung der Consulargerichtsbarkeit in Egypten.

Der Khedive regte im August 1867 durch Vorlage eines Planes einer Organisation für die Gerichtsbarkeit über die Fremden in Egypten

an die Europäischen Großmächte und die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika eine Einschränkung der Consulargerichtsbarkeit an. Nachdem der Entwurf von Delegirten dieser Mächte geprüft worden, ver einbarten zunächst die Pforte und der Khedive ein erstes Project einer selbstständigen gerichtlichen Organisation für die gemischten Processse im April 1870 (M. R. II. Sér. II. 587) und sodann der Khedive und Frankreich ein zweites im Mai 1870 (ibid. 589). Nach wiederholten Berathungen durch die Vertreter der Mächte (ibid. 593 und 659) wurde am 16. September 1875 ein definitives Reglement (ibid. 680) publicirt. Der Reform traten unter verschiedenen Reserven bei die Niederländische Regierung am 22. Mai 1874 (ibid. IV. 351), die Französische am 10. November 1874 (ibid. II. 690), die Italienische am 23. Januar 1875 (ibid. 692), die Deutsche am 5. Mai 1875 (ibid. 692), die Desterreichische am 28. Mai 1875 (ibid. 695), die Großbritannische am 31. Juli 1875 (ibid. 697) und die Russische am 9. October 1875 (ibid. 698). Für den Beitritt anderer Staaten fehlt uns der urkundenmäßige Nachweis. Es traten bei außer den genannten Staaten Belgien, Dänemark, Spanien, Griechenland, Portugal, Schweden und Norwegen und die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Holland giebt in seinem Werk (f. o. § 202) nur die Erklärungen Frankreichs, des Deutschen Reichs und Großbritanniens (5. S. 141-146) und macht nur die übrigen beitretenden Staaten (S. 103) namhaft.

Nach dem Reglement werden für die Civil- und commercielle Juris. diction drei Gerichte erster Instanz an drei verschiedenen Orten und ein Appellhof in der Hauptstadt errichtet. Die ersteren bestehen aus je sieben Richtern: vier Fremden und drei Eingeborenen, der lettere aus elf Richtern: sieben Fremden und vier Eingeborenen. Für Handelssachen werden. von jedem Gericht erster Instanz je zwei Negocianten zugezogen, von welchen einer ein Fremder, einer ein Eingeborner ist. Die Ernennung und Auswahl der Richter gebühren zwar der Egyptischen Regierung, indeß hat diese sich an die Justizminister derjenigen Staaten zu wenden, welche sich an der Organisation dieser internationalen Institutionen be= theiligen, und nur solche Personen zu bestellen, welche von ihrem Staat entlassen sind und die Genehmigung zur Annahme dieser Richterstellen von demselben erhalten haben.

Uebertretungen (contraventions) der Fremden richtet ein Mitglied des Gerichtes aus den fremden Richtern, Delicte und Verbrechen eine Conseilkammer aus drei Richtern, von welchen zwei Fremde und einer ein Eingeborener, und aus vier Beisißern, welche sämmtlich Fremde sind. Von gleicher Zusammenseßung ist das Zuchtpolizeigericht. Der Assisenhof besteht aber aus drei Räthen, von welchen zwei Fremde sind, einer ein Eingeborener, während die zwölf Geschworenen sämmtlich Fremde sind.

Die Gerichte für Civilsachen sind allein berechtigt in Civil- und Handelssachen zwischen Fremden und Eingeborenen und zwischen Fremden. verschiedener Nationalität zu entscheiden. Statusfragen bleiben der

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