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sowohl in seinem Staatsrecht wie auf S. 509, 1900 dieser Zeitung die Rechtsgültigkeit der Eisenbahnverkehrsordnung verneint, haben Veranlassung gegeben, dafs man von den verschiedensten Seiten die Rechtsgültigkeit zu erweisen suchte;1) dagegen ist ein Grund bisher nicht ins Auge gefafst worden, der es rechtfertigt, neuerdings die Materie zu erörtern.

Auf Grund des 7. Abschnittes des 3. Buches des HGB. gelangt man nämlich zu nachstehenden Folgerungen:

1. Die Eisenbahnverkehrsordnung ist nicht Vertrag, sondern Rechtsnorm. Dies geht aus § 471 HGB. hervor, wo die, Eisenbahnverkehrsordnung" den „Verträgen" gegenübergestellt, von diesen also unterschieden wird.

2. Der Erlafs dieser Rechtsnorm ist Sache des Reiches. Denn die Eisenbahnverkehrsordnung soll das HGB. ergänzen,2) sie soll mithin wie dieses Privatrechtssätze aufstellen; solche Privatrechtssätze kann aber, nachdem das Reich von der ihm nach Art. 4 Z. 13 der Reichsverf. zustehenden Befugnis, das bürgerliche Recht zu regeln, Gebrauch gemacht hat, nur noch das Reich geben, sofern nicht reichsgesetzlich etwas anderes bestimmt wird. Das gilt auch für Bayern; denn die Bestimmung im Art. 46 Abs. 2 der Reichsverf, welche den Art. 45 daselbst für Bayern für nicht anwendbar erklärt, bezieht sich auf die Betriebsreglements in der rechtlichen Bedeutung, welche sie zur Zeit der Abfassung der RVerf. hatten"3), und betrifft deshalb nicht das bürgerliche Recht und auch nicht die Eisenbahn VerkO., insoweit sie eine Ergänzung des HGB. bildet. In diesem Umfange kann daher die EisenbVerkO. nur vom Reiche erlassen werden.

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3. Der Erlafs der Eisenbahnverkehrsordnung von seiten des Reichs soll nicht im Wege der Reichsgesetzgebung erfolgen. Der Wille des Gesetzes hat einen unzweideutigen Ausdruck in § 471 HGB. gefunden. In § 471 Abs. 1 wird vorgeschrieben, dafs gewisse Bestimmungen des HGB. nicht durch die EisenbVerkO. ausgeschlossen oder beschränkt werden können, und § 471 Abs. 2 Satz 1 besagt, dafs dieser Vorschrift zuwiderlaufende Bestimmungen nichtig sind. Diese Vorschriften wären nichtssagend, wenn die EisenbVerkO. im Wege der Gesetzgebung erlassen werden sollte; denn die EisenbVerkO. als Reichsgesetz könnte sich über die Vorschriften eines anderen Reichs. gesetzes, hier des HGB., hinwegsetzen; ein Reichsgesetz kann nicht durch ein anderes Reichsgesetz beschränkt werden. Wäre die EisenbVerkO. im Wege der Reichsgesetzgebung erlassen, und hätte sie dem § 471 HGB. widersprechende Bestimmungen getroffen, so wären diese Bestimmungen trotz § 471 HGB. gültig, da ein Reichsgesetz das andere abändern kann. Hätte das HGB. an eine durch Reichsgesetz zu erlassende Verkehrsordnung gedacht, so könnte es also in § 471 Abs. 2 Satz 1 nicht die Nichtigkeit widersprechender Bestimmungen anordnen. Die Vorschrift des § 471 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 HGB. erscheint nur dann angebracht, wenn man davon ausgeht, dafs die EisenbVerkO. nicht durch Gesetz, sondern von einem Organ erlassen werden sollte, das der Reichsgesetzgebung untergeordnet ist und deshalb die von dieser angeordneten Beschränkungen innezuhalten hat. Aus § 471 HGB. ist somit zu folgern, dass die EisenbVerkO. nicht in Gesetzesform erlassen werden sollte, sondern in der Form der Verordnung.

4. Das zum Erlasse der Eisenbahnverkehrsordnung befugte Organ kann nur der Bundesrat sein. Eine Rechtsnorm, die nicht im Wege der Reichsgesetzgebung gegeben

1) Eine Zusammenstellung dieser Versuche vgl. bei Laband, Staatsrecht 4. Aufl. Bd. III S. 123 Note 4.

2) Vgl. §§ 453, 454, 459, 450, 462-466, 472 HGB.
3) Vgl. Laband Bd. III S. 122.

Auch

werden soll, gleichwohl aber von Reichs wegen, kann, wenn kein anderes Organ bestimmt ist, nur von demjenigen Organ erlassen werden, das die Souveränität des Reiches repräsentiert: dem Bundesrat, dem „Gesetzgebungsorgan des Reiches", wie ihn Laband Bd. I S. 232 nennt. Laband ist damit einverstanden, „dafs, wenn der Erlafs von Rechtsvorschriften im Verordnungswege gestattet ist und dieser Fall liegt hier vor, in Ermangelung einer anderweitigen Anordnung der Bundesrat das hierzu kompetente Organ ist“.

Wenn sonach das HGB. auch nicht ausdrücklich den Bundesrat delegiert, so ergibt sich dessen Zuständigkeit doch aus seinem allgemeinen staatsrechtlichen Charakter in Verbindung mit dem aus dem HGB. zu entnehmenden Merkmale der EisenbVerkO. als einer von Reichs wegen, nicht auf dem Gesetzgebungswege zu erlassenden Rechtsnorm oder als einer „Reichsverordnung."

Freilich gilt das alles zunächst nur von der Eisenb.VerkO., insofern sie Privatrechtsnormen enthält; denn nur mit diesen hat es das HGB. zu tun. Jedoch abgesehen davon, dafs der gröfste Teil der Verkehrsordnung aus Privatrechtssätzen besteht, dürfte nicht zu bezweifeln sein, dafs eine Zweiteilung der EisenbVerkO. nicht im Sinne des HGB. lag. Indem letzteres eine EisenbVerkO. als ergänzende Rechtsnorm heranzog, hatte es eine Eisenb.VerkO. im Auge, wie sie sich historisch entwickelt hatte und zur Zeit bestand, in der also Privatrechtssätze und Betriebsvorschriften vermengt waren. Wenn daher, wie wir sehen, die vom HGB. vorgesehene EisenbVerkO. nur vom Bundesrat erlassen werden sollte, so gilt das für die ganze einheitliche Verkehrsordnung ohne Unterschied, ob sie Privat- oder öffentliches Recht behandelt, wobei nur das eine zu beachten ist, dafs diese auf Grund des HGB. vom Bundesrat erlassene Verkehrsordnung, insoweit sie Betriebsvorschriften enthält, für Bayern gemäfs Art. 46 Abs. 2 der RVerf. keine Geltung hat. Die vom Bundesrat gegebene EisenbVerkO. v. 26. Okt. 1899 ist hiernach ihrem ganzen Umfange nach rechtsgültig; dafs sie sich selbst auf Art. 45 RVerf., nicht auf das HGB. stützt, schadet ihrer Rechtsgültigkeit nicht, da, wie auch Laband Bd. II S. 89 Note 1 annimmt, die Angabe der Gesetzes bestimmung, auf Grund deren eine Reichsverordnung erlassen wird, keine wesentliche Form ist.

Gerichtsassessor Dr. Mode, Potsdam.

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Für die Redaktion verantwortlich: Otto Liebmann.

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Verlag von Otto Liebmann. Sämtlich in Berlin.

Druck von Pass & Garleb.

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(Nachdruck der Entscheidungen nur mit genauer, unverkürzter Quellenangabe gestattet.) I. Reichsgericht.

1. Zivilsachen.

Mitget. v. Justizrat Boyens, Rechtsanwalt b. Reichsgericht, Leipzig.

88. (Bedeutung der Feststellung einer Forderung im Konkurse, insbesondere gegenüber anderen Prätendenten der gleichen Forderung. §§ 141 ff. Konk Ordn.) In einem Konkurse meldeten zwei Eheleute, je in besonderer Anmeldung, die materiell gleiche Forderung aus Darlehen zum Konkurse an. Der Konkursverwalter hatte im Prüfungstermin den Anspruch des Mannes anerkannt, den der Ehefrau bestritten. Gegen die Feststellungsklage der Ehefrau, die behauptet, dafs die Darlehen von ihr oder aus ihrem Vermögen gegeben seien, wendet der Konkursverwalter ein, dafs durch die Feststellung des von dem Ehemann angemeldeten Anspruchs rechtskräftig für das Konkursverfahren auch der Ehefrau gegenüber feststehe, dafs der Anspruch dem Ehemann zustehe und eine zweimalige Berücksichtigung derselben Forderung im Konkurse unzulässig sei. Die Vorinstanz hat, gestützt auf das Urteil des I. Senats v. 14. Dez. 1895 (Entsch. Bd. 37 S. 1 ff.), den Einwand für begründet erachtet und die Klage abgewiesen. RG. VI. Senat hebt auf: Der in dem erwähnten Urteil des I. Senats vertretenen Meinung könne nicht beigetreten werden. Es sei Sache des Konkursverwalters, die von mehreren Prätendenten angemeldete Forderung dem gegenüber anzuerkennen, dem sie in Wahrheit zustehe. Wenn er sich irre und die Forderung des nicht Berechtigten anerkenne, SO könne dies dem Berechtigten nicht präjudizieren. Es sei dies nicht daraus herzuleiten, dafs letzterer es selbst unterlassen habe, der Forderung des anderen Prätendenten im Prüfungstermin zu widersprechen, diese deshalb nach § 145 Abs. 2 KO. auch ihm gegenüber als rechtskräftig festgestellt gelte. Daraus folge nicht, dafs er sich seine Ausschliefsung aus der Konkursmasse gefallen lassen müsse. Den einzelnen Konkursgläubigern sei nur das Recht eingeräumt, zur Verhinderung unberechtigter Schmälerung ihrer eigenen Konkurs dividende der Zulassung von Forderungen, die sie für unbegründet halten, zu widersprechen; sie handeln hier in eigenem Namen und in ihrem Interesse, nicht zur Wahrung ordnungsmäfsiger Verteilung der Masse überhaupt oder auch nur für die übrigen Konkursgläubiger. Dafs nach § 147 KO. ein Urteil, das über den Widerspruch eines einzelnen Gläubigers entscheidet, zugleich gegenüber allen anderen Konkursgläubigern wirkt, beruhe nur auf der Unmöglichkeit, einem Gläubiger gegenüber einen oder mehrere andere an der Verhandlung teilnehmen zu lassen, gegenüber andern ihn aber auszuschliefsen. Aus dem beschränkten Zweck des Widerspruchsrechts sei zu folgern, dafs auch der Nichtausübung desselben keine weitere Bedeutung beizumessen sei, als die Zustimmung dazu, dass die von dem Gläubiger nicht bestrittenen Forderungen an der Verteilung der Masse teilnehmen und dadurch seine eigene Ausfallquote beeinflusst werde. Dem entsprechend sei auch der urteilsmässigen Bedeutung der Eintragung einer Forderung als einer festgestellten in die Tabelle keine weitere Tragweite beizumessen, als dafs diese Forderung an der Verteilung teilnehme. Die entgegengesetzte Ansicht würde jeden einzelnen Gläubiger nötigen, um der möglichen Präklusion seines angemeldeten Anspruchs vorzubeugen, eine Prüfung sämtlicher Anmeldungen und deren Begründung vorzunehmen; sie führe also auch zu einem unpraktischen Resultate. Die Anrufung des Plenums sei nicht erforderlich, da die abweichende Meinung des ersten Senats nicht dezisiv gewesen sei. (Urt. VI. 309/03 v. 4. Juli 1904.)

89. (Verstöfst das Abkaufen eines Bieters bei einer Zwangsversteigerung zu dem Zweck der Schädigung von Hypothekengläubigern gegen

IX. Jahrgang.

die guten Sitten? § 826 BGB.) Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks in Bayern fielen mehrere Hypotheken, darunter die des Klägers, aus, weil der Ersteher (Beklagter) einen nach diesen Hypotheken rangierenden Hypothekengläubiger, der entschlossen war, seine Hypothek auszubieten, durch eine Abfindung von 3500 M. von dem Weiterbieten abgehalten hatte. Kläger behauptet, dafs Bekl. dies Abkommen mit der Absicht oder doch mit dem Bewusstsein, ihn zu schädigen, getroffen habe, da ihm bekannt war, dafs Kläger selbst aufserstande gewesen sei, seine Hypothek durch Mitbieten zu verteidigen. Er findet hierin einen Verstofs gegen die guten Sitten und erhebt Anspruch gegen den Bekl. auf Ersatz seines Ausfalls. Die Vorinstanz hat abgewiesen. RG. hebt auf und entscheidet, dafs ein Verstofs gegen die guten Sitten vorliegen werde, wenn die Behauptungen des Kl. wahr seien. Von keiner Bedeutung sei, dass man bei der Beratung des jetzigen Reichs-Strafgesetzbuchs davon Abstand genommen habe, in dieses eine dem § 270 des preufsischen Strafgesetzbuchs entsprechende Strafvorschrift aufzunehmen. Habe man eine Bestrafung nach den jetzigen Verkehrsverhältnissen nicht für angebracht erachtet, so beweise das nicht, dafs man derartige Verträge nicht als unsittlich angesehen habe. Ob ein Vertrag den guten Sitten widerstreite, könne für die verschiedenen Beteiligten verschieden zu beantworten sein, wie der Senat schon in einem Fall angenommen, wo es sich um sogen. Schweigegeld bei einer strafbaren Handlung handelte (Urt. v. 30. Mai 1904, abgedruckt Jur. Wochenschr. 1904 S. 404). Handle es sich hier um Beurteilung der Handlungsweise des beklagten Erstehers, so komme in Betracht, dafs auch unter dem alten Recht in den Staaten, wo nicht, wie in Preufsen, ausdrückliche Verbote bestanden, mehrfach angenommen wurde, dafs es der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufe und als unsittlich zu verwerfen sei, wenn jemand seines Vorteils halber, um einen zu öffentlicher Versteigerung stehenden Gegenstand billiger erwerben zu können, andere vom Mitbieten abhalte. Auf der anderen Seite sei in Literatur und Judikatur, insbesondere vom RG. für das gemeine Recht angenommen, dafs derartige pacta nicht immer und prinzipiell als sittlich verwerflich zu erachten seien, vielmehr nur dann, wenn die besondere Beschaffenheit des Falles den Vertrag zu einem unsittlichen stemple. Auch wenn man nur der letzteren Ansicht folge, sei vorliegend die Handlungsweise des Beklagten als eine gegen die guten Sitten verstofsende anzusehen. (Urt. VI. 514/03 v. 11. Juli 1904.)

90. (Kann die Haftung für Tierschäden durch einen Vertrag, durch welchen dem Beschädigten Aufsicht und Gewalt über das Tier anvertraut wird, als ausgeschlossen gelten? § 833 BGB.) Kläger, gewerbsmäfsiger Trainer von Rennpferden, übernahm im Februar 1902 die Wartung, Pflege und das Trainieren eines dem verklagten Rennstallbesitzer gehörigen Pferdes. Als er mit dem vor einem Trainerwagen gespannten Pferd fuhr, wurde dieses schen und ging durch, Kläger wurde aus dem Wagen geschleudert und verletzt, Wagen und Geschirr wurden beschädigt. Kläger klagt auf Grund des § 833 BGB. seinen Schaden gegen den Beklagten ein. Dieser wendet ein, dafs die Haftung durch den gedachten Vertrag als ausgeschlossen anzusehen sei. Vorinstanz verurteilt, gestützt auf die reichsgerichtliche Entscheidung Bd. 50 S. 249 ff., wonach der Kutscher gegen seinen Herrn den Anspruch aus § 833 BGB. geltend machen könne, wenn ihn das Pferd unter seiner Obhut beschädige. RG. hebt auf und weist in die Vorinstanz zurück. Ob und inwieweit die gesetzliche Haftung aus § 833 BGB. ausgeschlossen sei, wenn sich jemand vertragsmässig verpflichtet habe, gewisse. Verrichtungen an oder mit dem Tier vorzunehmen, und bei diesen Verrichtungen verletzt

Der

werde, sei nach dem Inhalt des Vertrages zu beurteilen. Wenn ein Kutscher während seiner Dienstverrichtung von einem Pferd verletzt werde, ohne dafs ihn oder den Herrn ein Verschulden treffe, stehe die eingetretene Beschädigung aufserhalb der kontraktlichen Beziehungen. Kutscher (oder der Knecht) nehme dem Tier gegenüber eine unselbständige Stellung ein, er habe das Tier nicht unter seiner allein mafsgebenden Herrschaft, unterstehe der Aufsicht des Herrn, müsse dessen Anweisungen befolgen und sei nur zu einzelnen Dienstleistungen an und auf dem Pferde verpflichtet. Anders sei die Stellung des Trainers, dessen Leistungen einen bestimmten Zweck, das -Abrichten des Pferdes, verfolgen. Wie er diesen Zweck erreiche, sei seinem Ermessen und seiner Erfahrung überlassen; er bekomme das Pferd in seine Gewalt, dasselbe sei dem Einfluss des Tierhalters entzogen. Die gröfsere Gefahr gebe einen Anhalt für die Annahme, dafs es in der Absicht der Vertragschliefsenden gelegen habe, eine Haftung des Tierhalters für die Gefahren auszuschliefsen, denen der Kläger bei Erfüllung seines Vertrages ausgesetzt sei. Die Gleichstellung des Trainers und des Kutschers sei daher rechtsirrig. Mit Unrecht sei um so mehr der erbotene Nachweis, dafs nach der Verkehrssitte der Trainer die Gefahr trage, abgelehnt. (Urt. VI. 199/04 v. 13. Juli 1904.) 91. (Treu und Glauben verbieten, aus eigenem Verschulden Fahrlässigkeit - zum Nachteil eines anderen Vorteile herzuleiten. Anwendung bei dem Zugehen einer Willenserklärung, § 130 BGB.) Bekl. hatte der Klägerin ein Vertragsangebot gemacht, die Annahmefrist verstrich am 9. April. Klägerin sandte eine Annahmeerklärung durch eingeschriebenen Brief an Bekl. ab, der erst am 10. April bestellt wurde. Bekl. will daher die Rechtzeitigkeit nicht anerkennen. Vorinstanz verurteilt, weil die Verspätung der Zustellung an den Beklagten zwar nicht arglistig vereitelt, aber doch verschuldet sei. Er mufste damit rechnen, dafs die Kl. ihre Erklärung eingeschrieben senden werde und wissen, dafs nach der Postordnung ein eingeschriebener Brief nur an ein erwachsenes Familienmitglied oder an einen Bevollmächtigten bestellt werden konnte. Solche Personen waren aber zu der erheblichen Zeit in seiner Wohnung nicht anwesend, und nur deshalb ist der Brief verspätet bestellt. RG. weist die Revision zurück. Nach den §§ 162, 815 BGB. gilt eine Bedingung oder ein mit einer Leistung bezweckter Erfolg als eingetreten, wenn der Eintritt wider Treu und Glauben vereitelt ist. Diese Bestimmungen sind nicht Ausnahmevorschriften, sondern Einzelanwendungen des das BGB. beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Ihre entsprechende Anwendung auf Fälle der vorliegenden Art ist daher geboten. Wer nun die Verspätung des Zugehens einer für ihn bestimmten Willenserklärung (fahrlässig) verschuldet hat, hat dadurch freilich nicht gegen Treu und Glauben verstofsen, wohl aber handelt er gegen Treu und Glauben, wenn er aus seinem Verschulden zum Nachteil des anderen einen Vorteil herleiten will. (Urt. V. 48/04 v. 13. Juli 1904.)

2. Strafsachen.

Mitgeteilt von Reichsgerichtsrat Unger, Leipzig.

67. (Eingeschränkte Zurücknahme eines Strafantrags.) Wenn der Antragsteller unzweifelhaft in dem Falle, in welchem eine Druckschrift oder ein sonstiges Schriftstück mehrere beleidigende Behauptungen enthält, berechtigt ist, seinen Antrag auf bestimmte Sätze desselben zu beschränken und zu erklären, dafs er eine Strafverfolgung wegen noch anderer nicht wolle (Entsch. in Strafs. Bd. 24 S. 14), so mufs ihm folgeweise auch das Recht zustehen, den gestellten Strafantrag, soweit er die Verfolgung einer bestimmten beleidigenden Aeufserung bezweckt, zurückzunehmen, wegen der übrigen ehrenkränkenden Auslassungen aber die Bestrafung des Schuldigen zu verlangen. Geht man hiervon aus, so ist der nur die zweite beleidigende Behauptung betreffenden Rücknahmeerklärung ein Einfluss auf die Wirksamkeit des Strafantrags, soweit er wegen der an erster Stelle erwähnten

Beleidigung Bestrafung fordert, nicht einzuräumen. (Urt, IV. 1340/04 v. 1. Juli 1904.)

68. (§ 259 StrGB. Ansichbringen.) Ungenugend ist die Feststellung des Tatbestandsmerkmals des Ansichbringens. Den Darlegungen des Urt. ist zu entnehmen, dafs der Beschwerdeführer von der F. H., bevor sie die ihr auferlegte Strafe antrat, die gestohlenen Banknoten zur Verwahrung erhalten und hiervon während ihrer Strafverbüfsung den Tausendmarkschein entnommen hat, um ihn zur Bezahlung seiner Spielschulden zu verwenden. Die Annahme der Banknoten zur Aufbewahrung möchte unter Umständen zur Begründung des Tatbestands der Begünstigung geeignet erscheinen, vielleicht auch als eine Verheimlichung i. S. des § 259 StrGB. aufgefafst werden können; ein Ansichbringen konnte in dieser Hand. lung nicht gefunden werden. Dafür, dafs die F. H. dem Angekl. bei Uebergabe der Banknoten oder später gestattet hat, die verwahrten Bestände ganz oder teilweise für sich zu verwenden, bieten die Urteils-Gründe nicht den mindesten Anhalt. Das Ansichbringen erfordert neben der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt noch die Willensübereinstimmung des Gebers und Nehmers dahin, dafs der letztere befugt sein soll, über die Sache als eigene oder doch zu eigenen Zwecken zu verfügen. (Urt. Fer.-Sen. 3848/04 v. 11. Aug. 1904.)

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69. (§ 56 Z. 3 StrPO.) Das Sitzungsprotokoll enthält den Beschlufs des Gerichts, die Vereidigung des Zeugen G. zu unterlassen, weil er verdächtig erscheine, dem Angekl. Begünstigung bei den in Frage kommenden Straftaten vorher zugesichert zu haben. Diese Begründung ist nicht geeignet, die Abstandnahme von der Beeidigung zu rechtfertigen. Als Begünstiger" ist, wie die Zusammenstellung mit dem Hehler und Teilnehmer in § 56 Z. 3 cit. ergibt, der Zeuge nur anzusehen, wenn er vor seiner Vernehmung eine unter den Begriff der Begünstigung fallende, nach § 257 StrGB. strafbare Handlung begangen hat. Die vor Begehung der Tat erfolgte Zusage der Begünstigung ist für sich allein keine Begünstigung im strafrechtl. Sinne. (Urt. Fer.-Sen. 3898;04 v. 11. Aug. 1904.)

70. (Zuständigkeit. §§ 9 und 10 MilStrGO.) Die prozessuale Rüge der sachl. Unzuständigkeit der Strafk. ist verfehlt. Der Angekl. hat die Körperverletzung am 31. August, während er als Reservist zu einer militärischen Uebung eingezogen war, begangen und ist einige Wochen darauf in seine Heimat entlassen. Es steht daher nicht mehr der von der Revision angezogene § 9, sondern lediglich der § 10 der MilStrGO. in Frage, nach welchem durch die Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Verhältnisses hinsichtlich der vorher begangenen Handlungen die Zuständigkeit der Militärgerichte dann aufhört, wenn es sich um Zuwiderhandlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze, die nicht mit einem militärischen Delikt zusammentreffen, handelt und nicht bereits auf militärischer Seite die Anklage erhoben oder eine Strafverfügung des Gerichtsherrn zugestellt war. Die letzteren Voraussetzungen militärische Anklage oder Strafverfügung liegen nicht vor, die Straftat des Angekl. verstöfst allein gegen die allgemeinen bürgerlichen Strafgesetze; für ihn war die Militärgerichtsbarkeit nur dadurch begründet, dafs er als Person des Beurlaubtenstandes zu einer militärischen Uebung eingezogen war, und beendet war dies Verhältnis mit seiner Wiederentlassung. Der Angekl. unterstand daher allein der bürgerlichen Gerichtsbarkeit. (Urt. II. 6068/03 v. 16. Sept. 1904.)

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II. Kammergericht. Strafsachen.

Mitgeteilt vom Senatspräsidenten Lindenberg, Berlin. 48. (Zivilgerichtliche Festsetzung von Strafen gegen als Zeugen geladene, nicht erschienene Gendarmen.) Auf Grund des § 50 StrPO. ist der Zeuge Gendarm H. von der Strafk. zu Strafe und Kosten verurteilt und seine nachträgliche Entschuldigung für nicht genügend erachtet worden. Die Beschwerde der Staats

Daher

anwaltschaft macht lediglich geltend, dafs die Strafk. nach § 50 Abs. 4 StrPO. zur Festsetzung der Ordnungsstrafe nicht zuständig gewesen sei. Die Beschwerde ist zurückgewiesen worden. § 50 Abs. 4 spricht von Personen, die dem aktiven Heere angehören. Dafs dieser Ausdruck, wenn man ihn in seinem gewöhnlichen Wortsinn auffafst, die Gendarmen, welche nicht im Heere tätig sind, nicht mitumfasst, kann nicht zweifelhaft sein. Die StrPO. steht auf dem Standpunkte, dafs bei Ladungen von Zeugen, die aktive Militärpersonen sind, nur der militärische Vorgesetzte die dienstliche Abkömmlichkeit des Geladenen herbeiführen könne. So erklärt sich die Vorschrift des § 48 Abs. 2 StrPO. (vgl. Hahn-Stegemann, Materialien z. StrPO. S. 109). Und die Vorschrift des § 50 Abs. 4 beruht auf der ähnlichen Erwägung, dafs über die Frage, ob ein solcher Zeuge ohne Entschuldigung nicht erschienen sei, das Militärgericht (Gerichtsherr) besser und leichter entscheiden könne als das Zivilgericht, da jenes die Tätigkeit des Zeugen besser zu überblicken imstande sei (Löwe, Anm. 22 zu § 50 StrPO.). Bei dem Gendarmen sind diese Voraussetzungen in der Regel nicht vorhanden. könnten die Gendarmen nur dann zu den im § 50 Abs. 4 erwähnten Militärpersonen gerechnet werden, wenn irgend eine andere Bestimmung dies deutlich erkennbar machte. An einer solchen fehlt es aber. Im Gegenteil folgt aus der Aufzählung in § 38 Reichsmilitärges. v. 2. Mai 1874, WO die Gendarmen nicht erwähnt werden, dafs diese, wenigstens im Sinne des Militärges., dem aktiven Heere nicht angehörig sind. Darum geht auch die allgemein verbreitete Ansicht dahin, dafs die Vorschriften der §§ 48 Abs. 2 u. 50 Abs. 4 StrPO. und die gleichlautenden in §§ 378 und 380 Abs. 4 ZPO. auf Gendarmen sich nicht beziehen (vgl. John, StrPO. Bd. I S. 525 Anm. 3, Struckmann u. Koch, ZPO. § 378 Anm. 2, v. Wilmowski u. Levy, ZPO. § 378 Anm. 1, Fuchs in Goltd. Archiv Bd. 28 S. 169). Mit Unrecht beruft sich die Beschwerde auf § 2 Abs. 3 EG. zur MilStrGO. v. 1. Dez. 1898. Wenn hier für nötig gehalten ist, bezüglich der Mitglieder des Landgendarmeriekorps zu erklären, dafs sie in gewisser Hinsicht („insoweit") im Sinne der MilStrGO. als Personen des Soldatenstandes des aktives Heeres gelten", so ist damit gerade zum Ausdruck gebracht, dafs sie an sich nicht zum aktiven Heer gehören, dafs sie nur so behandelt werden sollen (und nur für die MilStrGO.), als ob sie dazu gehörten. (Beschl. W. 551/04 v. 27. Juni 1904.)

49. (Entschuldigung von Schulversäumnissen.) Die in Frage stehende Regierungsverordnung ist eine Ausführungsverordnung zu § 48 II 12 ALR. Nach dieser Bestimmung liegt es den Schulaufsehern ob, unter Beistand der Obrigkeit darauf zu sehen, dafs alle schulpflichtigen Kinder erforderlichenfalls durch Zwangsmittel und Bestrafung der nachlässigen Eltern zum Besuche der Lehrstunden angehalten werden. Wenn nun die Regierungsverordnung bestimmt, dafs Schulversäumnisse, für die weder vorher die Erlaubnis eingeholt noch binnen 3 Tagen eine ausreichende Entschuldigung nachgebracht ist, an den Personen, deren Obhut die schulpflichtigen Kinder unterstellt sind, mit bestimmten Strafen geahndet werden sollen, so kann diese Vorschrift, da sie nur soweit gültig ist, als sie mit § 48 II 12 ALR. in Einklang steht, nur dahin verstanden werden, dafs Bestrafung dann eintreten soll, wenn die Schulversäumnis auf einer Vernachlässigung der Pflicht beruht, die Kinder zu regelmässigem Schulbesuch anzuhalten. Angekl. hat seinen Sohn von der Schule zurückgehalten, weil ihm der Kreisarzt erklärt hatte, der Sohn dürfe die Schule wegen der infolge typhöser Erkrankung seiner Mutter bestehenden Ansteckungsgefahr nicht besuchen. Angekl. war deshalb nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, seinen Sohn von der Schule fernzuhalten. Dadurch, dafs Angekl. bei dem Rektor der Schule nicht die Erlaubnis zur Schulversäumnis nachgesucht, hat er zwar gegen eine Vorschrift der Regierungsverordnung verstofsen; eine Bestrafung kann aber nicht erfolgen, weil die Verordnung mit dem Allg. Landrecht in Widerspruch steht. (Urt. S. 658/04 v. 27. Juni 1904.)

III. Preussisches Oberverwaltungsgericht.

A. I.-IV. u. VIII. Senat. Mitget. v. Senatspräsidenten des OVG. Dr. Schultzenstein, Berlin. 97. (Behörde als Partei.) Die Klage gegen die Heranziehung zu einem Anliegerbeitrag ist gemäfs § 70 Abs. 2 des Kommunalabgabenges. v. 14. Juli 1893 gegen einen Beschlufs des Gemeindevorstandes gerichtet. Bei ihr hat der Gemeindevorstand (Magistrat), der den Beschlufs als Behörde erläfst, auch als Behörde die Rolle des Beklagten zu übernehmen. Wenn der Kläger meint, dafs der Magistrat nur als Vertreter der Stadtgemeinde beklagt werden könne, so übersieht er, dafs auch anderweitig im Verwaltungsstreitverfahren ungemein häufig Behörden, welche überhaupt keine juristische Person vertreten, z. B. die Polizeibehörden, zur Verteidigung ihrer amtlichen Handlungen als Parteien, und zwar in der Regel als Beklagte, aufzutreten haben. (Urt. IV. 602 v. 28. April 1904.)

98. (Rückfällig Kranke.) Im Sinne des § 6a No. 3 und des § 26a No. 3 des Krankenversicherungsges. sind die nächsten 12 Monate, innerhalb deren die Krankenunterstützung nur im gesetzlichen Mindestbetrag und nur für 13 Wochen zu gewähren ist, wenn sie wegen der gleichen, nicht gehobenen Krankheitsursache bereits für 13 (jetzt 26) Wochen ununterbrochen oder im Laufe eines Zeitraumes von 12 Monaten gewährt war, nicht vom Beginn des neuen Unterstützungsfalls zurück, sondern vom Ablauf der vorausgegangenen Unterstützung ab zu berechnen. (Urt. III. 426 v. 5. Mai 1904.)

99. (Strafsen- und Häuserbezeichnung.) Die Bezeichnung der Strafsen eines Ortes mit Namen und der einzelnen Wohngebäude mit Nummern dient nicht lediglich zur Erleichterung des Verkehrs auf der Strafse, sondern bezweckt eine Individualisierung der einzelnen Wohngebäude, die eine unentbehrliche Voraussetzung für das Zusammenleben einer grösseren Anzahl von Menschen an einem Orte, ihren amtlichen, gewerblichen und geselligen Verkehr ist. Sie soll das Auffinden eines bestimmten Wohngebäudes erleichtern (vgl. Entsch. d. OVG. Bd. 28 S. 92), insbesondere aber auch die Grundlage für die Verteilung der auf den Gebäuden ruhenden Einquartierungslast abgeben („Servisnummer"). Sie erfolgt daher durch die Polizeibehörde im öffentlichen Interesse und bildet einen Teil der von der Ortspolizeibehörde aufrecht zu erhaltenden öffentlichen Ordnung. Zur Erkennbarkeit dieser Bezeichnungen im öffentlichen Verkehr, sei er ein amtlicher oder privater, erfolgt die Anbringung von Schildern an den Strafsenecken, die den Strafsennamen tragen, und von Nummern an den Häusern durch die Polizei oder durch die Hausbesitzer auf Anordnung der Polizei. Die Befugnis, diese Bezeichnungen (Namen und Nummern) zu bestimmen, steht der Polizei ausschliesslich zu. Wird

in diese Befugnis auch nicht dadurch eingegriffen und die öffentliche Ordnung auf dem Gebiete der Strafsenbezeichnung auch nicht dadurch gestört, wenn jemand die amtlichen Bezeichnungen auf Schildern oder in anderer Weise, die sie dem Publikum erkennbar macht, wiederholt, so widerstreitet es der öffentlichen Ordnung, wenn er eine andere Bezeichnung der Strafse oder des Hauses, als sie ihnen nach der amtlichen Bestimmung der Polizei zukommt, an oder neben dem Hause oder auf der Strafse anbringt. Auch dann, wenn die Beschaffenheit des Schildes jede Verwechslung mit einem amtlich angebrachten ausschliefst, wird doch hierdurch der Anschein erweckt, als ob diese Bezeichnung der Strafse oder dem Hause im öffentlichen Verkehr zukomme, und hierdurch die öffentliche Ordnung gestört. Unerheblich ist es dabei, welcher Sprache dieser Name angehört, ob der deutschen oder polnischen ; entscheidend ist vielmehr, dafs er ein anderer war als der amtliche. (Urt. I. 631 v. 13. Mai 1904.)

100. (Fürsorge erziehung.) Die Kosten, welche einer Polizeibehörde durch die infolge eines Beschlusses auf vorläufige Unterbringung in Fürsorgeerziehung bewirkte Ueberführung in eine Erziehungsanstalt erwachsen sind ($5 des Fürsorgeerziehungsges. v. 2. Juli 1900),

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