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gegenüber Anwälten beseitigt habe, dagegen die hiervon zu unterscheidender landesrechtlichen Ordnungsstrafvorschriften betr. Bestrafung einer dem Gerichte gegenüber begangenen Ungebühr nicht angetastet habe. Wohl aber seien auch die letzteren Vorschriften durch die Reichsprozefsordnungen (Einf.-Ges. § 14 zur ZPO., § 6 zur StrPO., § 4 zur KO.) aufser Kraft gesetzt worden, denn auch die Ordnungsstrafbestimmungen seien eigentlich prozefsrechtliche Vorschriften, welche nur aus dem rein äufserlichen Grunde, weil bei ihnen ein Unterschied zwischen Zivil- und Strafverfahren nicht zu machen sei, nicht in den Prozefsordnungen, sondern in dem Gerichtsverfassungsgesetz unter dem Titel „Sitzungspolizei" ihre reichsgesetzliche Regelung erfahren hätten. Das OLG. verweist dabei auf die Mot. z. GVG. §§ 143-149 des Entw. (Hahn, Mat. Bd. I, S. 174 ff.), auf die Mot. Z. Rechtsanwaltsordnung S. 77 (Meyer, Kommentar 2. Aufl. § 62 Anm. 8), Loewe, Einf.-Ges. z. GVG. § 2 Anm. 5.

Die von Dr. Heuer für seine gegenteilige Ansicht herangezogene Erklärung in den Motiven zum GVG. §§ 179-182 (Hahn, Mat. I, S. 175): dafs durch die Bestimmungen des Entwurfs die Disziplinarvorschriften der Anwaltsordnungen und der sonstigen Disziplinargesetze hinsichtlich der Ahndung ungebührlichen Verhaltens nicht berührt werden, würde darnach im Sinne dieser Entsch. d. OLG. gar nicht mit auf die eigentlichen Ordnungsstrafvorschriften des Landesrechts, sondern lediglich auf die davon wesentlich verschiedenen über die Regelung des administrativen Disziplinarverfahrens gegenüber Anwälten zu beziehen sein, eine Materie, die erst durch die nachfolgende Rechtsanwaltsordnung ihre reichsgesetzliche Neuregelung fand.

Es soll hier keine vergleichende Kritik des Standpunktes des OLG. Jena und des davon verschiedenen anderer Gerichte, z. B. des OLG. Hamburg, versucht werden, sondern gerade mit Rücksicht auf die Verschiedenheit solcher Entscheidungen erneut auf die Richtigkeit der in dem Dr. Heuerschen Aufsatz und auch vom LGR. Witt (S. 472 1903 d. Bl.) geäufserten Ansicht hingewiesen werden, dafs eine reichsgesetzliche Vorschrift, welche die Bestimmungen des GVG. über Verhängung von Ordnungsstrafen in Ausübung der Sitzungspolizei auf Ungebührlichkeiten, die in schriftlichen Eingaben vorkommen, für entsprechend anwendbar erklärt, sehr wünschenswert ist. Der gegenwärtige Zustand bedeutet jedenfalls eine Lücke der Gesetzgebung, die durch den Hinweis von Staub und auch der Entsch. des OLG. Jena auf das mögliche Einschreiten des Vorstands der Anwaltskammer im Aufsichtswege nicht ausgefüllt wird. Denn einmal betrifft diese Möglichkeit immer nur die von Rechtsanwälten in ihren Schriftsätzen begangenen Ungebührlichkeiten gegen das Gericht, nicht aber die häufigeren, die in schriftlichen Eingaben anderer Personen vorkommen, und die jetzt, soweit sie nicht gerade - strafbare Beleidigungen enthalten, völlig ungeahndet bleiben. Aber auch gegenüber derartigen Verstöfsen in den Anwaltsschriftsätzen bietet das Anrufen des Vorstandes der Anwaltskammer für die Gerichte nur einen sehr unvollkommenen Schutz. Die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Beleidigung wird meist aussichtslos sein, da der Anwalt sich hüten wird, augenfällige formelle Beleidigungen gegen das Gericht zu begehen, und eine blofs aus dem Inhalt seiner Eingabe ersichtliche Verletzung der dem Gerichte schuldigen Achtung und Rücksicht, selbst wenn sie eine Beleidigung enthielte, gewöhnlich aus dem § 193 StrGB. straffrei sein wird. Gerade zwei hier bei dem nämlichen Anwalte vorgekommene Fälle, in denen die angerufene Anwaltskammer vollständig versagte, haben

gezeigt, dafs gegen augenfällige Achtungsverletzungen und Anzüglichkeiten dem Gerichte der nötige Schutz fehlt. Diesen muss sich das Gericht aber wie es z. B. in Oesterreich längst Rechtens ist gegenüber schriftlichen Verstöfsen ebenso selbst verschaffen können, wie gegenüber mündlichen durch Anwendung der Vorschriften des GVG. über die Sitzungspolizei, und es mufs sich ihn sofort verschaffen können. Das vorerstige Anrufen einer anderen Stelle entspricht selbst dann nicht der Würde des Gerichts, wenn von dieser eine ebenso objektive Beurteilung des Vorkommnisses auch unter dem hier unter Umständen allein mafsgebenden Gesichtspunkte der blofsen Achtungsoder Anstandsverletzung, und nicht nur unter demjenigen der Beleidigung durch die Brille des § 193 StrGB. zu erwarten ist. Landgerichtsrat Wendler, Gera.

Hiernach sind

Sind Gesindedienstverträge formlos gültig? Der Strafsenat des Kammergerichtes hat in einer in der Nummer 24 v. J. 1903 d. Bl: abgedruckten Entscheidung v. 5. Oktober 1903 die Frage 'bejaht, weil die Bestimmung/ des § 131 I 5 ALR. durch das BGB. aufgehoben, die Hingabe und Annahme des Mietgeldes nur ein Ersatzmittel der Schriftlichkeit und § 22 der preufs. GesO. deshalb gegenstandslos geworden sei. Die entgegengesetzte Auffassung wird von Posseldt-Lindenberg, Anm. 1 zu §§ 22, 23 der preufs. GesO., vertreten. die Formvorschriften der §§ 22, 23 a. a. O. durch die Formfreiheit des BGB. nicht aufgehoben. Diese Ansicht dürfte die richtige sein. Hätte das BGB. bestimmt, dafs alle Formvorschriften, die nach den bisherigen Gesetzen zur Gültigkeit von Rechtsgeschäften erforderlich waren, aufgehoben werden, würde allerdings dem Kammergericht beizutreten sein. Das BGB. hat aber eine solche Bestimmung nicht getroffen, sich vielmehr darauf beschränkt, im allgemeinen Teil in den §§ 125 f. die Folgen der Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Form zu bestimmen und alsdann in den übrigen Teilen bei den einzelnen Rechtsgeschäften, bei welchen irgend eine Form erforderlich ist, diese Form festzusetzen. Hieraus folgt allerdings, dafs für diejenigen Rechtsgeschäfte, für welche das BGB. eine besondere Form nicht vorschreibt, eine Form auch nicht erforderlich ist. Aber die hieraus sich ergebende Regel der Formfreiheit kann nicht auf diejenigen Rechtsgeschäfte ausgedehnt werden, für welche das BGB. nicht gilt, für welche vielmehr nach den aufrechterhaltenen landesgesetzlichen Vorschriften eine besondere Form vorgeschrieben ist. Nach Art. 95 EG. z. BGB. sind aber, von dem Züchtigungsrecht abgesehen, alle Bestimmungen, welche dem Gesinderecht angehören, aufrechterhalten, also auch diejenigen über die Form für den Abschluss von Gesindedienstverträgen.

Wäre die Auffassung des Kammergerichtes richtig, müfsten auch Versicherungs- und Verlagsverträge, auf welche nach den Artikeln 75 und 76 EG. z. BGB. die bisherigen Landesrechte Anwendung finden, wegen der Formfreiheit des BGB. und in Ermangelung einer Formvorschrift des BGB. mündlich gültig sein, die §§ 2064 II 8 und 998 I 11 ALR. also aufgehoben sein. Das Gegenteil geht aber für diese beiden Arten von Verträgen aus Art. 5 des preufs. AusfG. v. 24. Sept. 1899 zum D. HGB. hervor. Wären Versicherungs- und Verlagsverträge in allen Fällen mündlich gültig, würde die Bestimmung des Art. 5 a. a. O., dafs sie, wenn sie Handelsgeschäfte seien, der Schriftlichkeit nicht bedürften, teils überflüssig, teils falsch sein. Das preufs. AusfG. ist aber von der zutreffenden Auffassung ausgegangen, dafs alle in den auf

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rechterhaltenen Landesgesetzen vorgeschriebenen Formvorschriften trotz der Formfreiheit des BGB. fortbeständen, dafs also Gesindedienst-, Versicherungs-, Verlags- und andere den vom BGB. unberührt gebliebenen Rechtsgebieten angehörige Verträge der in den Landesgesetzen bestimmten Form bedürften. In der Annahme des Fortbestehens dieser Formvorschriften hat es, um gegenüber dem bisherigen Stande der Gesetzgebung keine Formerschwerung eintreten zu lassen, weil also nach den Art. 2713, 2725, 274, 317 HGB. für die meisten Versicherungs- und Verlagsverträge Schriftlichkeit nicht erforderlich war, weil aber bei dem Fortfall des Art. 317 HGB. der Abschlufs eines schriftlichen Versicherungsund Verlagsvertrages nach §§ 2064 II 8 und 998 I 11 ALR. ohne Rücksicht auf das Vorliegen von Handelsgeschäften notwendig geworden wäre, im Art. 5 eine Bestimmung getroffen, mit welcher es erreichte, dafs die Formfreiheit, soweit sie bisher bestand, fortbestehen konnte.

Landgerichtsrat Dr. Drabert, Berlin.

Kann die Ehefrau nach gesetzlichem Güterrecht über eingebrachtes Gut letztwillig verfügen? Diese Frage mufs nach meiner Ansicht unbedenklich bejaht werden. Die von Dr. Raabe S. 498, 1903 d. Bl. geäufserten Zweifel erscheinen nicht gerechtfertigt. Die §§ 1395 ff. BGB. bezwecken lediglich den Schutz des Verwaltungs- und Nutzungsrechts des Ehemannes am eingebrachten Gut. Sie begreifen daher alle Verfügungen, welche dieses Recht in irgend einer Weise zu beeinträchtigen geeignet sind. Dazu gehören die letztwilligen Verfügungen nicht. Sie werden erst wirksam zu einer Zeit, wo das ehemännliche Verwaltungs- und Nutzungsrecht durch den Tod der Ehefrau bereits beendet ist. Eine Gefährdung der Rechte des Ehemannes durch sie ist daher ausgeschlossen.

Uebrigens lassen die Motive zum BGB. keine Zweifel darüber, dafs die §§ 1395 ff. nur auf Verfügungen unter Lebenden Bezug haben sollen. Es kommt das wiederholt direkt zum Ausdruck (cfr. Mugdan, Materialien, Bd. IV S. 123 u. 124.). Die Befugnis der Ehefrau, letztwillig über ihr eingebrachtes Gut zu verfügen, besonders zu betonen, konnte sich erübrigen, da die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau im Gesetz nirgends beschränkt ist und die Begrenzung des Begriffs Verfügung in den §§ 1395 ff. aus der Stellung im Gesetz und dem Zweck der Bestimmungen unschwer zu erkennen ist.

Rechtsanwalt Wittmaack, Eckernförde.

Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenurteile. In einer Wechselsache, worin der Kläger die Klage zurückgenommen hatte und in die Kosten verurteilt worden war, hatte das LG. Erfurt den Antrag des Beklagten, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, mit der Begründung abgelehnt, dafs das Urteil kraft Gesetzes nach den §§ 99 Abs. 3 und 794 No. 3 der ZPO. vorläufig vollstreckbar wäre. Das OLG. Naumburg hat dagegen dem Antrage des Beklagten stattgegeben mit der Begründung: aus § 708 No. 4 der ZPO. folge, dass alle Urteile von Amts wegen für vorläufig vollstreckbar erklärt werden müfsten. Diese Begründung gibt zu Bedenken Anlass.

Dafs 794 No. 3 nach § 99 Abs. 3 auch für die Kostenurteile gilt, ist bestritten, aber wohl als herrschende Ansicht anzusehen.1) Die Berufung der Gegner auf § 704

1) Bd. 5 d. Bl. S. 500 und Bd. 6 S. 282: die Vertreter beider Ansichten sind zusammengestellt bei Gaupp-Stein ZPO. § 704 Anm. 5, dagegen ist aufserdem noch Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren,

Abs. 1 erscheint nicht stichhaltig. Die Vorschrift des § 794 No. 4 bildet für die Vollstreckbarkeit von Urteilen eine Ausnahme, mufs also der allgemeinen Vorschrift des § 704 Abs. 1 ebenso vorgehen, wie die in § 99 Abs. 3 ausgesprochene Zulässigkeit der Beschwerde dies gegenüber den Vorschriften über den Einspruch und die Rechtsmittel der Berufung und der Revision tut. Auf demselben Standpunkt steht offenbar auch der erwähnte Beschlufs des OLG. Naumburg, da er auf diesen Teil der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht eingeht. Gehören demnach die Kostenurteile zu den Entscheidungen, die das Gesetz in § 794 No. 3 der Wirkung nach für vorläufig vollstreckbar erklärt, "1) so kann das Gericht diese Urteile nicht mehr nach § 708 No. 4 der ZPO. für vorläufig vollstreckbar erklären".2)

Die § 601 und 602 des Entwurfs der ZPO. (jetzt 708 und 709) wollten ausnahmsweise aus noch nicht rechtskräftigen (End-) Urteilen die Zwangsvollstreckung ermöglichen und diesen Urteilen zu diesem Zwecke von Amts wegen oder auf Antrag vorläufige Vollstreckbarkeit verleihen.3) Die §§ 708 und 709 schreiben also nicht vor, dafs in den betreffenden Fällen in der Formel die Vollstreckbarkeit des Urteils festgestellt wird; sie beziehen sich nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes nur auf nicht vollstreckbare Urteile, also weder auf (vorläufig) vollstreckbare Kostenurteile noch auf (endgültig) vollstreckbare rechtskräftige Urteile.4)

Zu demselben Ergebnis führt folgende Erwägung: Die Kostenurteile gehören zu den in § 794 erwähnten Schuldtiteln. Auf diese Schuldtitel finden aber die Bestimmungen der §§ 704-723 (also auch der §§ 708, 709) keine Anwendung. Denn § 795 erklärt nur die Bestimmungen der §§ 724-793 für entsprechend anwendbar.

Es bleibt nur noch zu prüfen, ob die weder ge- noch verbotene Feststellung der Vollstreckbarkeit in der Urteilsformel einen entsprechenden Antrag vorausgesetzt zulässig ist. Aber auch die Zulässigkeit wird verneint werden müssen. Es handelt sich um einen überflüssigen Zusatz, dessen Zulassung die nachteilige Folge haben würde, dafs in einigen der vollstreckbaren Kostenurteile die Vollstreckbarkeit ausdrücklich in der Formel festgestellt, in den übrigen nicht erwähnt werden würde ein Zustand, der besonders für die Beamten der Gerichtsschreiberei bei der Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen eine unnötige Erschwerung bilden würde. Gerichtsassessor Pogge, Nordhausen.

Nebengedanken zum Kösliner Wahlfälschungsprozefs. Ein direkter Schuldbeweis ist in dem vor kurzem verhandelten Kösliner Wahlfälschungsprozess nicht erbracht worden. Der äufsere Hergang ist folgender: In GrofsSatzke waren bei der letzten Reichstagsstichwahl zwei Brüder im Wahlvorstande tätig. Es erregte Verwunderung, dafs der liberale Reichstagskandidat weniger Stimmen auf sich vereinigte als bei der Hauptwahl, obwohl die Sozialdemokraten beschlossen hatten, für ihn zu stimmen. Dies führte zu Ermittelungen und zur Erhebung der Anklage gegen die beiden Wahlvorsteher. Das Urteil, das ein Zusammenwirken der Angeklagten zum Zwecke der Wahl

5. Aufl. S. 7 ff.; unklar ist Petersen-Anger, ZPO., der in § 704, 4 die Regel des Abs. 1 für ausnahmslos erklärt, aber bei § 794 den § 99 ausdrücklich erwähnt.

1) Planck, II S. 652.

2) A. M. LG. Torgau, Naumburg. Ztg. 00 S. 19, 2.

3) Hahn, Materialien II 1 S. 427 f. und 445.

4) Entsprechend reden die preufsischen Vordrucke für Versäumnisurteile von der Anordnung" der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

fälschung annimmt, gründet sich auf die Feststellung, dafs eine erheblich gröfsere Anzahl von Zeugen eidlich bekundete, den liberalen Kandidaten gewählt zu haben, als liberale Stimmen in die Wahlprotokolle eingetragen wurden.

In den ausführlichen Zeitungsberichten über den Prozess findet sich nirgends eine Andeutung, dafs der Vorsitzende die Zeugen belehrte, sie dürften die Aussage darüber verweigern, wem sie ihre Stimme gegeben hätten. Der in einer etwas absonderlichen Rolle erscheinende Lehrer, der bekennen musste, konservativ gewählt zu haben, obwohl er seiner politischen Grundanschauung nach zur liberalen Partei gehöre, hätte vielleicht von dieser Freiheit Gebrauch gemacht. Die Kösliner Strafkammer scheint also von dem Standpunkt ausgegangen zu sein, dafs den Zeugen ein solches Zeugnis verweigerungsrecht nicht zustehe. Die Frage ist in der Tat zweifelhaft, wird aber im Gegensatz zu dem Kösliner Gericht bejaht werden müssen. Sie läfst sich dahin fassen, ob die Gründe, welche den Zeugen berechtigen, seine Aussage zu verweigern, in der StrPO. abschliefsend normiert sind.

Nach dem fundamentalen Satz der Reichsverfassung geht der Reichstag aus Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. Der Begriff der geheimen Abstimmung ist natürlich nicht in dem Sinne einer mystischen Vorstellung zu nehmen, als ob die Begleit- und Folgeerscheinungen des Abstimmungsaktes als Grundlage eines richterlichen Urteils überhaupt ausscheiden müssten. Der Verfassungsartikel hat nur die Bedeutung, dafs der einzelne Wähler unbeirrt von äusseren Einwirkungen oder Erwägungen seine Stimme abgeben soll. Eine Anzahl von Vorschriften des Wahlgesetzes und Wahlreglements, die durch die jüngste Verordnung noch verstärkt sind, verfolgt den Zweck, die Durchführung dieses Verfassungsgrundsatzes zu sichern. Das Ziel würde aber nur unvollkommen erreicht werden, wenn man den Art. 20 Reichsverf. in dem Sinne auslegen wollte, dafs nur die Wahlhandlung selbst geheim ist, während der Wähler als Zeuge verpflichtet ist, den Inhalt seiner Abstimmung gegen seinen Willen verlautbaren zu lassen. Denn dadurch würde der dem Bürger durch die Verfassung gewährte Schutz der persönlichen Freiheit und ihrer Betätigung im einzelnen Falle illusorisch werden können. Das Gesetz würde mit der andern Hand nehmen, was es mit der einen gibt.

Hieran kann auch die Erwägung nichts ändern, dass die Anrufung des Zeugnisses zu dem Zwecke geschieht, den Tatbestand strafbarer Handlungen zu ermitteln oder die Unterlage eines Urteils zu liefern. Wohl ist die Zeugnispflicht aus diesem Grunde allgemeine staatsbürgerliche Pflicht; aber der einzelne darf unter allen Umständen fordern, dafs diese Pflicht nicht in seine eigene, ihm öffentlich-rechtlich garantierte Rechtssphäre eingreift. Wenn der Zeuge nach der StrPO. nicht gegen einen geschlossenen Verwandtenkreis auszusagen oder sich selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen braucht, so ist auch die geheime Abstimmung als solche und ihre Geheimhaltung ein Individualrecht des Wählers, das sich wegen der Bestimmung der Reichs-Verf. durchsetzen mufs. In dem Konflikt zwischen der Zeugnispflicht der StrPO. und dem aus Art. 20 Reichs-Verf. resultierenden Recht mufs also das letztere den Ausschlag geben. Falls der Träger des Rechtsgutes darauf durch eigene Entschliefsung verzichtet, so ist von einer Kollision und einer Verletzung des Art. 20 keine Rede mehr.

Das Schweigen der StrPO. ist diesem Ergebnis gegenüber unerheblich. Eine analoge Anwendung von Vorschriften des Strafprozefsrechts allerdings erscheint, wenn sie auch prinzipiell durchaus statthaft ist, hinsichtlich der §§ 51 ff. StrPO. bedenklich, weil hier die zur Verweige

rung des Zeugnisses berechtigenden Gründe im einzelnen, aufgeführt und beschränkt sind. Zuzugeben ist auch, dafs der in Frage stehende Zeugnisverweigerungsgrund sich, unter keinen der a. a. O. festgestellten Tatbestände unterordnen läfst. Die StrPO. ist eine Kodifikation, so dafs sie nur aus sich heraus auszulegen ist. Da aber der Grundsatz der geheimen Abstimmung etwas von dem in der StrPO. geregelten Rechtszustande völlig Verschiedenes ist, so werden seine Folgerungen auch in dem Herrschaftsbereich der StrPO. Geltung üben müssen, zumal die Verfassung durch die Justizgesetze nicht geändert werden sollte. Jedenfalls hat der Art. 20 Reichs-Verf., indem er das Recht in sich schliefst, die nachträgliche Aussage über die Richtung der geheimen Abstimmung zu verweigern, auch eine prozefsrechtliche Seite; insoweit wird er durch § 5 EG. z. StrPO. direkt aufrechterhalten. Im. anderen Falle würde übrigens die Emanation der StrPO. eine Verfassungsänderung in sich schliefsen.

Geht man von dieser Konsequenz des Art. 20 Reichs-Verf. aus, so war es angemessen, wenn auch im Hinblick auf die Gegenüberstellung von § 512 und §§ 52, 54 StrPO. nicht prozessual erforderlich, die Zeugen in dem Kösliner Prozefs auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hinzuweisen.

Referendar Frohnhausen, Magdeburg.

Anmeldung der Firma eines verpachteten. Handelsgeschäfts. Gegen die Aufforderung des Registergerichts, die Firma zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, wurde Einspruch mit der Motivierung erhoben, dafs das Handelsgeschäft verpachtet sei. Der Einspruch. ist für begründet zu erachten. Firma ist der Name, unter dem ein Kaufmann „seine Geschäfte betreibt“ (HGB. § 17). Demgemäfs ist der „Unternehmer“ zur Anmeldung verpflichtet (HGB. § 2). Nach der Verpachtung wird das. Geschäft nur von dem Pächter „betrieben". Denn die Geschäfte werden nur in seinem Namen geschlossen, aus. den Geschäften wird nur er Gläubiger und Schuldner (vgl. Staub, Komm. zum HGB., 6. u. 7. Aufl. Bd. I S. 41). Der Verpächter hat daher weder Recht noch Pflicht, eine Firma zum Handelsregister anzumelden.

Auch ergibt sich aus HGB. § 22 Abs. 2 unmittelbar, dafs der Pächter eines Handelsgeschäfts die Firma bestimmt. Entsprechend ist er zur Anmeldung anzuhalten.. Eine Anmeldung des Verpächters ist ohne Wirkung.

Dr. jur. E. Feder, Berlin.

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Salis, L. R. v. Schweizerisches Bundesrecht. Staatsrechtl, u. verwaltungsrechtl. Praxis d. Bundesrates u. d. Bundesversamml. seit d. 29./5. 1874. 2. Aufl. 1.-2. Bd. Bern 1903, Wyss. M. 22. Völkerrecht.

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Für die Redaktion verantwortlich: Justizrat Dr. Hermann Staub. Verlag von Otto Liebmann. Sämtlich in Berlin.

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Nummer 2.

Berlin, den 15. Januar 1904.

(Nachdruck der Entscheidungen nur mit genauer, unverkürzter Quellenangabe gestattet.)

I. Reichsgericht.

1. Zivilsachen.

Mitget. v. Justizrat Boyens, Rechtsanwalt b. Reichsgericht, Leipzig.

6. (Plenarbeschlufs in betreff der Unzulässigkeit einer beständigen Trennung auständischer Ehegatten von Tisch und Bett.) Der IV. Zivilsenat hatte sich in der D. Jur.-Ztg. v. 1903 S. 105 No. 17 mitgeteilten Entscheidung v. 23. Okt. 1902 für die Zulässigkeit einer beständigen Scheidung der Ehe ausländischer Staatsangehöriger von Tisch und Bett ausgesprochen. Der VL Zivilsenat war in einem weiteren Falle der entgegengesetzten Ansicht und brachte die Frage zur Entscheidung der vereinigten Zivilsenate. Durch Beschlufs v. 12. Okt. 1903 haben dieselben die Frage, ob die deutschen Gerichte in einem Ehestreit von Eheleuten fremder Staatsangehörigkeit auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkennen können, wenn nach deutschem Recht die Scheidung vom Bande, nach dem heimischen Recht der Eheleute aber nur beständige Trennung von Tisch und Bett zulässig sein würde, verneint: Der deutsche Gesetzgeber habe im BGB. dem Tetzteren Institut mit Rücksicht auf die Nachteile, die das Verbot der Wiederverheiratung für den Hausstand, die Nahrungsverhältnisse, die Erziehung der Kinder und die Sittlichkeit mit sich bringe, also aus ethischen, sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Gründen, die Anerkennung versagt. Dieser Standpunkt treffe auch gegenüber den Ausländern zu. Die einheimischen Gerichte dürften nicht bei der Begründung eines Rechtszustandes mitwirken, den das deutsche Gesetz für unzulässig halte. Versage es unser Gesetz, den Gewissensbedenken deutscher Katholiken Rechnung zu tragen, so sei nicht anzunehmen, dafs es auf die konfessionellen Bedürfnisse der Ausländer mehr Rücksicht habe nehmen wollen. (Urt. VI. 226/02 v. 12. Okt. 1903.)

7. (Pfändung von Buch- Hypotheken und Grundschulden des Eigentümers. §§ 830, 857 Abs. 6 ZPO) Die Gültigkeit der Pfändung einer unter altem Recht entstandenen Kautionshypothek, für welche ein Hypothekenbrief nach altem Recht gebildet war, und die zur Zeit der unter Herrschaft neuen Rechts erfolgten Pfändung dem Eigentümer des Grundstücks selbst zustand, war unter den Parteien streitig, da die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch nicht erfolgt ist. Das RG. erklärt letztere für nötig. Die Hypothek gelte nach neuem Recht als blofse Buchhypothek (§ 1185 Abs. 1 BGB., Art. 33 § 1 Abs. 2 preufs. AusführGes. z. BGB.). Daher bedürfe nach § 830 Abs. 1, § 857 Abs. 6 ZPO. die Pfändung der Eintragung, und dies gelte auch bei der Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld. Die in der Literatur vertretene Ansicht, die hier mit Rücksicht darauf, dafs ein Drittschuldner nicht vorhanden sei, die Eintragung der Pfändung für nicht erforderlich erachte, sei irrig. (Urt. V. 194/03 v. 17. Okt. 1903.)

8. (Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei Handelsgeschäften, wenn für die Abnahmeund Zahlungspflicht verschiedene Erfüllungsorte bestehen. § 29 ZPO.) a) Kläger erhebt negative Feststellungsklage dahin, dass ein von dem Bekl. behaupteter Kaufvertrag, laut dessen letzterer ihm Waren verkauft habe, nicht zustande gekommen sei, bei dem Landgericht G. Es wird Unzuständigkeit eingewandt, weil bedungen sei, dafs die Zahlung des Kaufpreises in V. (Landgericht C.) zu leisten sei. Das RG. erklärt diesen Einwand für erheblich, auch wenn die Abnahme der Ware im Bezirk des Landgerichts G., wo die Klage erhoben ist, stattfinden sollte. Die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises sei die den Gerichtsstand des Erfüllungsorts bestimmende Hauptleistung, wenngleich auch an der Befreiung von der Abnahmepflicht ein gewisses Interesse bestehe. (Urt. II. 193/03 v. 6. Nov. 1903.)

IX. Jahrgang.

b) Kläger (Kaufmann in E.) hat an den Verkl. (Kaufmann in K.) Hölzer verkauft mit der Vereinbarung, dafs die Hölzer in K. zu liefern, Zahlung dagegen in E. zu leisten sei. Die nach K. gelieferten Hölzer sind von dem Verkl. nicht abgenommen. Kläger klagte nach fruchtloser Nachfrist auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, indem er teils 252.50 M. ihm erwachsene Auslagen (Transportkosten, Standgeld usw.), teils 594.84 M. entgangenen Gewinn fordert, bei dem Landgericht in E. Dieses erklärt sich für unzuständig, da der Schadensersatzanspruch auf den Abnahmeverzug des Verkl. gestützt sei. Das Ber.Gericht nimmt an, dafs für den ersten Anspruch das Gericht in E. nicht zuständig sei, wohl aber für den zweiten Anspruch, da der entgangene Gewinn Surrogat der Zahlung und diese in E. zu leisten sei. RG. hebt auf und stellt das erste Urteil wieder her: Die Scheidung der Zuständigkeit nach den verschiedenen Schadensbeträgen beruhe auf einer Verkennung des Wesens des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 326 Abs. 1 BGB.), der den fortbestehenden Vertrag zur Grundlage und an Stelle der ursprünglichen Vertragspflicht den Ersatz des Schadens dafür zum Gegenstand habe, dafs der Vertrag, so wie vereinbart, infolge Verzuges des Käufers in seiner Gesamtheit nicht zur Erfüllung gelange (Entsch. Bd. 50 S. 250 ff., insbes. S. 264). Dieser Anspruch sei daher ein einheitlicher, für den es nur einen Erfüllungsort geben könne. Welches Gericht zuständig sei, richte sich also nach der Begründung der Klage. Ist dieselbe auf Verzug des Käufers mit der Zahlung des Kaufpreises gegründet, so ist der Schadensersatzanspruch da zu leisten, wo die Zahlung zu leisten war. Ist dieselbe auf Abnahme verzug des Käufers gegründet, so ist der gedachte Anspruch da zu leisten, wo die Abnahme erfolgen sollte. Ist die Klage endlich darauf gegründet, dafs sowohl Zahlungs- wie Abnahmeverzug vorliege, so ist der Zahlungsverzug ausschlaggebend, weil die Zahlung des Kaufpreises die Hauptverbindlichkeit ist. Im vorliegenden Fall sei die Klage nur auf den Abnahmeverzug begründet. Allerdings werde auch geltend gemacht, dass der Käufer Zoll und Fracht zu verauslagen hatte und sich dessen geweigert habe. Darin liege aber nur eine Erweiterung der Abnahmepflicht. Zuständig sei also nicht das Gericht in E., wo der Kaufpreis zu zahlen war, sondern das Gericht des Orts, wo die Abnahme erfolgen sollte. Ob der Abnahmeverzug rechtlich ausreiche, den Anspruch zu begründen, komme für die Zuständigkeit nicht in Frage. (Urt. II. 155/03 v. 27. Okt. 1903.)

9. (Art. 184 EinfGes. z. BGB.) Klägerin klagt auf Grund eines nach sächsischem Recht vor 1. Jan. 1900 gültig ohne Eintragung begründeten Niefsbrauchsrechts an einem Grundstück. Die Vorinstanz nimmt an, dafs dasselbe trotz fehlender Eintragung noch als dingliches Recht fortbestehe kraft Art. 184 EinfGes. RG. V. Zivilsenat weist die Revision zurück, indem er die abweichende in Entsch. Bd. 48 S. 63 ff. von ihm früher vertretene Auffassung aufgibt, in Uebereinstimmung mit der D. Jur.-Ztg. 1904 S. 69 mitgeteilten Entscheidung des VII. Zivilsenats. (Urt. V. 205/03 v. 11. Nov. 1903.)

10. (Unfallversicherung. Einwand im Hauptprozefs, dafs inzwischen die Unfallsfolgen und somit die Rentenpflicht beseitigt sei. Vollmacht des Gegenanwalts zum Empfang rechtsgeschäftlicher Erklärungen. §§ 323, 81 ZPO.) Kläger war bei der Verkl. gegen Unfall versichert. Er erlitt einen Unfall und fordert eine Invaliditätsrente auf Grund dieser Versicherung seit 17. Sept 1899. Bekl. hält den ganzen Anspruch mangels rechtzeitiger Unfallanzeige für verwirkt. Auf Grund des § 21 allgem. Beding. hat die zur Entscheidung über die Wirkungen des Unfalls zuständige Sachverständigen-Kommission dahin entschieden, dafs der

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