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vor unserem BGB. war es im Inland und Ausland allgemein Rechtens, die Mandatsgrundsätze auf die Geschäftsführung des Vorstandes einer Aktiengesellgesellschaft anzuwenden. Wer die näheren Nachweise darüber sucht, braucht nur Renauds Aktienrecht oder mein Recht der Aktiengesellschaften nachzuschlagen. In der Tat ist nicht abzusehen, wie denn sonst das Verhältnis zu denken ist, zumal das HGB. sich jeder grundsätzlichen Normierung enthält. Nicht die Frage, ob die Mandatsgrundsätze anwendbar seien, sondern welches der Inhalt des Mandates sei, ist die zu erhebende; dies übersieht der Anonymus in der „Vossischen Ztg." völlig.

Staub und ich waren gleichmässig zu der Formulierung gelangt, der Inhalt des Mandates bezöge sich im Zweifel nur auf „gewöhnliche“ Unternehmungen. Der Anonymus in der „Vossischen Ztg." meint, der Begriff des „Ungewöhnlichen“ sei nicht zu brauchen. Allein dieser Begriff taucht im HGB. an den verschiedensten Stellen auf. Ich erinnere nur an § 54 (Handlungsvollmacht), § 56 (Vollmacht des Verkäufers), § 116 (Befugnisse des geschäftsführenden Gesellschafters), § 164 (Befugnisse des Komplementars), § 493 (Vertretungsmacht des Korrespondentreeder). Nicht minder findet er sich im BGB., vgl. z. B. dessen § 30. Wäre der Begriff so unbrauchbar, so hätte wohl kaum ein so gutes Gesetzbuch, wie das HGB., sich seiner bedient; dazu kommt, dafs das HGB. ihn bei Verhältnissen zur Anwendung bringt, die dem vorliegenden nahe verwandt sind. Der Schlufs per analogiam auf den Vorstand liegt nahe, und in der Tat ist Staub gerade durch jene Paragraphen des HGB. zu ihm gelangt.1)

Eine andere Frage ist natürlich die, ob nicht die Verhältnisse bei der Aktiengesellschaft derartig eigentümliche sind, dafs jene Analogie ungerechtfertigt ist. Wer dies behauptet, mufs es beweisen. Der Beweis wird nicht durch die Berufung auf die weitgehende Vertretungsmacht des Vorstandes geführt, denn es handelt sich hier um das interne, nicht um das externe Verhältnis. Er wird auch nicht dadurch geführt, dafs man auf die tatsächliche Indifferenz der Aktionäre hinweist, welche die Generalversammlungen zu blofsen Formen herabdrücke. Denn es handelt sich nicht um die Praxis des Lebens, sondern um die Auffassung des Gesetzes, und wer das Glück oder Unglück gehabt hat, andere Vereine zu leiten, weifs, dafs die gleiche Erscheinung auch dort auftritt. Dafs das Gesetz aber eine andere Auffassung vertritt als die bisher von der herrschenden Meinung angenommene, hat Simon vergeblich zu erweisen versucht. Sein Satz: „für solche Verwaltungshandlungen, die Gesetz oder Statut der Generalversammlung nicht vorbehält, ist diese nicht zuständig“, wird, meine ich, kaum Anklang finden. Von ihm aus wäre § 253 Abs. 2 des HGB. ganz überflüssig, denn dafs in den Fällen, wo Gesetz oder Statut der G.-V. eine Verwaltungshandlung vorbehält, die G.-V. zu berufen ist, ist ganz

selbstverständlich.

1) Vgl. Staub, Kommentar zum Gesetz, betr. die Ges. m. b. H. § 49.

Der einzige Einwand, dem ich eine gewisse Berechtigung zugestehe, ist der, dafs die von den Gutachtern vertretene Formulierung unter Umständen den Vorstand ungebührlich hemmen kann. Allein ich meine, einerseits hilft hier BGB. § 665 aus. Andererseits gilt die Formulierung nur, soweit das Statut nicht ein anderes bestimmt. Die grofsen Aktiengesellschaften, deren Tätigkeit nach der Meinung der Gegner durch die Formulierung der Gutachter gehemmt wird, haben, soweit ich es beurteilen kann, in ihren Statuten Fürsorge getroffen, dass der Vorstand nicht zu häufig die G.-V. zu berufen braucht. Meist ist dem Vorstand der Aufsichtsrat übergeordnet und ihm an Stelle der G.-V. die Entscheidung über wichtige Angelegenheiten überwiesen. Hier, wie vielfach sonst, ist das objektive Recht nur Lückenbüsser für Fälle, in denen die Privatdisposition nicht ausreicht und die Autonomie der Aktiengesellschaft mag in dem einzelnen Fall sich selbst durch Statutenänderung helfen. Dafs aber die Formulierung der Gutachter auch sehr wohl dem Leben entsprechen kann, beweist ein Blick auf die sog. Familiengründungen, wo die G.-V. meist aus wenigen Hauptaktionären bestehen. wird oder auf die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wo die Zahl der Mitglieder regelmässig eine kleine und die Teilnahme an der Verwaltung seitens der Mitgliederversammlung eine intensive sein wird. Man hüte sich, bei der Fülle der Erscheinungen nur auf gewisse Fälle die Betrachtung zu beschränken. Ich vermag demnach mich von der Richtigkeit der Simonschen Deduktionen nicht zu überzeugen, ebenso wenig aber von meiner Formulierung, die sich mit der Staubschen deckt, abzugehen.

Der 27. Deutsche Juristentag in Innsbruck.

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Von Justizrat Hermann Stern I, Berlin.

Der 27. Deutsche Juristentag, der vom 9. bis 13. Sept. in Innsbruck tagte, hat die Epoche aufsteigender Entwickelung, die sein Vorgänger, der Berliner Juristentag, einleitete, in glücklichster Weise fortgesetzt. Kann sich die Zahl seiner Teilnehmer auch nicht mit jener in der deutschen Reichshauptstadt messen, so war sie doch grofs genug, um einen volltönenden Resonanzboden herzustellen. 626 Teilnehmer waren gemeldet, darunter 389 aus Oesterreich-Ungarn und 235 aus Deutschland. Innsbruck rechtfertigte mit dem stattlichen Kontingent von 185 Personen den Ruf einer eminenten Juristenstadt, als welche sie mehrfach gefeiert wurde. Als solche bewährte sie sich auch durch die literarische Gabe, welche der Ortsausschufs dem Juristentage darbrachte. Mit rührender Sorgfalt widmeten sich die Innsbrucker Freunde der Erfüllung ihrer gastgeberischen Obliegenheiten. Schönere und eindrucksvollere Feste und Ausflüge als in Innsbruck hat darüber gab es nur eine Stimme der Juristentag noch nie gefeiert. Von ihrem leuchtenden Hintergrunde hob sich die wissenschaftliche Arbeit

wirkungsvoll ab. Selten hat der Juristentag eine solche Fülle bedeutsamer Beratungsgegenstände aut seiner Tagesordnung gesehen. Zwar fielen von den ursprünglich geplanten Themen zwei aus (die Aenderung der Formvorschrift des § 313 BGB. und der weitere gesetzliche Ausbau des Arbeitsvertrages). Indessen bot das, was übrig blieb, immer noch des Interessanten genug; und der Juristentag hat, sowohl was die Gründlichkeit seiner Verhandlungen wie den Wert der gewonnenen Ergebnisse angeht, sich auf gewohnter Höhe gezeigt. Ueberaus glänzend bewährte sich wieder die hohe repräsentative Begabung des Vorsitzenden, Geh. Rats Prof. Dr. Brunner. Am Begrüfsungsmorgen entfesselten seine Worte immer von neuem Stürme des Beifalls, namentlich, von Geburt Oesterreicher, aber, wie er sagte, durch longi temporis praescriptio Preufse auf das unzerstörbare geistige Band hinwies, das auf Grund der gemeinsamen Sprache, Geschichte und Kulturentwickelung die Deutschen des Reiches und Oesterreichs umschlingt.

wenn er

Von den behandelten Fragen hat nur eine keine abschliefsende Beantwortung gefunden. Es war dies die Frage: Wie weit ist bei Versicherungsverträgen die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Verwirkungsklausel durch zwingende Rechtssätze zugunsten des Versicherten einzuschränken? Die Beschlüsse wurden vor dem Plenum mit dem Erfolge angefochten, dafs der Gegenstand nochmals dem nächsten Juristentage überwiesen wurde. Der zweite Gegenstand wurde durch einen überwiegend gebilligten Beschlufs erledigt. Er betrifft die Frage, wie weit sich Recht und Pflicht des Aufsichtsrates und Vorstandes einer Aktiengesellschaft zur Einberufung einer Generalversammlung erstrecken. Die Abteilung erteilte darauf die Antwort, es sei Sache in erster Reihe des Vorstandes, in zweiter des Aufsichtsrates, nach pflichtmäfsigem Ermessen im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes je nach Lage des Einzelfalles und unter Berücksichtigung aller Interessen der Gesellschaft zu entscheiden, ob die Einberufung einer Generalversammlung im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist. Gegenüber der vom Reichsgericht vertretenen Auffassung, wonach Vorstand und Aufsichtsrat bei Meidung eigener Vertretung verpflichtet sein sollen, sich ein für alle Mal vor Einlassung auf wichtige, kostspielige, riskante und deshalb das Interesse der Aktionäre in besonderem Mafse berührende Unternehmungen der Einwilligung der Generalversammlung zu versichern, enthält der Beschlufs des Juristentages sicher eine wertvolle Korrektur, wenngleich mit Recht geltend gemacht wurde, dafs er der gestellten Aufgabe nicht voll gerecht werde, indem er die Grenzlinien für Recht und Pflicht zur Berufung der Generalversammlung nicht selber ziehe, sondern den Vorstand und Aufsichtsrat lediglich auf die Pflicht sorgfältiger Prüfung bei ihrer Aufsuchung verweise.

Die Abteilung für Privatrecht beschäftigte sich mit dem Thema des Rechts am eigenen Bilde.

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Nach dem Vorschlage des Referenten (JR. Wildhagen) lehnte die Abteilung es ab, das Recht am eigenen Bilde als ein absolutes Verbotsrecht anzuerkennen, und beschränkte sich darauf, die Einführung eines möglichst umfassenden Rechtsschutzes gegen missbräuchliche Verfügungen über das Bildnis eines anderen zu empfehlen. Als mifsbräuchliche Verfügungen bezeichnet der Beschlufs insbesondere die Fälle, in denen schutzwürdige Interessen, namentlich die dem Abgebildeten geschuldete Achtung, verletzt oder Tatsachen der Oeffentlichkeit preisgegeben werden, deren Veröffentlichung nach den herrschenden Anschauungen allein den Beteiligten zusteht. Man kann zweifeln, ob nicht innerhalb der verhältnismäfsig engen Grenzen, die der Beschlufs zieht, die bestehenden Gesetze zur Herstellung des notwendigen Rechtsschutzes ausreichen. Sicherlich werden schon jetzt die meisten Rechtsverletzungen mit der Beleidigungsklage wirksam verfolgt werden können. Freilich war (u. a. von Prof. Rietschel) ein das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten stärker betonender Rechtsschutz gefordert worden. Ueber die zweite Frage, ob es sich empfiehlt, reichsrechtlich oder landesrechtlich dem Staate ein Vorrecht an Altertumsfunden zu gewähren, einigte man sich zu einem von dem Referenten, Geh. Rat Prof. Enneccerus vorgeschlagenen Beschlusse, der eine reichsgesetzliche Ordnung der Frage dahin empfiehlt, dafs der Staat gegenüber dem Finder und dessen Rechtsnachfolgern ein Recht zum Erwerb der Funde gegen angemessene Vergütung erhalten soll. Die Besprechung des dritten Themas: Worin besteht der Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines gegenseitigen Vertrages? gestaltete sich in hohem Masse anziehend durch ein meisterhaftes Referat des Geh. Hofrats Prof. Dr. Strohal. Er gelangte zu einer Reihe von interessanten Ergebnissen, namentlich bei der Betrachtung derjenigen Fälle, in denen der Vertrag auf den Austausch von Leistungen gerichtet ist, die nicht lediglich Geldleistungen sind. In der Formulierung des Beschlusses bewies er andererseits die Meisterschaft der Beschränkung. Mit dem vorsichtigen Vorbehalte, der endgültigen Beantwortung der Frage durch Wissenschaft und Praxis nicht vorgreifen zu wollen, gab er einen knappen Umrifs seiner reichhaltigen Darlegung in folgenden Sätzen:

1. Geht die dem Schadensersatzberechtigten obliegende Leistung auf Geld, so kann er als Schadensersatz grundsätzlich denjenigen Geldbetrag begehren, welcher sich nach Anrechnung seiner Leistung als Ueberschufs ergibt. Unterlässt der Schadensersatzberechtigte diese Anrechnung, so kann, soweit es der Billigkeit entspricht, der Schadensersatzverpflichtete auf ihrer Vornahme bestehen. Die Voraussetzungen der Aufrechnung brauchen hierbei nicht gegeben zu sein.

2. Besteht die dem Schadensersatzberechtigten obliegende Leistung nicht in einer Geldleistung, so kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Einbehaltung und den Umständen entsprechender Anrechnung seiner Leistung dann verlangen, wenn ihm die Bewirkung dieser Leistung billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann.

Die Versammlung trat diesen Thesen bei unter Annahme eines vom OLGPräs. Hamm vorge

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schlagenen Zusatzes, dafs der Fall der No. 2 regelmässig gegeben sein werde bei Handelskäufen über Waren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, auch wenn es sich nicht um Fixgeschäfte handle.

Eine Debatte im grofsen Stile entwickelte sich bei Beratung der Frage, die schon den Berliner Juristentag beschäftigt hat: Welche Mafsnahmen empfehlen sich für die rechtliche Behandlung der Ringe und Kartelle? In fast gleicher Stärke standen sich damals Freund und Feind gegenüber, und die Beratung führte zu keiner Entscheidung. In Innsbruck stand sie unter glücklicherem Zeichen. Der geniale Verfasser der österreichischen ZPO., Exz. Klein, fafste mit machtvoller Beredsamkeit seine Argumente zusammen. Seine Darlegungen bewegten sich keineswegs in einer den Kartellen. schlechthin feindlichen Richtung. Vielmehr erkannte er ihre in mehrfacher Beziehung wirtschaftlich notwendige und heilsame Funktion an und forderte die ihnen in Oesterreich noch versagte gesetzliche Anerkennung ihres rechtlichen Bestandes, indem er die Ueberzeugung aussprach, dafs auch im Bereiche der Kartelle Normen und Geist des herrschenden Privatrechts uneingeschränkt zur Herrschaft kommen, und jedermann hier den vollen und gleichen Schutz seiner Interessen und seiner Persönlichkeit geniefsen müsse wie im übrigen Rechtsverkehr. Insoweit fanden seine Leitsätze ungeteilten Beifall selbst bei denen, die an sich jedes gesetzgeberische Eingreifen in die Verhältnisse der Kartelle verwarfen. Lebhafter Widerspruch erhob sich nur gegen den Satz, in welchem nach dem Vorschlage des Referenten ausgesprochen ausgesprochen wurde, der Juristentag halte staatliches Eingreifen gegen etwa übertriebene, wirtschaftlich unberechtigte Preissteigerungen für empfehlenswert und die Gewährung der gleichen Rechtsfähigkeit der Arbeiterorganisationen sowie der gleichen Koalitionsfreiheit, welche die Unternehmer geniefsen, an die Arbeitnehmer für unerlässlich. Die Einwendungen der Gegner richteten sich vorzugsweise dagegen, dafs die ganze Frage als dem öffentlichen Rechte angehörig nicht der Zuständigkeit des Juristentages unterliege, dafs die mafsgeblichen Tatsachen noch nicht genügend geklärt seien, und es wertlos erscheine, von der Notwendigkeit staatlichen Eingreifens zu sprechen, ohne gleichzeitig die einzelnen zu empfehlenden Mafsnahmen näher zu bezeichnen. Die überwiegende Mehrheit der Abteilung gestand jedoch diesen formalen Erwägungen eine entscheidende Bedeutung nicht zu und erhob die vorgeschlagenen Leitsätze mit geringen Aenderungen zum Beschlusse. Die kleine, aber rührige Gruppe der unbedingten Kartellfreunde stellte trotzdem in der zweiten Plenarversammlung den Antrag, die Debatte vor dem Plenum wieder zu eröffnen. Der Antrag wurde indessen mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Der Vorgang bildete vermöge der leidenschaftlichen Erregtheit der Versammlung den dramatischen Höhepunkt des Juristentages.

Vor der gleichen Abteilung behandelte Advokat

v. Grabmeyer (Meran) in einem vollendeten Referat die Frage: Empfiehlt es sich, gesetzliche Vorschriften zwecks Befreiung des Grund und Bodens von darauf haftenden Lasten und Schulden zu treffen und eine Verschuldungsgrenze festzustellen? Redner bezeichnet eine im öffentlichen Interesse durchzuführende Bodenentschuldungsaktion als dringende Aufgabe staatlicher Wohlfahrtspflege. Ihr Ziel erblickt er in der Befreiung der landwirtschaftlichen Besitzungen von allen jenseits der Beleihungsgrenze solider Kreditinstitute stehenden Hypotheken (Nachhypotheken). Als Mittel empfiehlt er die Umwandlung aller landwirtschaftlichen Hypotheken in unkündbare Annuitätsschulden (Tilgungsrenten). Ausnahmen hiervon will er nur beschränkt für Erbfälle zulassen. Unter günstigen Voraussetzungen will er landesgesetzlich angeordnet wissen, dafs neue landwirtschaftliche Hypotheken nur in Form unkündbarer Annuitätsschulden entstehen dürfen. Diese Vorschläge wurden mit grofser Mehrheit angenommen.

In der Abteilung für Strafrecht wurde die Frage, ob die Strafbarkeit der fahrlässigen falschen eidlichen Aussage im deutschen Rechte beibehalten, in das österreichische Recht eingeführt werden solle, verneinend beantwortet. Der Referent, Oberreichsanwalt Dr. Olshausen, hatte überzeugend nachgewiesen, dafs der Reat des fahrlässigen Falscheides schon im begrifflichen Zuschnitt mifsraten und in seiner praktischen Anwendung die Ursache zahlreicher strafgerichtlicher Fehlsprüche sei. Sodann brachte die Abteilung zwei Gegenstände zur Verabschiedung, die vom Standpunkte des allgemeinen Menschheitsinteresses als die bedeutungsvollsten Vorlagen des 27. Juristentages bezeichnet werden müssen: die strafrechtliche Behandlung der geistig minderwertigen Personen und die strafrechtliche Behandlung der jugendlichen Personen. Hier reichten sich juristische und medizinische Sachverständige zu gemeinsamem Werke die Hand, und so eindringlich forderte dies Beispiel zur Nacheiferung auf, dafs fast alle Beschlüsse der Abteilung über die beiden Themen nahezu einstimmig gefafst wurden. Das hocherfreuliche Ergebnis, das in der zweiten Plenarversammlung mit grofsem Beifall begrüfst wurde, verdankt der Juristentag vorzugsweise den ausgezeichneten Gutachten des Geh. Justizrats Prof. Dr. Kahl, des Medizinalrats Dr. Leppmann, des Prof. Dr. Grofs und des Gefängnisdirektors Klein. Als Referenten fungierten über die Minderwerten die Professoren Dr. Kleinfeller, Dr. Kramer, Dr. Kraepelin, über die Jugendlichen Geh. Ober-Reg.-Rat Krohne und Prof. Dr. Puppe. Die Grundzüge der Beschlüsse lassen sich wie folgt skizzieren:

A. Betr. die geistig Minderwerten: Der Begrift der geminderten Zurechnungsfähigkeit wird im Gegensatz zu der bisherigen strafrechtlichen Theorie anerkannt und als Voraussetzung geminderter Strafbarkeit behandelt. Der Strafvollzug ist nach Zeit, Art und Ort dem Zustande der Minderwertigkeit tunlichst anzupassen. Bei jugendlichen Minderwerten ist dem Erziehungszweck in erster Reihe

Rechnung zu tragen. Geistig Minderwerte, die gemeingefährlich sind, müssen auch nach beendetem Strafvollzuge in geeigneten Anstalten verwahrt werden, ihre Entlassung kann nur bedingt und widerruflich erfolgen. Geistig Minderwerte, die nicht gemeingefährlich sind, bleiben nach Vollzug der Strafe unter staatlicher Gesundbeitsaufsicht, deren Dauer durch Urteil bestimmt wird. Die Unterbringung in einer Familie oder die Bestellung eines besonderen Pflegers sind zulässig. Die Notwendigkeit solcher Sicherungsmafsregeln ist durch ein besonderes Verfahren festzustellen, das grundsätzlich vom Entmündigungsverfahren getrennt zu halten ist.

zum

B. Hinsichtlich der Jugendlichen. Die Strafmündigkeit ist bis vollendeten 14. Lebensjahre hinaufzurücken. Das Kriterium der für die Erkenntnis der Strafbarkeit erforderlichen Einsicht wird beseitigt. Die Jugend soll fernerhin kein Milderungsgrund für die Abmessung der Dauer der Strafe sein. Das Anwendungsgebiet des Verweises und der Geldstrafe ist zu erweitern. Anstatt und neben der Strafe kann Zwangs- und Fürsorge-Erziehung angeordnet werden. Die Haftung der Gewalthaber der Jugendlichen für die Schadensfolgen ist zu verstärken. Hinsichtlich des Strafprozesses und Strafvollzuges wird vorgeschlagen, die Anklagepflicht der Staatsanwaltschaft gegenüber Jugendlichen zu beschränken, an die Stelle der Anklage kann Anzeige beim Vormundschaftsrichter behufs Anordnung geeigneter Mafsnahmen treten. Taugliche Auskunftspersonen, insbesondere auch entsprechend vorgebildete Aerzte sind behufs Prüfung der Zurechnungsfähigkeit zuzuziehen. Die Oeffentlichkeit des Verfahrens gegen Jugendliche ist zu beschränken, nur Gewalthaber, Seelsorger, Lehrer, Dienst- und Lehrherren und ähnliche in persönlicher Beziehung zum Jugendlichen stehende Personen sind zuzulassen.

Die Untersuchungshaft ist derart zu ordnen, dass der Jugendliche in der Regel allein, niemals aber zusammen mit Erwachsenen verwahrt wird. Der gleiche Grundsatz soll auch den Vollzug der Freiheitsstrafen beherrschen, der in besonderen, nur für Jugendliche bestimmten Anstalten erfolgen soll; dabei soll die geistige, sittliche und körperliche Erziehung des Jugendlichen neben dem Ernst der Strafe zur vollen Geltung gelangen. Strafaufschub und vorläufige Entlassung sollen zur ausgedehntesten Anwendung kommen, die Fürsorge für die aus der Strafanstalt vorläufig oder endgültig entlassenen Jugendlichen ist staatlich zu organisieren. Die Bestrafung des Jugendlichen ist in den Strafregistern zu löschen, wenn er sich innerhalb angemessener Frist tadellos verhalten hat.

Die Resolution betreffend die Jugendlichen schliefst mit dem Satze: „Damit soll nicht ausgeschlossen sein, dafs ähnliche Mafsregeln auch für Erwachsene ergriffen werden." Mit diesen Worten eröffnet der Juristentag den Ausblick auf eine künftige grundlegende Umgestaltung der Strafrechtspflege, die auch in der Debatte mehrfach als das Ziel der Hoffnungen vieler Berufenen angedeutet wurde. Geschah dies auch meist nur schüchtern, so fühlte man doch den Flügelschlag einer neuen Zeit und eines freien wissenschaftlichen Geistes, des alten Hausgeistes des deutschen Juristentages.

Das neue preufsische Wildschongesetz. Von Landgerichtsrat Dr. Delius, Berlin. Die Schonzeiten des Wildschongesetzes vom 26. Februar 1870 erschienen schon lange abänderungsbedürftig. Von einer Novelle hat man Abstand genommen, vielmehr das ganze Gesetz mit Rücksicht auf andere ihm anhaftende, baldiger Abstellung bedürfende Mängel einer vollständigen Umarbeitung

unterzogen. Dasselbe ist schon jetzt erlassen, weil die längst ersehnte Neuregelung des gesamten Jagdrechts in einer einheitlichen Jagdordnung für ganz Preufsen noch nicht spruchreif erscheint.

Das Gesetz, datiert vom 14. Juli 1904 (GS. S. 159), gilt in der ganzen Monarchie und auch in Helgoland, mit Ausnahme der Hohenzollernschen Lande, in denen das Jagdrecht kürzlich durch die Jagdordnung vom 10. März 1902 neu geregelt ist. Das Gesetz bringt in § 1 einen gewaltigen Fortschritt, indem es für ganz Preussen feststellt, welche Tiere jagdbar sind und welche nicht. Damit ist die frühere Buntscheckigkeit beseitigt. Die vom ALR. subsidiär aufgestellte Regel, dafs die zur Speise zu gebrauchenden Tiere jagdbar sind, ist aufgegeben. Mafsgebend war die Frage, ob Fleisch, Gehörn, Balg oder Eier benutzt werden. Die jagdbaren Tiere werden einzeln aufgezählt, nur die Sumpf- und Wasservögel werden allgemein mit bestimmt namhaft gemachten Ausnahmen für jagdbar erklärt. Schwierigkeiten wird diese Fassung nicht bieten, da leicht festzustellen ist, was zu den Sumpf- oder Wasservögeln gehört. Hervorzuheben. ist, dafs Biber, Ottern, Füchse, wilde Katzen, Edelmarder, wilde Tauben, Brachvögel, Wachtelkönige, Kraniche, Adler jetzt jagdbar sind, dagegen Störche, Taucher, Säger, Kormorane, Blefshühner und graue Reiher nicht.

Die Schonzeit fast sämtlicher Tiere ist verlängert, nur der Dachs ist schlechter weggekommen, ebenso das Rehkalb, welches früher überhaupt nicht, jetzt aber im November und Dezember geschossen werden darf. Sehr zweckmäfsig ist, dafs der Bezirksausschufs in gröfserem Umfange durch § 3 ermächtigt ist, die Schonzeit bestimmter Tiere abzuändern, zu verlängern und aufzuheben. Allgemein verboten ist jetzt das Aufstellen von Schlingen, in dem sich jagdbare Tiere oder wilde Kaninchen fangen können (§ 4). Wilde Kaninchen sind nunmehr auch in Hannover und dem vorm. Kurfürstentum Hessen Gegenstand des freien Tierfangs. Nur der Kramtsvogelfang in hochhängenden Dohnen ist erlaubt. Kiebitz- und Möweneier dürfen wie bisher nur bis zum 30. April gesammelt werden, jedoch kann der Bezirksausschufs diesen Termin bei den Kiebitzen bis zum 10. April zurückverlegen und für Möweneier bis zum 15. Juni verlängern (§ 5). Wer Kiebitz- oder Möweneier sammeln will, bedarf zwar keines Jagdscheins, mufs sich aber in Begleitung des Jagdberechtigten befinden oder dessen schriftlich erteilte Erlaubnis bei sich führen. Ausnehmen der Eier von jagdbarem Federwild ist dem Jagdberechtigten nur gestattet, wenn sie ausgebrütet werden sollen. Zum Ausnehmen von Eiern, welche zu wissenschaftlichen oder Lehrzwecken benutzt werden sollen, bedarf es der Genehmigung des Landrats.

Bisher war vom Beginn des fünfzehnten Tages der Schonzeit ab bis zu deren Ablauf nur das Anbieten zum Kauf und die Verkaufsvermittelung von Wild verboten; jetzt ist allgemein der Versand, der Verkauf und auch der Ankauf unter Strafe gestellt

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I. De mets Puzit betit e Kapitalserbibung. Soweit ich sehe, wird durch den hierand berigütben Generalversamningsbeschluss vom 2. Ang, weder Gesetz noch State verlet Wean Se Tagesordnung für den 27. Arg. nach den auf die Verstaatiotung berighishen Nr. 1 and 2 fortfort: Auf die Tagesordnung sind so dann die Punkte der aufgebobeses Versamning gesetzt worden, sämlich Beschloffassung & Boer Erbibung des Aktienkapitals...*, s. zeg der Ausdruck,gesetzt", dais mit dem Worte,sodann bis eine zeitliche Folge, nicht angedemet sein will das über diesen Packt for verhandelt werden sole, sofern über die Verstaatlichungsablehnung ein gültiger (1 h. nicht sofort mit Widerspruch zu Protokoll angefochtener) Beschicis zustande komme. Ferner kann nicht behauptet werden das durch den Beschlafs der Kapitalserbibung = 6,5 V Mark die Annahme der Verstaatlichung in einer späteren Versammlung rechtlich unmöglich gemacht wurde. Gewifs entfällt durch diesen Beschlis die Voraussetzung der Oferte, dafs das Aktienkapital nur 53,5 Mil Mark betrage. Allein hiermit ist für die Annahme der Cene par eine tatsächliche, keine rechtliche Voraussetzung geändert. Dann ist sich keineswegs davon redes, dafs die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat und die Vertreter voc Bleichröder und Berliner Handelsgesellschaft von der Teilnahme an der Abstimmung über die Modalitäten der Aktien1. Schizfsnoten: Use gestaches Lombard

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