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wegen Sklavenhandels wird das Schiff als gute Prise des aufbringenden Kreuzers erklärt.

Zu Unrecht angehaltene Schiffe haben Anspruch auf Schadenersatz. Ersaßpflichtig ist die Regierung des aufbringenden Kreuzers.

Kapitel IV sezt eine Reihe von Ausnahme= bestimmungen für Staaten fest, in denen das Bestehen der Haussklaverei gestattet ist.

Dieselben übernehmen, soweit sie an dem Vertrage beteiligt find, die Verpflichtung, die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von afrikanischen Sklaven und den Handel mit solchen nach Möglichkeit zu verhindern. Zu diesem Zwecke sollen besondere Überwachungsmaßregeln für diejenigen Orte und Straßen getroffen werden, die in erster Linie als Sklavenhandelspläße und Wege für Sklaventransporte dienen.

Kapitel V betrifft die Errichtung des als Verwaltungsorgan dienenden internationalen Bureaus in Zanzibar und des Spezialbureaus in Brüssel. S. auch § 17, VI.

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Dem ersteren liegt die Aufgabe ob, die Sammelstelle aller zur Förderung der Unterdrückung des Sklavenhandels in der besagten Meereszone geeigneten Urkunden und Auskünfte zu bilden".

Das Bureau in Brüssel besorgt den Austausch der Urkunden und Auskünfte unter den Signatarmächten, welche betreffen

1. den Wortlaut der in Anwendung der Bestimmungen der gegenwärtigen Generalakte bestehenden oder er= lassenen Gesetze und Verwaltungsverordnungen, 2. die statistischen Nachweise, welche sich auf den Sklavenhandel, die angehaltenen und befreiten Sklaven, sowie den Waffen, Munitions- und Spirituosenhandel beziehen. Daneben ist noch die Einrichtung von Bureaus für Befreiungsangelegenheiten“ seitens der Signatarmächte in

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220 Biertes Buch. Der Inhalt der völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse.

den Häfen innerhalb des Seepolizeibezirks und an Orten, wo Sklavenfang betrieben wird, oder welche Durchgangsoder Ankunftspläge von afrikanischen Sklaven sind, vorgesehen.

Kapitel VI handelt von dem schon besprochenen Verbote des Handels mit Spirituosen in bestimmten Teilen Afrikas, vergl. § 32, III., 5.

Kapitel VII enthält eine Reihe von Schlußbestimmungen.

Der gleichfalls in dieses Gebiet gehörige Handel mit ausländischen Arbeitern (chinesischen Kulis und polynesischen Kontraktarbeitern, sogen. Kanaken), auch als Labor trade bezeichnet, hat zu internationalem Vorgehen nicht geführt, sondern ist durch die Gesetzgebung der einzelnen beteiligten Staaten beseitigt, bezw. in zulässige Bahnen gelenkt worden 1).

1) Vergleiche v. Liszt 271f., Gareis 159.

Fünftes Buch.

Die Staatenstreitigkeiten und deren friedliche

Erledigung.

§ 34. Vergleich und Verzicht; gute Dienste, Mediation, Untersuchungskommissionen 1).

Das Nebeneinanderbestehen verschiedener Staaten auf der Erde, die alle ihre wenn auch in vieler Beziehung nach dem= selben Endziele gerichteten, so doch durch die Entwickelungsgeschichte, nationale Eigentümlichkeiten u. a. m. in bestimmter besonderer Weise hervortretenden Interessen verfolgen, bringt es mit sich, daß ebenso, wie innerhalb des einzelnen Staates zwischen den einzelnen Staatsangehörigen, so auch zwischen den Staaten, deren Interessen in einem oder dem andern Punkte kollidieren, Streitigkeiten nicht vermieden werden können. Was im einzelnen den Anlaß zu derartigen Vorkommnissen bietet, hat das Völkerrecht nicht zu untersuchen; es kann sich hier vielmehr nur darum handeln, festzustellen, in welcher Weise die Staatenpraxis den Austrag solcher Streitigkeiten ermöglicht. Wesentlich für die juristische Behandlung dieser Fälle ist der Umstand, daß es, im Gegensaße zu Streitigkeiten zwischen Staatsangehörigen, für welche der Staat Richter ist, keine Instanz gibt, die über den Staaten stehend, in Streitigkeiten zwischen solchen Richter sein könnte. Über dem souveränen Staate steht auch in solchen Fällen nichts; dem widerspricht auch die Tatsache nicht, daß namentlich in neuerer Zeit Streitigkeiten zwischen Staaten mehrfach durch Schiedsspruch erledigt worden sind. Denn auch

1) v. Liszt § 38, Gareis § 77, Rivier §§ 56, 58, Ullmann §§ 131-133.

die Unterwerfung unter ein Schiedsgericht ist lediglich Beschränkung der Souveränität des betreffenden Staates, erfolgt somit ausschließlich von innen heraus, nicht durch Zwang einer höheren Instanz, der undenkbar und juristisch unmöglich ist; fie gilt daher in der Regel nur für den einzelnen Fall. Die scharfe Betonung des Saßes, daß auch im Streite mit andern Staaten der einzelne Staat im vollen Umfange souverän und nur sich selbst verantwortlich ist, wird besonders für die juristische Konstruktion des Kriegsrechtes von Bedeutung.

Für die Beilegung von Konflikten zwischen Staaten, gleichgültig aus welcher Ursache dieselben entstanden sein mögen, kennt das Völkerrecht zwei Wege:

1. die friedliche Erledigung im Wege des Vergleiches oder Verzichtes, sei es infolge einer Einigung der streitenden Staaten selbst oder durch Vermittelung dritter Staaten, und die Erledigung durch Schiedsgerichte;

2. den Austrag durch Waffengewalt im Kriege.

Eine Zwischenstufe zwischen beiden Arten des Verfahrens, jedoch als friedliches Verfahren noch der ersteren Art zuzurechnen, bildet die Anwendung gewisser völkerrechtlich erlaubter Zwangsmaßregeln, wie Retorsion und Repressalien, zur Erzwingung eines Anspruches.

I. Vergleich und Verzicht. Der Vergleich sowohl als der Verzicht unterscheiden sich von der schiedsgerichtlichen Erledigung völkerrechtlicher Streitigkeiten zunächst dadurch, daß sie ihrer rechtlichen Grundlage nach ausschließlich von den beteiligten Staaten ausgehen, von denen im Vergleiche beide Teile ihre kollidierenden Ansprüche so weit zurücknehmen, daß der Konflikt wegfällt, während im Verzicht der eine Teil den von ihm erhobenen Anspruch, bezw. der andere den Gegenanspruch vollständig fallen läßt.

Für die juristische Gültigkeit des Vergleiches und Verzichtes ist die Frage, was den einzelnen Staat zu dem von ihm eingeschlagenen Wege veranlaßt hat, gleichgültig; ob

Vergleich oder Verzicht lediglich der Initiative des betreffenden Staates entsprungen sind, oder ob zulässige Einwirkungen dritter Staaten hierbei eine Rolle gespielt haben, ändert an der Rechtsnatur dieser Institute nichts.

II. Gute Dienste, Mediation, Untersuchungskommissionen. Von dem Gedanken ausgehend, daß vielfach eine Verständigung zwischen streitenden Staaten durch eine sachgemäße Vermittelung eines dritten Staates herbeigeführt werden kann, hat nunmehr die Haager Konferenz die Art und Weise der völkerrechtlich zulässigen Einwirkung auf die im Streite begriffenen Staaten, wie sie von Theorie und Praxis des Völkerrechts festgestellt worden sind, in der Konvention zur friedlichen Regelung internationaler Streitigkeiten (Convention pour le règlement pacifique des conflits internationaux) in einen festen Rahmen gebracht.

Daß diesen Hilfsmitteln zur Erledigung völkerrechtlicher Streitigkeiten von der Praxis ein nicht unerheblicher Wert beigelegt wird, geht daraus hervor, daß Bestimmungen dieser Art äußerst zahlreich in Staatsverträgen Aufnahme gefunden haben; erwähnt seien hier nur der Pariser Frieden von 1856, die Kongoakte 2c. Auch auf Kongressen sind Vermittelungen dieser Art bereits mit Erfolg durchgeführt worden; ein Beispiel hierfür bildet der von Bismarck, dem „ehrlichen Makler“, einberufene Berliner Kongreß von 1878.

Die Schiedsgerichtskonvention unterscheidet gute Dienste (bons offices) und Mediation. Eine dritte Art des friedlichen Eingreifens dritter Staaten bildet die Einsetzung von Untersuchungskommissionen 1).

Aus dem Pariser Friedensvertrage ist die Bestimmung ent= nommen, wonach die Signatarmächte sich bereit erklären, in Fällen schwerer Meinungsverschiedenheit oder eines Streites, bevor sie zu den Waffen greifen, die guten Dienste oder die

1) Zum folgenden vergleiche Ph. Zorn, Im neuen Reich, 376 ff.

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